Silver Dragons 03 - Drachen lieben heisser-neu-ok-26.12.11-KM
den Fingern.
Cyrene war empört über seine Geste, aber ich packte sie am
Arm und zerrte sie hinter mir her, entschlossen, höflich und zuvorkommend zu
sein. »Das ist ein absolut großartiges Haus«, sagte ich zu Fiat, als er mir aus
dem Wagen half. Die roten Backsteine schimmerten warm in der Nachmittagssonne,
und die Fenster blitzten.
Fiat warf einen kritischen Blick auf das Haus und zuckte mit
den Schultern. »Ja, es ist erträglich.«
Erträglich? Ich schrie in Gedanken auf, als er dieses
profane Wort auf das Haus anwendete.
»Ich ziehe etwas Moderneres vor, aber die Parkanlage ist
hübsch. Denke bitte daran, dass dein Zwilling meiner Gnade ausgeliefert ist,
wenn du irgendwelche Tricks versuchst.« Ein Lächeln blitzte in seinen Augen
auf, aber es war keineswegs freundlich. »Und Gnade ist eine Eigenschaft, die
ich gar nicht besitze.«
Wir betraten das Haus und gingen durch die Eingangshalle.
Tief atmete ich den Duft nach Möbelpolitur und Zitrone ein. Ich schloss kurz
die Augen, um mich dann umso mehr an dem Anblick des herausragenden Inneren des
Hauses zu erfreuen.
Die Treppe war ein Kunstwerk, mit korinthischen
Anfangssäulen und einem fein gearbeiteten Geländer. Die Wände waren mit dunklem
Holz verkleidet. Wandteppiche hingen daran, manche in leuchtenden Farben, die
meisten jedoch im Laufe der Zeit verblasst. Ich blieb vor einem stehen, der mir
irgendwie bekannt vorkam, und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, als ich
einen Namen erkannte. »Ist das ... ist das nicht William der Eroberer?«
»Ja«, antwortete Fiat.
Ich betrachtete den Wandbehang genauer. Er war durch einen
an die Wand montierten Glaskasten geschützt, damit er nicht in der Sonne
ausbleichte. »Er sieht ein bisschen so aus wie der Teppich von Bayeux.«
»Es ist der Teppich von Bayeux.«
Als ich die Stimme hörte, fuhr ich erschrocken herum. Nicht
Fiat hatte mir geantwortet - neben ihm stand ein Mann mit dunkelbraunen Haaren
und Augen, die wie die Fensterscheiben blitzten. »Hallo, Baltic. Was machst du
denn mit dem Teppich von Bayeux?«
Er trat neben mich. »Es ist nur ein Teil des Teppichs:
Williams Krönung. Ich stelle ihn gerne aus, weil er mich an eine glückliche
Zeit erinnert.«
»Warst du dabei?«, fragte ich.
»Nein, nicht bei der Krönung, aber ich habe den Sterblichen
viele Male bei ihren Schlachten geholfen.«
»Ich war dort. Es war nicht besonders aufregend«, sagte
Cyrene. Sie warf Fiat einen feindseligen Blick zu, den er erwiderte. »London
war damals sehr schmutzig, und die Leute waren sehr grob. Ständig flog
vergammeltes Gemüse durch die Luft. Mir war Paris viel lieber.«
»Warum hast du den Sterblichen bei ihren Schlachten
geholfen?«, fragte ich Baltic. Die Vorstellung, dass sich ein Drache in
menschliche Angelegenheiten einmischte, faszinierte mich.
Er lächelte. »Hast du noch nie mit Schwert und Schild auf
einem feurigen Schlachtross gesessen und tief den Duft von Blut und Gedärmen
eingeatmet, wenn sich die Sterblichen gegenseitig abgeschlachtet haben? Hast du
nie empfunden, wie lustvoll die Schlacht dich im Griff gehalten hat? Hat dein
Herz noch nie so laut geschlagen, dass du die Schreie und das Ächzen der
Verwundeten und Sterbenden nicht mehr hören konntest? Hast du noch nie mit dem
Schwert um dich geschlagen und Arme und Beine abgehackt?«
»Nein«, erwiderte ich. Bei dem Bild, das er mir zeichnete,
stieg Übelkeit in mir auf.
Er zuckte mit den Schultern. »Dann kannst du es auch nicht
verstehen. Fiat, du kannst gehen.«
Da erst fiel bei mir der Groschen. »Das ist dein Haus?« So ein prachtvoller Bau gehörte ihm. Er sollte mir gehören, verlangte
eine kleine Stimme in meinem Kopf.
»Ja.« Er warf mir einen Blick zu. »Ich habe es als Geschenk
für meine Gefährtin bauen lassen.«
»Für Ysolde?« Der Gedanke, dass es Ysoldes Haus war,
besänftigte mich ein bisschen, auch wenn sie möglicherweise genauso
zerstörerisch gewesen war wie Baltic.
Sein Blick glitt zu einer holzvertäfelten Wand, aber ich
bezweifelte, dass er sie wirklich sah. Einen winzigen Moment lang wurde Baltics
Miene weich, und in seinen Augen leuchtete es auf wie in einem Teich, in den
ein Sonnenstrahl dringt. Auch seine Stimme verlor viel von ihrer Härte. Sie
wirkte auf einmal weicher und tiefer. »Das Haus haben wir zusammen entworfen,
aber den Garten hat sie ganz allein geplant. Sie liebte Blumen. Sie sollten das
ganze Jahr über blühen. Ich habe ihr gesagt, das Klima sei hier nicht geeignet
dazu, aber sie war
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