Silver Moon
erstaunt an. Ich nickte zaghaft. »Ja, ich glaube schon. Lass mich bitte nachsehen, was da unten vor sich geht!«
»Ich komme mit dir!«, entgegnete Mia ängstlich und klammerte sich an mich. Gemeinsam schlichen wir die vielen breiten Holzstufen bis nach unten.
Es war eindeutig: Wir hörten Kai, ebenso wie Jacy. In Mias Augen blitzte ein Hauch von Glück auf, als sie die Stimmen der geliebten Menschen wahrnahm. Magnus brüllte etwas Unverständliches, dann gab es einen gewaltigen Knall; es hörte sich an, als ob ein Stuhl zerschellte. Kai schrie … er schrie Brock an. Ich ahnte, worum es ging, und griff beherzt nach der Klinke. Ich wollte nicht, dass die Situation eskalierte, daher holte ich tief Luft und trat entschlossen ein. Sofort wurde es still. Alle sahen mich! Magnus hatte ein Glas Bier in der Hand, das er sogleich wütend gegen die Wand warf. Es zerbrach in tausend Stücke, die Scherben fielen zu Boden und der Bierschaum lief langsam die Wand hinab. Ich sah mich in dem Gastraum um, er war fast leer, nur noch zwei Männer saßen an einem Tisch. Gleich neben dem Tresen bei Brock standen Kai, Jacy und Bob. Ich konnte eine große Erleichterung in ihren Gesichtern erkennen, als sie mich mit Mia sahen. Kai atmete befreit aus und kam sogleich zu uns.
»Lasst uns sofort verschwinden! Ich warne dich, Brock«, sagte er und wandte sich noch einmal an Magnus. »Tauchst du je wieder bei den Moores auf, wagst du es und rührst einen von uns an, dann komme ich und knall dich mit deinen eigenen Waffen ab! Ich schwöre es, ich werd’s tun! Lass meine Familie in Frieden, wir wollen nichts mit dir zu tun haben, und unseren Alten wollen wir auch nie wiedersehen!«, sagte Kai voller Überzeugung. Dann nahm er Mia an die Hand und wollte gerade die Tür öffnen, als ich ihn mit meinen Worten zurückhielt. »Ich werde hierbleiben, Kai! Geht, nehmt Mia mit, aber ich bleibe bei Magnus!«
Kais Gesichtsausdruck kann ich noch heute vor mir sehen. Er glaubte offenbar, nicht richtig zu hören. Auch Jacy und Bob kamen näher, sahen mir tief in die Augen, als suchten sie darin nach einer Erklärung für meine unfassbare Aussage. Magnus wiederum begann zu grinsen. Er lehnte sich entspannt zurück und beobachtete uns schweigend.
»Wie, du bleibst hier? Was meinst du damit, Kira?«, fragte Kai und es klang barsch.
»Ich meine es genau so, wie ich es sagte. Ich bleibe bei Magnus!«
»Scheiße, womit zwingt er dich jetzt wieder? Nino ist in Sicherheit und zu Hause bei Kaya, Mia nehmen wir natürlich mit, mir geht’s wieder gut, schau – die Brandwunde verheilt gut –, Brock hält doch nichts mehr gegen dich in der Hand!«, zählte Kai auf und wurde plötzlich ganz ruhig, ehe er laut zu denken begann.
»Sakima! Er ist nirgends, er ist verschwunden – Brock hat Sakima, stimmt’s?« Jacy und Bob sahen mich erschrocken an, dann wanderten ihre ängstlichen Blicke zu Magnus, der mit den Schultern zuckte. »Eure Töle, das Wolfsvieh – damit habe ich diesmal nichts zu tun!«, sagte er verunsichert und schaute mich an. Niemand glaubte ihm. »Echt, Kira, ich habe das Vieh das letzte Mal gesehen, als ich den Gaul erschossen habe, danach nicht mehr!«, verteidigte er sich. »Ich weiß! Sakima ist in deiner Hütte, Kai! Ihr solltet ihn auf dem Nachhauseweg mitnehmen, er wartet gewiss schon!«
»Du weißt, wo er ist? Aber dann kannst du doch mit uns kommen!« Als ich keine Anstalten machte, stattdessen aber mit dem Kopf schüttelte, wurde Kai immer kleinlauter.
»Aber wieso, warum nur?«, stotterte er irritiert. Ich schüttelte weiterhin den Kopf und stieß Kai sanft zur Tür hinaus.
»Geht jetzt, geht alle! Und vergesst Sakima nicht! Er ist schon seit heute Morgen in der Hütte eingesperrt, er hat bestimmt Hunger und Durst! Kümmert euch um ihn und sagt ihm, dass es mir leidtut, und … dass ich ihn liebe!«
»Aber, Kira, weshalb kommst du nicht mit uns? Womit droht dir Brock? Wie zwingt er dich nur?«, ließ Kai nicht locker und drängte in die Gaststube zurück. »Ich werde weder gezwungen noch bedroht. Ich bleibe aus freien Stücken!«
»Ja, das ist meine Frau, die weiß, wohin sie gehört!«, sagte Magnus voller Stolz und kam näher zu mir. Er grinste übers ganze Ge- sicht und legte siegessicher den Arm um mich. »Übrigens bin ich mal so nett und lade euch alle für morgen zu unserer Hochzeit ein.«
Kai begann zu schnauben wie ein wildes Tier. Seine Nasenflügel weiteten sich, seine Atmung wurde hastiger und seine Hände waren zu
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