Silvermoon - Jaegerin der Nacht
ihren Armen umschlungen, damit sie nicht herunterfiel.
„ Hast du letzte Nacht gut geschlafen?“, fragte Xaido beiläufig.
„ Ja, wie ein Stein. Nach dem Erlebnis ist das kein Wunder“, antwortete sie.
„ Das glaube ich gern. Ich wollte noch einmal nach dir sehen, hörte aber, dass der Graf dich in deinem Gemach aufgesucht hatte“, fuhr er fort.
Cassandra versteifte sich etwas.
„ Der Graf hatte sich nach meinem Befinden erkundigt“, erwiderte sie.
„ Ich hörte mit an, dass du wohl schon früher auf seinem Anwesen warst“, meinte Xaido kühl und fragte: „Wann warst du das letzte Mal dort?“
„ Nach meiner Flucht vor den Dieben. Ich war verletzt und bat ihn für eine Nacht um Asyl“, log sie ihren Mitstreiter an.
„ Cassandra ich bitte dich, du weißt genauso gut wie ich, dass das ein Lügengespinst ist“, herrschte Xaido sie an.
„ Schon gut, es war eine Lüge. Er rettete mich vor den Straßenräubern nachdem sie alle Männer abgeschlachtet hatten und gab mir Obhut, damit ich mich erholen konnte. Ich verschwieg dem Rat diesen Umstand, um dem Grafen unangenehme Fragen zu ersparen“, sagte sie und sprach nur die halbe Wahrheit aus.
„ Liebst du ihn?“, fragte Xaido ohne Umschweife.
„ Nein“, erwiderte Cassandra sofort und war froh, dass das Wirtshaus bereits zu sehen war.
Ihrer beider Schweigen war beklemmend, doch Cassandra wollte nicht mit ihm sprechen.
Würde er den anderen Jägern von dieser Tatsache berichten, würde er sie in große Erklärungsnot bringen. Vor dem Gasthaus kam der Hengst zum Stehen und Xaido sprang ab. Auch Cassandra schwang sich hinab und ging auf die Tür zu, die nur noch halb in den Angeln hing. Unbehagen machte sich in ihr breit.
Sie war völlig unbewaffnet, scheinbar schien Xaido es zu spüren, denn er reichte ihr eine seiner Silberklingen.
Bewaffnet begaben die Jäger sich in das Gasthaus und erst jetzt konnte Cassandra erkennen, dass viel mehr Menschen umgekommen waren, als bloß die Wirtin.
„ Bei Gott“, sagten sie leise und sahen sich um.
Überall lagen abgetrennte Gliedmaßen herum und das Blut war stellenweise bis an die Decke gespritzt.
„ Sie sind alle tot“, sagte Cassandra, hoffte aber darauf noch einen Lebenden unter den Toten zu finden.
„ Wenn noch jemand lebt haben er oder sie großes Glück, dass letzte Nacht kein Vollmond war“, erwiderte Xaido und ging durch den Gastraum, um sich zu überzeugen, dass es keine Überlebenden gab. Cassandra wartete an der Tür auf ihn und sah ihn an.
„ Sie sind alle tot“, sagte er bedauernd. Gemeinsam stiegen sie die Stufen zum Dachzimmer empor, um Cassandras Habseligkeiten zu holen.
Überall stank es nach den Leichnamen und geronnenem Blut.
Sie beeilten sich mit dem einpacken ihrer Kleider und Waffen. Sie hatten sich noch einmal umgesehen und den Dorf Arzt informiert, bevor sie miteinander zurück zu James‘ Anwesen ritten. Glücklicherweise war Athene unversehrt geblieben.
~James~
James hatte den gesamten Vormittag in seinem Schreibzimmer verbracht und mehrmals einen Blick aus dem Fenster geworfen. Seine Sorge galt Cassandra, er hatte Angst, dass die letzte Nacht eine einmalige Sache war und sie keine Nähe mehr zu ihm wünschte. Er hatte das Glasfenster geöffnet und hörte, wie sich Pferde näherten. Zwei an der Zahl.
Immer wieder hatte sein übersinnliches Gehör ihm geholfen und nun atmete er auf, weil sie zurückkehrte. Ebenso gut hätte Cassandra auch in ein anderes Gasthaus gehen können, doch nun blieb sie, war greifbar für ihn. James konnte kaum fassen, wie sehr er sich nach dieser kurzen Zeit in sie verliebt hatte.
Er sah die beiden Jäger auf ihren Rössern. Athene hatte er ganz vergessen, aber was war ein Pferd verglichen mit der Liebe, man konnte es nicht vergleichen.
Sein Herz machte einen Sprung, als er Cassandra auf dem Rücken der Stute sah. Sie war so eine anmutige und starke junge Dame.
James hörte mit an, wie Esra ihnen die Tiere abnahm und anbot Cassandras Gepäck ins Haus zu bringen, doch sie hatte es abgelehnt.
Wie es sich anhörte, ging sie gleich zurück in ihr Gemach um die Taschen dort abzustellen. Sicherlich hatte sie Silberklingen dabei und auch ihre Mitstreiter.
Beim nächsten Vollmond würde er sich in Acht nehmen müssen und gemeinsam mit Caleb fernab von Avabruck die Verwandlung geschehen lassen. Jedoch hörte James auch Schritte, die sich seinem Schreibzimmer näherten. Der Graf schloss das Fenster. Es klopfte an der Tür.
„ Herein“,
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