Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.
ausgezeichnet, und alle Teller wurden so blankgeputzt, als wollten sie Hanna den Abwasch ersparen. »Hat noch jemand Platz für Nachtisch?«, fragte der alte Zauberer, indem er seinen Löffel beiseite legte. Keiner hatte.
»Dann kannst du abdecken, Simsala«, sagte Herr Bim. »Das mache ich«, bot Ruth schnell an und war schon aufgesprungen, »dann kann ich Hanna gleich in der Küche zur Hand gehen.«
Flink stellte sie die Teller zusammen und legte das Besteck oben drauf.
»Lass mich das machen«, rief Simsala und warf seinem Vater einen flehenden Blick zu.
Herr Bim gab vor, es nicht zu bemerken. Er lachte heimlich in sich hinein.
Da stellte sich Simsala dem Mädchen in den Weg. »Gib die Teller her. Du kennst dich hier doch nicht aus«, sagte er, und es hörte sich fast grob an. Er griff nach den Tellern, Ruth wollte sie nicht loslassen -wie es halt manchmal geht. Jedenfalls lagen sie auf einmal auf dem Fußboden, in viele Scherben zerbrochen. Ruth schlug erschrocken die Hände vors Gesicht. »O, das wollte ich doch nicht«, rief sie entschuldigend. Aber als sie wieder hinschaute, waren keine Scherben mehr da, und selbst die Löffel und Herrn Martins Gabel waren verschwunden. Simsala hatte schnell mit der Linken gewischt.
»So haben wir Hanna wenigstens den Abwasch erspart«, sagte der alte Zauberer lachend, und da fiel auch Ruth schüchtern in das Gelächter ein.
Der Lehrer aber sagte: »Ich würde so gern einmal einen Blick in die Küche einer Zaubererfeste tun. Wissen Sie, seit meiner Knabenzeit habe ich immer davon geträumt, Koch von Zauberern zu sein. Wäre es Ihnen recht, wenn ich schaue?«
Simsala warf wieder einen hilflosen Blick auf seinen Vater.
Herr Bim aber sagte in aller Seelenruhe: »Bitte sehr, Herr Martin. Schauen Sie sich nur um.« Herr Martin verschwand durch dieselbe Tür, durch die Simsala das Geschirr und Hanna das Essen hereingebracht hatten. Er fand dort einen winzigen Raum, in dem auf einem kleinen Tischchen ein Zauberstab lag; das war alles. »Genauso hatte ich es mir vorgestellt«, sagte der Lehrer befriedigt, als er wieder zu den anderen zurückgekehrt war, und er maß Simsala mit anerkennendem Blick.
Darf es noch ein bisschen unheimlicher sein?
»Jetzt müssen wir dir aber endlich das Paket geben, das wir für dich gepackt haben«, rief Herr Martin auf einmal, »du sollst doch gesund werden.«
»Bin ich ja schon«, antwortete Simsala. »Weil ich mich so sehr über euren Besuch freue«, erklärte er die plötzliche Genesung.
Dann packte er das Paket der Erstklässler aus. Genüßlich roch er am Gänseschmalz. Als er die Zitronen herausnahm, schüttelte er sich so, als hätte er aus Versehen in eine hineingebissen. Über die Eukalyptus- und die Hustenbonbons freute er sich wie ein Schneekönig. »So bissig, wie die sind, kann ich mir selbst gar keine zaubern«, erzählte er freimütig. »Ich vergesse nämlich immer wieder, wie scharf sie in Wirklichkeit sind.«
»Und Zaubererkinder können nur das zaubern, was sie sich auch vorstellen können«, plauderte Herr Bim freundschaftlich ein Geheimnis aus.
Dann schlug er vor, dass die Kinder durch die Feste stromerten, während er und Herr Martin noch gemütlich einen Kaffee tränken. Er hatte es kaum vorgeschlagen, da standen auch bereits zwei Tassen mit dampfendem Kaffee einladend bereit. Aber es stellte sich heraus, dass auch der Lehrer lieber stromern gehen wollte als Kaffee trinken. »Springen Sie nur«, beruhigte ihn Herr Bim, »ich trinke einfach selbst Ihre Tasse aus. Das schaffe ich, auch ohne zu zaubern.«
So durchforschten Ruth und Herr Martin zusammen mit Simsala die Feste Hokuspokus von den tiefsten Kellern bis zu den höchsten Turmspitzen. Sie fanden zahllose Räume, aber es war erstaunlich wenig darin. »Mein Vater mag es lieber ordentlich«, erklärte Simsala, als sich der Lehrer und Ruth etwas ratlos in seinem Zimmer umschauten und das einsame Bett, das dort in der Mitte stand, betrachteten.
»Und wo hast du deine Spielsachen und deine Kleider?« fragte Ruth.
»Da, wo ich auch meine Hände habe«, antwortete der kleine Zauberer und zuckte mit den Schultern, »in der Hosentasche halt.«
Ruth versuchte, sich das vorzustellen. Für ihre Sachen müssten das jedenfalls ziemlich große Hosentaschen sein, vor allem, wenn auch ihr Puppenhaus hineinpassen sollte. In den Turmkammern hörte man den Wind heulen, und in den Kellern roch es ein wenig modrig, aber es gab nichts Unheimliches dort, nicht einmal Spinnweben in
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