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Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elea Noir
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am selbigen Tag keiner der Moores und auch niemand von meinen Geschwistern mehr aufkreuzte. Sie ließen mich anscheinend wirklich gewähren, was in meiner gegenwärtigen Situation sehr hilfreich war. Noch mehr Auseinandersetzungen zwischen den Menschen, die ich liebte, und einem Mann, den ich verabscheute, aber zu dem ich notgedrungen stehen musste, konnte ich nicht ertragen. Ich wollte einfach nur diese Hochzeit ohne weitere Zwischenfälle hinter mich bringen.
    Ich hatte befürchtet, dass Magnus bereits am heutigen Abend einen Testlauf starten würde, um meine Willigkeit auf die Probe zu stellen, doch glücklicherweise feierte er in der Kneipe eine Junggesellenabschiedsfeier und vergaß mich dabei völlig, was auch kein Wunder war. Im Brockhaus hätte es nicht voller sein können; das Freibier floss in Strömen und es gab keinen Sitzplatz mehr, die meisten tranken im Stehen. Und ich brauchte noch nicht einmal zu bedienen, sondern konnte unbeachtet oben in der Wohnung bleiben. Das Getöse drang allerdings auch zu mir ins oberste Stockwerk. Ich lag traurig auf dem Bett und hatte nur einen Menschen in meinem Kopf: Yuma! Ob er mir mein Verhalten je verzeihen würde? Dass ich ihn festgekettet und dazu mit einem Maulkorb ganz alleine in dieser Hütte zurückgelassen hatte, schmerzte mich jetzt noch mehr als heute Morgen.
    Eine Träne lief mir seitlich die Wange hinab, als ich sein Bild und diesen entsetzlich enttäuschten Blick von ihm noch einmal vor mir sah. Immer wieder schaute ich zur Uhr; es war inzwischen kurz vor zehn am Abend …
    Nicht mehr lange und Sakima würde sich wieder in Yuma verwandeln. Wie gerne ich doch bei ihm wäre! Die Sehnsucht zerriss mein Herz in unzählige Stücke. Einzig seine Flöte trug ich um meinen Hals. Ich nahm sie ganz fest in meine Hand und schlief irgendwann ein. In dieser Nacht quälten mich wilde Träume. Ich sah Tunkasila, der eine Zeremonie abhielt. Yuma war bei ihm, ebenso wie Kai! Ich sah den Medizinbeutel, sah Rauch aufsteigen, hörte gar die Gesänge von Bob und roch den brennenden Salbei. Ich sah Yuma erneut, wie er sich aufbäumte, des Nachts zu einem Wolf wurde, wieder zu einem Menschen, wieder zu einem Wolf … die Qualen, die er dabei erleiden musste, konnte ich hautnah miterleben, und ich wachte schweißgebadet auf.
    Ich war alleine und lag in Magnus’ Bett. Er war nicht hier, zum Glück! Unten in der Kneipe war alles still. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es erst kurz vor vier war. Von draußen schien der helle Mond durchs Fenster, er strahlte in seiner ganzen Pracht. Es war Vollmond, bemerkte ich gerade; vermutlich hatte ich deswegen so wirr geträumt. Ich legte mich zurück in das weiche Kissen, fand aber keinen Schlaf mehr. Das Licht des Mondes strahlte direkt auf das Brautkleid, das am Kleiderschrank hing. Der Mond beleuchtete mein Schicksal auf abstruse Weise. In nur zehn Stunden würde ich Magnus’ Frau sein.
    Ich schauderte bei der Vorstellung und zog die Bettdecke weiter nach oben, um mich zu wärmen. Wieder dachte ich an Yuma, diesmal unter Tränen, die ganz ungeniert aus meinen Augen kullerten. Ich ließ sie laufen und weinte mich in den Schlaf zurück. Magnus weckte mich gegen elf Uhr. »Wirst du auch noch mal aufstehen, oder willst du die Hochzeit verpennen?«, fragte er lauthals. Ich rieb mir verschlafen die Augen und hätte gerne geantwortet, dass mir Zweiteres lieber wäre, aber ich schwieg.
    »Ich komme gleich, tut mir leid. Ich weiß auch nicht, weshalb ich so müde bin!«, antwortete ich stattdessen.
    »Hast vermutlich vorgeschlafen, weil du weißt, dass du kommende Nacht kein Auge zutun wirst! Ich hab einiges mit dir vor, Bienchen! Also mach dich auf was gefasst!«
    Bei seinen Worten durchbohrte ein unsichtbarer Pfeil mein Inneres. Es stach bestialisch und die Wirkung folgte prompt: Angst!
    Dieses widerwärtige Gefühl von Furcht machte mich klein und hilflos, drängte mich in eine Nische aus Verzweiflung, Herzrasen und Mutlosigkeit. Aber das wollte ich nicht! Ich wollte mich nicht dieser Opferrolle beugen. Ich wollte stark sein, musste stark sein – für Yuma! Schließlich ging es um sein Wohlergehen, um sein Leben. Wenn der Preis für meine Freiheit seinen Tod bedeuten könnte, verzichtete ich lieber auf meine Freiheit!
    Das führte ich mir immer wieder vor Augen, auch noch, als ich mich drei Stunden später im Standesamt einfand. Ich setzte mich auf einen Stuhl, Magnus saß links neben mir. Er war betrunken und stank nach Alkohol.

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