Sind wir nun gluecklich
militärische, politische oder wirtschaftliche Krise überstanden, sie sind sogar aus jeder dieser Krisen gestärkt hervorgegangen. Deshalb besteht auch vor dem Hintergrund der Finanzkrise kein Grund anzunehmen, dass es mit den USA bergab gehe.
Unter all den bekannten Persönlichkeiten, mit denen wir in den USA sprachen, vom Steuermann von Morgan Stanley bis zum Medienmogul Rupert Murdoch, von den Verantwortlichen der First National City Bank bis zum CEO der krisengeschüttelten General Motors, betonten sie ausnahmslos die Notwendigkeit von Reformen, die Suche nach neuen Möglichkeiten als Ausweg aus der Krise, die Selbststärkung und wie wichtig es sei, Problemen nicht aus dem Weg zu gehen, sondern Lösungen und Antworten zu suchen. Allein daraus kann man unschwer erkennen: Das amerikanische Schiff wird so schnell nicht untergehen.
Es ist kaum verwunderlich, dass es heißt, Chinesen seien Optimisten: Kaum haben sie ein bisschen Erfolg, schon lachen sie sich eins ins Fäustchen. Japaner dagegen sind Pessimisten, kaum gibt es ein paar Schwierigkeiten, schon werden sie depressiv. Die Chinesen werden vielleicht erst dann immer besser und erfolgreicher werden, wenn sie in ihren Optimismus etwas Vorsicht und Krisenbewusstsein einfließen lassen und nicht nur eine Kombination aus Lob und Eigenlob pflegen. Erst so wahrt man die nötige Objektivität beim Urteil über andere.
Auf Augenhöhe, das hat auch mit dem chinesisch-amerikanischen Verhältnis zu tun. Als Barack Obama 2009 seinen Besuch in Peking beendet hatte, sagte ich abends in unserer Sendung: »Auch wenn Obama bei diesem Besuch viele gute Worte für uns übrig hatte und seine Haltung sehr freundschaftlich war, für das gegenwärtige Verhältnis zwischen China und den USA spielt es keine allzu große Rolle, ob es ein besonders gutes oder ein besonders schlechtes Verhältnis ist.«
Obamas Reise führte zunächst dazu, dass die ganze Welt, inklusive der meisten Chinesen, einen positiven Trend in den Beziehungen zwischen den USA und China ausmachte. Es dauerte aber nur ein halbes Jahr, bis eine Reihe von Problemen die Beziehungen wieder trübte. Obama traf sich mit dem Dalai-Lama, die US-Notenbank übte Druck auf die Aufwertung des Renminbi aus, es gab eine Kette von Handelsstreitigkeiten, Taiwan wurde von den USA militärisch aufgerüstet, amerikanische Flugzeugträger wurden im Gelben Meer gesichtet – so viele diplomatische Konflikte in Folge trübten die Zukunftsaussichten für das Verhältnis zwischen China und den USA schnell wieder. Besonders pessimistische Stimmen wollten selbst einen Krieg zwischen beiden Ländern innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht ausschließen.
Meine Haltung hat sich indes nicht geändert. Auf lange Sicht wird weder eine Verschlechterung noch eine Verbesserung der Beziehungen große Folgen nach sich ziehen. Unsere beiden Länder sind einfach sehr unterschiedlich, und gleichzeitig kooperieren sie auf immer mehr Gebieten miteinander, wobei jede Seite dabei die eigenen strategischen Interessen verfolgt. Es ist unwahrscheinlich, dass sich an dieser Situation etwas ändern wird. Was die Zukunft unserer Beziehungen angeht, kommt China darin die Schlüsselrolle zu. Es wird vom Grad der chinesischen Wirtschaftskraft und der politischen Handlungsfähigkeit abhängen, wohin der Trend geht. Gelingt es uns, uns auf einem hohen Niveau zu stabilisieren, stehen die Zeichen gut; gelingt das nicht, wird es schwieriger. Aber weder das eine noch das andere wird zu einer vollkommenen Verschlechterung oder Verbesserung unserer Beziehungen führen.
Wir sollten daneben auch nicht aus den Augen verlieren, dass die Amerikaner vielleicht ein unkompliziertes Volk sein mögen, die amerikanische Regierung ist es aber mit Sicherheit nicht.
Die Vereinigten Staaten sitzen nun schon seit rund hundert Jahren auf dem Chefsessel der Nationen und haben von allen großen Umbrüchen in dieser Zeit jedes Mal mehr profitiert als andere. Sie werden ihren amerikanischen Traum nicht einfach aufgeben und tatenlos dabei zusehen, wie ihnen dieser Chefsessel streitig gemacht wird. Die strategischen Ziele der USA zu unterschätzen kann zu bösen Überraschungen führen. Wer das begriffen hat, wird sich alles, was er aus dem Mund der Amerikaner zu hören bekommt, ganz gleich, ob es in seinen Ohren wohl klingt oder übel, mit Gelassenheit anhören. Auf lange Sicht werden die USA für Chinas Kontakt mit der Außenwelt den größten Prüfstein darstellen. Wir können uns Zeit
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