sind große Klasse
klopfte sie an Frau Theobalds Bürotür. Nachdem sie der Direktorin erzählt hatte, worum es ging, durfte sie sich auf die Couch setzen. Frau Theobald rief Herrn Dr. Mühlhofer an, den Zahnarzt, der Lindenhof betreute. Leider war er nicht zu Hause, sondern mit seinen Söhnen auf einer Wanderung im Wald, um Pilze zu suchen. Seine Frau meinte, bis elf würde er heimkommen, Hanni sollte gegen halb zwölf in der Praxis sein, dann würde er sich um sie kümmern.
„Einen Augenblick, bitte, Frau Mühlhofer“, meinte die Direktorin und wandte sich Hanni zu. „Es geht erst um halb zwölf. Willst du so lange warten? Sonst fahre ich dich gleich ins Krankenhaus.“ Hanni wollte lieber warten. Im Krankenhaus saßen sicher schon eine Menge Leute. Außerdem war Dr. Mühlhofer ein netter Mann. Wenn er schon bohren musste, dann bohrte er verhältnismäßig gefühlvoll, was man bei einem fremden Zahnarzt nicht wissen konnte.
„Gut“, nickte Frau Theobald. „Sei um Viertel nach elf hier in meinem Zimmer, ich bringe dich in die Stadt.“
„Quatsch“, rief Hanni und entschuldigte sich, denn zu Frau Theobald durfte man nicht einfach Quatsch sagen wie zu anderen Leuten. „Ich meine, das ist nicht nötig. Ich radle runter. Schließlich tut mir der Zahn weh und nicht der Po.“
Frau Theobald lachte.
„In Ordnung. Aber ich möchte nicht, dass du allein gehst. Nanni soll mitfahren. Oder eine andere.“
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Es war Trix.
„Bitte, Frau Theobald, ich habe ein Päckchen für meine Großmutter. Sie wird am Montag siebzig. Ich habe den Geburtstag vergessen. Darf ich in die Stadt radeln und das Geschenk zur Post bringen? Es dauert nicht lange.“
Normalerweise schätzte die Direktorin solche Wünsche nicht besonders. Jetzt kam Trix ihr gerade recht.
„Ja“, nickte sie, „du darfst. Hanni muss zum Zahnarzt. Du begleitest sie und in der Zwischenzeit kannst du dein Päckchen aufgeben.“
„Vielen Dank.“
„Noch etwas, Hanni“, fuhr Frau Theobald fort. „Ich weiß, dass du heute Nachmittag Handball spielen sollst. Wenn du das Dr. Mühlhofer erzählst, wird er vermutlich deinen Zahn nicht plombieren, sondern dir vorläufig nur eine schmerzstillende Spritze geben. Im Prinzip bin ich dagegen, aber das ist eine Ausnahmesituation. Vielleicht sagt er dir, du müsstest dich ein bisschen bei ihm hinlegen wegen der Injektion. Tu das bitte. Du brauchst nicht pünktlich zum Mittagessen hier zu sein. Wenn du später kommst, macht dir die Hausmutter eine Kleinigkeit.“
Hanni bedankte sich.
Ihr war es recht, dass Trix selbst ins Städtchen wollte, dass man nicht jemanden als Begleitung für sie abkommandiert hatte. So gern die Mädchen sonst in den Ort fuhren, heute hätte wohl keine Lust dazu gehabt. Das Wettspiel erregte die Gemüter. Außerdem musste einiges vorbereitet werden. Die Mädchen, die „Kochen“ als Wahlfach hatten, rotierten bereits. Am Abend sollte es ein kaltes Büfett geben, ein richtiges Festessen. Nachdem die Handballmannschaften ihr Können gezeigt hatten, waren die Köchinnen dran.
Hanni dachte, dass sie vielleicht heute Gelegenheit finden würde, Trix etwas Nettes zu sagen. Neulich war sie ja nicht dazugekommen und dann hatte sie es vergessen. Es war nicht leicht, mit Trix warm zu werden, fand sie. Sie hatte nichts gegen die Neue. Aber wenn eine so ehrgeizig und verschlossen war, wie sollte man sich dann mit ihr anfreunden?
Auf dem Weg in die Stadt ergab sich natürlich keine Unterhaltung. Dann lehnten sie ihre Räder an den Gartenzaun des Zahnarzthauses. Hanni klingelte.
Frau Mühlhofer öffnete. Sie drückte die Tür mit dem Ellenbogen auf, denn in der einen Hand hielt sie ein paar Blumenzwiebeln, in der anderen einen Spaten. Hanni kannte sie nur als Sprechstundenhilfe ihres Mannes. Heute, am Samstag, war sie Hausfrau und Gärtnerin.
„Setzt euch ins Wartezimmer“, meinte sie. „Mein Mann kommt gleich.“
Die Mädchen setzten sich. Trix blätterte in einer Zeitschrift.
„Du ...“, begann Hanni. „Ich wollte mit dir über das Handballspiel reden. Es tut mir leid, dass du ...“
Frau Mühlhofer erschien.
„Bist du nun eigentlich Hanni oder Nanni?“, fragte sie lachend. „Ich habe zwar am Telefon Hanni verstanden ...“
„Stimmt, ich bin‘s“, sagte Hanni.
Frau Mühlhofer lachte wieder. Sie lachte oft und gern. Man sah es an den Grübchen in ihren Wangen und an den Lachfalten um die Augen. „Für meinen Mann seid ihr Zwillinge kein Problem. Wenn ihr den
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