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Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elea Noir
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Mitgefühl, was er allerdings zu Hause nie zeigen konnte, um sein verletzbares Innerstes zu schützen. Umso schöner fand ich es, ihn auf dem Fest zu beobachten und zu entdecken, wie er sich ausgiebig mit Anouk unterhielt und fortwährend lächelte.
    Als ich beide so vertraut nebeneinander sitzen sah, ihre Blicke bemerkte und ihre Zuneigung füreinander spürte, wuchs auch in mir die Sehnsucht nach Sakima. Nie hatte ich mich einsamer gefühlt als in diesem Moment. Eine Traurigkeit übermannte mich, die wehtat. Und wieder sah ich zu Kai. Nein, ich wollte mit meinen eindringlichen Blicken nicht die intime Atmosphäre zwischen ihm und Anouk zerstören. Hätte ich mich in seiner Situation befunden, wäre es mir sicherlich auch unangenehm gewesen, von meinem Bruder beobachtet zu werden. Einsichtig stand ich auf und ging ein paar Meter zu dem angrenzenden Weidezaun, wo sich die vielen Menschen versammelt hatten. Ich sah Mia. Sie saß inzwischen auf ihrem Pony und ritt neben Jacy her, der auf einem schwarzen Hengst stand und unter dem johlenden Zuspruch der Menge seine Runden drehte. Es war eine imposante Vorstellung …
    Jacy trug eine hellbraune Wildlederhose, hatte einen nackten Oberkörper, und um seine Oberarme waren ausgefranste Lederbänder gewickelt, die in der frischen Abendluft flatterten. Seinen Rücken zierte eine farbige Tätowierung und seine langen Haare flogen im Takt zum Ritt des Pferdes. Mit nackten Füßen stand Jacy auf dem sattellosen Rücken des Hengstes und hatte seine Arme weit zu beiden Seiten ausgestreckt. Als das Pferd an Geschwindigkeit zulegte und über die Koppel galoppierte, verschlug es mir den Atem. Der Hengst nahm Anlauf, sprang über ein Hindernis, Jacy hüpfte im selben Augenblick hoch und landete hinter der Barriere sitzend auf dem Pferd. Die Menschen klatschten; Mia ritt unterdessen beständig und staunend neben ihm her. Sie schien glücklich zu sein, ebenso wie Kai – ich freute mich für beide, denn solche Momente erlebten wir nur äußerst selten. Aber ich fühlte mich traurig und einsam und konnte es in der Masse der Leute nicht länger ertragen. Mir war unwohl zumute und ich beschloss, mich zurückzuziehen. Ganz in der Nähe stand Sakimas Hütte, da ging ich langsam hin. Wenn ich schon nicht bei ihm sein konnte, dann wollte ich ihm wenigstens so nah wie möglich sein und von den Erinnerungen zehren, die ich an die Erlebnisse in seiner Hütte hatte.
    Auf dem Hof der Moores verblasste der Trubel, der auf der Weide herrschte. Nur der Wind trug hin und wieder die Geräusche der feiernden Menschen zu mir. Größtenteils wurde ich von der Stille des schwülen Abends umhüllt. Vor Sakimas rotem Haus, gleich neben dem Magnolienbaum, befand sich eine alte Schaukel. Sie war an einem schwarzen Metallgestell befestigt, das von den Magnolien umgarnt wurde. Die Schaukel bestand aus einem Brett und zwei festen Seilen; mich würde sie gewiss aushalten. Nachdenklich setzte ich mich darauf und stieß mich mit den Füßen ab. Das Schaukeln tat gut, es wirkte befreiend. Wie ein kleines Kind saß ich auf dem Brett, hielt mich an den Seilen fest und bewegte meine Beine im Fluss der Strömung, vor und zurück, vor und zurück …
    Ich blickte an den Himmel und bewunderte den silbernen Mond, der mir Licht spendete, und wieder musste ich an Sakima denken.
    Wäre er jetzt nur bei mir … die Welt würde gleich so viel besser aussehen. Der bloße Gedanke an ihn genügte schon, um ein Quäntchen Glück zu spüren, das aber so schnell verschwand, wie es gekommen war, als die schwarze Realität der herannahenden Nacht sein Bild aus meiner Erinnerung vertrieb. Das Einzige, was übrig blieb, war Sehnsucht, und die schmerzte.
    Ich blickte an mir herunter und bemerkte die Flöte. Ich sollte sie benutzen, wenn ich in Not wäre, und er würde kommen. Würde er auch kommen, wenn ich nicht in Not bin? Ich wollte ihn doch so gerne sehen! Einen Versuch wäre es wert, dachte ich mir und führte das kleine Holzstück nah an meine Lippen. Doch dann stoppte ich.
    Sollte ich es wagen zu pusten?
    Mir kamen Zweifel und ich dachte angestrengt nach: Was, wenn Sakima im Haus der Moores eingesperrt war und nicht herauskonnte? Er könnte beim Klang der Flöte denken, dass ich seine Hilfe bräuchte, dass etwas Schlimmes geschehen wäre …
    Nein, ich durfte die Flöte nicht benutzen, das wäre nicht richtig und dafür war sie auch nicht gedacht. Traurig ließ ich sie wieder auf meine Brust sinken und blickte zur Hütte. Alles war

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