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Silver - Erbe der Nacht (German Edition)

Silver - Erbe der Nacht (German Edition)

Titel: Silver - Erbe der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asia Greenhorn
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Stuhl.
    Sie hatte noch nie etwas Ähnliches gesehen, doch die strenge Feierlichkeit des Saals erinnerte sie an eine Kultstätte.
    Das einzige Element, das ihr eine zeitliche Einordnung erlaubte, war die Bekleidung der Anwesenden. Die schweigenden Vampire waren gekleidet, wie es Anfang des 19. Jahrhunderts üblich war: eng anliegende Hosen und hohe Stiefel, Hemden mit Stehkragen und Gehrock.

Alle trugen außerdem ein farbiges Stoffband über der Brust.
    Winter versuchte, den Kopf zu drehen, um sich umzusehen, doch es gelang ihr nicht. Der Körper wollte ihr nicht gehorchen, und sie brauchte ein paar Augenblicke, um zu verstehen, dass sie sich im Kopf Dougalls befand, in einer seiner Erinnerungen.
    Ich bin in der Loge von Edinburgh. Und ich empfange gleich die Initiation des Ordens . Der Gedanke kam von selbst, als hätte Winter in diesem Augenblick freien Zugang zum Wissen ihres Meisters.
    Wieso dieser Ort? , fragte sie ihn.
    Er antwortete nicht, ließ das Mädchen einfach nur alles durch seine Augen sehen.
    Sie stand auf dem erhöhten Podest, neben rund zehn jungen Vampiren, denen ebenso viele Mitglieder des Ordens die Augenbinde abnahmen.
    Jemand hatte dasselbe soeben mit Dougall getan. Durch seinen Geist spürte Winter noch die Seide auf der Haut.
    Die Gedanken ihres Meisters, der damals nicht älter gewesen sein konnte als sie heute, waren eine vertraute Mischung aus Ungeduld und Unduldsamkeit von Zwängen, doch in seiner jugendlichen Seele erhielten sie einen noch verletzlichen und unruhigen Aspekt.
    Er wusste, dass der Schritt, den er sich zu tun anschickte, sein Leben für immer verändern würde, dass die Privilegien des Ordens ihren Preis fordern würden.
    Unruhig schaute Malcolm Dougall sich um, sein Blick kreuzte für einen Augenblick die grauen Augen eines Jungen zu seiner Linken.
    Er war hochgewachsen und schlank, mit pechschwarzen Haaren, die sein Gesicht überschatteten und den Hals entlang über die Schultern fielen, wo sie von einem schmalen Lederriemen zusammengehalten wurden. Seine Gesichtszüge hatten etwas Zartes und Kindliches, und dennoch reichte Dougall ein Blick, um zu erkennen, dass er selbst nicht annähernd die Emotionen empfand, die der Junge fühlte.
    Er hielt den Kopf erhoben, und in seinem Blick glühte ein stolzes und dankbares silbernes Schimmern.
    Für ihn verwirklicht sich der Traum seines Lebens, erkannte Dougall ein wenig neidisch, für ihn gibt es keine größere Ehre …
    Winter sah den jungen unbekannten Vampir an, betrachtete ihn zum ersten Mal. Er musste ungefähr fünfzehn Jahre alt sein und sein Gesicht war das eines Jungen voller Ideale. Es war Morgan Blackwood!
    Kaum hatte sie ihn erkannt, beschleunigte sich die Reise durch die Zeit, die Bewegungen der Anwesenden verwandelten sich in eine undeutliche Abfolge.
    Einen Moment später betrachtete Winter ihren Vater erneut. Er stand vor Alaric Lochinvar, zweihundert Jahre jünger, aber klar erkennbar.
    »Bist du bereit, dich deinen Pflichten zu unterwerfen und dem Orden zu dienen, den Logen zur Ehre gereichend in jedem Augenblick deines Lebens?«, fragte ihn der Großmeister.
    Dougall und Winter starrten ihn an, voller Erstaunen. Dass Lochinvar persönlich einen Kandidaten auswählte, war ein höchst seltenes Ereignis.
    »Ich bin bereit«, sagte Morgan Blackwood mit leiser, aber fester Stimme. »Mein Leben gehört dem Orden, dem ich immer ein treuer Diener sein werde.«
    Seine Stimme war klar und aufrichtig. Er hatte das Band nicht nur akzeptiert, sondern begehrte es von ganzem Herzen, jede Faser seines Wesens war überzeugt, dass es kein edleres Ziel geben konnte, als das eigene Leben in die Hände des Ordens zu legen.
    Als er an seinen Platz zurückging, trafen sich ihre Blicke von Neuem und Morgan schenkte ihm ein ermutigendes Lächeln.
    In dem Moment dachte Malcolm Dougall, wenn alle so wären wie er, könnte die Welt verändert werden.
    Es war nur ein Traum, aber vielleicht lohnte sich ein Versuch.
    Winter befand sich wieder auf der Wiese neben Dougall, die Fäuste geballt.
    »War das wirklich nötig, Doug? Wieso hast du mir das gezeigt?«
    Der Mann tauchte sehr viel langsamer aus der Vergangenheit auf, wand sich aus den Fäden seiner Erinnerung heraus. Sein Gesichtsausdruck war entrückt, leicht unruhig.
    »Damit du verstehst«, antwortete er dann, während die Emotionen langsam aus seinem Gesicht wichen. »Es wird Zeit, dass du deine Geschichte kennenlernst. Ist es nicht das, was du dir immer gewünscht hast?«
    Winter

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