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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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mitgehen lassen.«
    »Das werde ich prüfen. So lange bleibt er in Haft.«
    »Aber …«
    »Nichts aber!« Da kehrte die reizende Hauptkommissarin jetzt den harten Hund heraus. Sie ließ die beiden stehen, ging zur Tür, kam dann aber noch einmal zurück.
    »Und was ich privat mache, ist meine Sache, klar?«, sagte sie und machte dabei ein ganz böses Gesicht.
    »Klar.«
    Die Hauptkommissarin zog mit einer verdammt schlechten Laune im Gepäck ab. Eigentlich kein Wunder, stieg doch der Druck auf die Ermittler ins Unermessliche. Auch der persönliche. Jetzt war es endgültig vorbei mit dem Dolce Vita. Überstunden waren angesagt und all das, was Vera Frischknecht offenbar so hasste.
    Eigentlich verständlich, dachte Plotek. Vinzi hingegen hatte kein Verständnis.
    »Wäre sie eben Feinmechanikerin geworden«, sagte er. »Oder Zahnärztin.«
    »Wurstfachverkäuferin.«
    »Grundschullehrerin.«
    »Landschaftsarchitektin.«
    »Schauspielerin.«
    »Nein! Bloß nicht«, kam von Plotek. »Bloß nicht Schauspielerin.«
    »Dann eben Journalistin«, sagte Agnes, die hinter den beiden aufgetaucht war. Sie fügte hinzu: »Sind die Herren auch schon wach?«
    Die Herren zuckten kurz zusammen. Plotek dachte an seine nächtliche Ohnmacht und war daraufhin peinlich berührt. Agnes hingegen lächelte, als wäre so eine Ohnmacht nicht der Rede wert. Außerdem roch sie gut. Das war das, was Plotek schon immer an ihr mochte. Der Geruch. Eine Mischung aus Eau de Toilette und Frau. Anziehend, herb und verwegen.
    »So ’ne Scheiße, das mit Klemens, was?« Vinzi setzte offenbar voraus, dass auch Agnes bereits Bescheid wusste. Wusste sie auch. So eine kleine Ortschaft ist wie ein überschaubarer Mikrokosmos. Entweicht an einem Ende ein Furz, stinkt es wenig später am anderen.
    »Ich fürchte, die Hauptkommissarin ist überfordert.« Agnes sagte es und klang dabei so, als ob sie schon eine Lösung für dieses Problem in ihrer Handtasche mit sich trüge. »Wird Zeit, dass ihr ein wenig Arbeit abgenommen wird.«
    Bei Arbeit zuckte Vinzi zusammen. Immer. Arbeit war nicht seine Paradedisziplin, das wusste Plotek. Arbeit konnte Vinzi noch nie gut. Arbeit ist etwas für Menschen, die nichts mit sich anzufangen wissen, war seine Maxime. Oder zugespitzt: Wer arbeitet, lebt nicht. Zumindest nicht so, wie er sich Leben vorstellte. Soll heißen: Das war auch eine Art Dolce Vita. Mit schwäbischem Gras und Weißbier. Mit seinen zwei Stummelbeinen konnte er diesen Lebensentwurf gut verwirklichen. Als Krüppel braucht es keine Entschuldigungen, Rechtfertigungen und Alibis.
    »Wie meinst du das?«, wollte jetzt Plotek, der über die Arbeit nicht viel anders dachte als Vinzi, von Agnes wissen.
    »Dreimal darfst du raten, mein Lieber.«
    Musste er gar nicht. Er wusste es auch so.
    O nein, bitte nicht, dachte Plotek, nicht schon wieder. Ich will keine Morde aufklären, nichts mit Verbrechen und Verbrechern zu tun haben. Nicht hier, heute und jetzt. Ich will fasten, Qigong machen und es mir einfach nur gut gehen lassen. Also: auch nichts mit Arbeit.
    »Vergiss es!«, sagte Agnes, wie man sagt: »Schlafen kannst du, wenn du tot bist!«
    Selbst Vinzi schien, in Bezug auf diese spezielle Arbeit, plötzlich die Seite zu wechseln. Was höchstwahrscheinlich an Agnes lag. Er konnte nicht verbergen, dass er von der Münchner Journalistin beeindruckt war. Ob es der Mensch, die Frau oder doch eher wieder die großen Brüste waren, die ihn für sie einnahmen, war nicht ganz klar.
    »Denk an Klemens«, blies Vinzi ins gleiche Horn. Die beiden schienen sich auf jeden Fall bestens zu verstehen. Gab sich Plotek eben geschlagen.
    »Und was machen wir jetzt?«, wollte er wissen.
    »Nachforschen, ermitteln. Alles, was die Hauptkommissarin offenbar die ganze Zeit über versäumt hat.«
    Bevor die Ermittlung der drei aber so richtig beginnen konnte, kam ihnen Marlies in die Quere. Oder besser: ihre Eifersucht.
    »Ist sie das?« Marlies baute sich vor Ploteks Tisch auf und zeigte mit ihrer zarten Hand auf Agnes, wie man höchstens auf einen Kackhaufen zeigt. Ohne eine Reaktion von Plotek abzuwarten, fügte sie hinzu: »Ja, da kann ich natürlich nicht mithalten.« Es klang ironisch, herablassend, böse.
    »Hat die zu viel gefastet?«, fragte Agnes an Plotek gewandt und ignorierte dabei die vor ihnen stehende Marlies. »Oder war’s das Qigong?«
    Plotek wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Das war eine Situation, in die man nicht gerne hineingeriet. Plotek schon gar nicht.

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