Silver Moon
bei euch geschehen ist, und es tut mir unglaublich leid!« Seine Worte erfassten mein Herz wie ein scharfer Dolch. Beschämt wollte ich meinen Blick auf die Bettdecke senken, als er seine Hand sacht auf meinen verletzten Arm legte. Es begann zu kribbeln; ein wunderschönes Gefühl zog sich durch meinen ganzen Körper. Ich genoss seine liebevolle Berührung – es fühlte sich so gut an, so gut wie nichts zuvor. Erst nach einiger Zeit kam mir die Bedeutung seiner Worte wieder in den Sinn:
› Ich weiß, was gestern bei euch geschehen ist.‹
Woher konnte er das wissen? Erschrocken zog ich meinen Arm zurück. »Wieso weißt du, was bei uns … Ich meine, von wem? Kann … kann Sakima dir Dinge berichten? Verstehst du ihn etwa auch wie Bob?«, stotterte ich angespannt und musste an all die Sachen denken, die ich Sakima im Geheimen anvertraut hatte. Meine Ängste, die Misshandlungen von Vater, den wahren Grund vom Tod meiner Mutter und der Mord an meinem kleinen Bruder. Ich wurde nervös und wagte es nicht, Yuma anzusehen. Er behielt die Ruhe und griff behutsam nach meiner Hand. Ich wollte sie zurückziehen, doch da nahm er noch seine linke Hand dazu und hielt meine ganz fest. Er schloss sie sanft ein, umhüllte mich mit seiner Wärme.
»Mia hat erzählt, was gestern bei euch geschehen ist, daher weiß ich es. Sakima kann nicht reden, allerdings verstehe ich ihn auch ohne Worte. Wir sind uns sehr nahe, ich weiß alles, was er weiß, und umgekehrt«, offenbarte Yuma leise. Zaghaft sah ich ihn an, unsere Augen trafen sich und die Welt um mich herum versank abermals.
In einem tranceartigen Zustand grübelte ich über seine Erklärung nach. Was wollte er mir damit sagen? Kannte er etwa meine schlimmsten Geheimnisse? Ich hätte mich grämen müssen und in Kummer verfallen, doch stattdessen schwebte mein Bewusstsein weit weg, ins Land der Träume. All meine Ängste und Sorgen lösten sich in Luft auf, als er beständig meine Hand hielt und mich dabei voller Liebe ansah. Und wenn mein Leben ein offenes Buch für ihn war, so war es mir in diesem Moment vollkommen egal. Mein Vertrauen zu ihm war stärker als jegliche Sorge, und ich nahm seine Worte so hin, wie er sie ausgesprochen hatte, was immer er damit auch andeuten mochte. Ich genoss das Hier und Jetzt und war berauscht von seiner Zuneigung, die er mir durch seine zärtlichen Berührungen schenkte. Wir saßen noch lange nebeneinander auf dem Bett und redeten über Gott und die Welt.
Als wir nach einer kleinen Ewigkeit aufstanden, um frischen Tee zu holen, griff Yuma wieder nach meiner Hand und wir schlenderten gemeinsam und sehr langsam zur Küche. Die Welt hätte nicht schöner sein können, ich fühlte mich so geborgen wie nie zuvor in meinem Leben und fürchtete einzig den herannahenden Tag.
Es war bereits kurz nach vier in der Nacht … Ich hatte keine Ahnung, wo meine Geschwister waren, was sie machten und ob es ihnen gut ging. Mein kritischer Blick auf die Uhr blieb auch Yuma nicht verborgen. »Ja, es ist schon ziemlich spät, oder früh, wie man will«, sagte er. Ich nickte zustimmend. »Mmh. Damit hätte ich kein Problem, aber was Kai und Nino wohl tun? Und Mia? Vielleicht suchen sie mich schon lange. Es war egoistisch von mir hierzubleiben. Ich hätte ihnen Bescheid geben müssen!«
Yuma schüttelte den Kopf. »Nein, Kira, es war gewiss nicht egoistisch. Dieses Wort gibt es doch in deinem Alltag gar nicht! Und um deine Geschwister brauchst du dich auch nicht zu sorgen. Ich bin mir sicher, dass sie in den Tipis schlafen; wir haben hier schließlich ein Camp und ich weiß von Mia, dass sie auf alle Fälle bei uns übernachten wollte; deine Brüder sind mit Sicherheit bei ihr!«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, flüsterte ich und musste an Kai und Anouk denken. »Wenn du willst, können wir nach draußen gehen und nachsehen?«
»Ja, danke. Das würde mich beruhigen!« Obwohl ich liebend gerne bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag mit Yuma in seinem kleinen roten Haus geblieben wäre, zog mich mein Pflichtbewusstsein in dieser Nacht nach draußen, auf die mit Tipis übersäte Weide der Moores. Es war kühl und ich fröstelte. Yuma spürte es, er nahm einfach alles wahr. »Dir ist kalt, komm zu mir!«
Er trat näher und legte seinen Arm um meine Schultern … Süße und prickelnde Stromschläge zuckten dabei durch meine Adern. Ich genoss das Kribbeln, das er in mir verursachte. »Lass uns ans Feuer gehen, dort ist es schön warm«, flüsterte er mir ins Ohr.
Ich
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