Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
»Der Papst, der Stellvertreter Christi.«
Die Mutter reichte Plotek die Hand. »Erfreut.«
»Auch.«
Sie erschien Plotek jetzt wie eine andere Person. Nichts Kaltes, Frostiges war mehr an ihr. Sie wirkte wie eine warmherzige, freundliche und äußerst attraktive ältere Dame.
»Ihr hab ich viel zu verdanken.« Beat schleimte sich ein, wie man sich eben bei Queens einschleimt.
»Ach was, Beat.« Joviales Schmunzeln der Alten. »Ich mach das doch gar nicht für dich, sondern für mich.« Sie lachte großspurig. Ein bisschen schimmerte die Böswilligkeit nun doch durch.
»Was denn?«, fragte Plotek. »Was machen Sie denn?«
Die beiden sahen ihn an, als würden sie ihn gleich gemeinsam fertigmachen .
»Frau Wehrli unterstützt mich bei der Organisation des Elvis-Wettbewerbs.«
»Na, na, na. Von Organisation kann keine Rede sein.« Ob sie die mangelhafte Organisation generell meinte oder doch eher die Tatsache, dass sie für sich selbst eigentlich einen ganz anderen Aufgabenbereich vorgesehen hatte, war unklar. »Ich unterstütze dich mit Geld. Mehr nicht.«
»Das ist doch ausreichend viel.« Beat schleimte wieder, als wollte er mehr: Geld!
»Aber nicht genug offenbar.« Strenger Blick der Alten. »Ich meine Geld. Sonst würdest du doch nicht noch mehr wollen, oder?« Reumütiges Lächeln bei Beat.
Dachte ich mir doch, dachte Plotek, daher rührt also sein Besuch. Beat Zuberbühler war auf der Suche nach neuen – beziehungsweise alten – Geldquellen für sein marodes Unternehmen. Damit der Wettbewerb nicht zu Ende sein würde, noch bevor er stattfand.
Er lächelte, wie nur einer lächelt, der weiß, dass er damit nicht nur fesche Kripofeger und Arztgattinnen, sondern auch ältere, sture Damen herumkriegen kann.
»Hast schon recht«, bescheinigte ihm diese Dame nun erstaunlich gütig. »Man muss was wagen.« Sie überlegte, spitzte die Lippen und sagte: »Es gibt genug, die es nicht tun!«
Beat nickte eine Spur zu eifrig, als wüsste er, wovon sie sprach.
»Die muss man dann zum Jagen tragen.« Sie warf einen Blick über die Terrasse in die Klinik, als wäre sie auf der Suche nach ihrem Sohn. Dann wandte sie sich wieder an Beat und fügte hinzu: »Aber immer mit Verstand und Maß, verstehst du?« Dabei hob sie den Zeigefinger, wie überforderte Eltern den Zeigefinger heben, wenn ihre Kinder über die Stränge schlagen. »Und da hast du durchaus Defizite.« Es klang mahnend.
Wieder nickte Beat, als gäbe er ihr in allem recht. Dann sagte er leise, fast verschwörerisch: »Aber die Rendite ist auch nicht schlecht.«
»Stimmt. Doch von nichts gibt es auch keine Rendite.«
Plotek war klar, dass die Unterstützung von der Alten nicht ganz selbstlos war. Das investierte Geld wollte sie mit Gewinn zurück.
»Also, wir wissen beide, der Kartenverkauf muss noch besser werden. Damit das Merchandising-Geschäft auch voll zum Tragen kommen kann, ist das klar?!« Wieder der sprechende Zeigefinger.
»Kein Problem, wenn erst mal die Medien auf den Zug aufgesprungen sind, dann …«
Frau Wehrli ließ ihn nicht aussprechen, sondern preschte mit »Was ist eigentlich mit diesem Ami?« dazwischen.
Beat unterbrach sich sofort und sagte mit verändertem Ton, während er sich ein wenig von Plotek, der noch immer wie bestellt und nicht abgeholt in der Nähe der beiden stand, wegdrehte: »Der hält sich bedeckt. Aber ich glaube, da gibt es keine Schwierigkeiten.«
Was Ploteks Aufmerksamkeit, auch Neugier weckte.
»Glauben, glauben, glauben!« Die Alte erhob energisch die Stimme. »Dafür ist der Papst zuständig!«
»Ich bin sicher , da gibt es keine Schwierigkeiten.« Beat hörte sich jetzt noch unterwürfiger an.
»Schon besser.«
Der weiße Engel schwebte auf die Terrasse. Er beachtete Beat gar nicht. Der wiederum wirkte plötzlich nervöser als zuvor. Selbst wenn Plotek nicht gewusst hätte, dass zwischen den beiden was lief – ihre Reaktionen waren entlarvend genug. Auch die Alte wusste offenbar davon. Sie lächelte wissend und griff nach der Hand von Selina. Ihr Verhältnis zur Schwiegertochter schien auf jeden Fall besser als zum eigenen Sohn.
»Sind Sie etwa schon fertig?«, fragte Selina Plotek, wie man fragt: »Was machen Sie eigentlich hier?«
»Ja«, log Plotek. Ohne rot zu werden.
»Und Shiatsu lassen wir heute ausfallen, was?« Einen leichten Vorwurf konnte sie nicht kaschieren.
»Ja.« Plotek war über sich selbst erstaunt. Wie konnte er sich solch einer Frau widersetzen? Und Überraschung! Selina
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