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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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Fußball-Nationalmannschaft
    Ich war gerade im Eingangsexamen von der Mittel- zur Oberschule, als im Fernsehen die TV-Drama-Version von Akira Kurosawas »Sanshiro Sugata« sehr populär war. Ich schwankte zwischen dem Prüfungsdruck und der Versuchung, das TV-Drama zu verfolgen. Aber bei uns zu Hause gab es keinen Fernseher. Selbst wenn es einen gegeben hätte, gerade dort hätte ich mich nicht getraut fernzusehen. Also ging ich mit der Ausrede, mich zur Prüfungsvorbereitung in die Schule zu begeben, auf dem Weg dorthin bei einem Freund vorbei, um »Sanshiro Sugata« zu verfolgen. Einmal sahen wir fern bis früh am Morgen, als gerade das Eröffnungsspiel der Fußball-WM 1982 übertragen wurde, Argentinien gegen Belgien. Argentinien verlor zwar die Partie, aber ich sah zum ersten Mal den sagenumwobenen Diego Maradona spielen, den ich fortan verehrte. Mit diesem Tag wurde ich zu einem treuen und eisernen Fan des argentinischen Fußballs. Kein Wunder, dass es heißt, das erste Spiel, das man sieht, entscheidet darüber, wem man sein Leben lang treu bleibt. Ich bin dafür ein gutes Beispiel.
    Wände haben überall Ohren, und so fand auch meine Mutter bald heraus, dass ich meine Zeit vor dem Fernseher statt über den Schulbüchern verbrachte. Ob ich dafür eine Tracht Prügel bekam, weiß ich schon nicht mehr, aber letztendlich war es ein Glück, dass sie mich vom Fernseher wegholte, bevor es zu spät war. Ich bestand das Schuleingangsexamen um Haaresbreite, gerade einen Punkt über der Mindestpunktzahl schaffte ich. Nicht auszudenken, was aus mir geworden wäre, wenn ich noch mehr Zeit vor dem Fernseher verbracht hätte … wer weiß, wo ich heute stünde.
    TV-Dramen wie dieses vermochten damals die Massen so sehr zu verzaubern, dass sie trotz ihres eher mittelmäßigen Niveaus der Grund dafür waren, die Anschaffung eines Fernsehers zum höchsten Familienziel zu machen. Und das blieb es bis in die Neunziger.
    Prügeleien
    Warum ich mich an so viele Prügelszenen erinnern kann, weiß ich auch nicht. Manchmal war ich selbst involviert, manchmal auch nur Zuschauer.
    Der große Platz vor unserem Haus wurde zum Schauplatz für unzählige solcher Handgemenge zwischen uns Jugendlichen. Manchmal prügelten wir uns zu zweit, manchmal waren es Gruppenkämpfe, oft kämpften wir mit bloßen Händen, aber zuweilen auch mit selbstgebastelten Waffen. Ich sah sie von unserer Wohnung aus angerannt kommen, und sie riefen mich mit Pfiffen, eine Horde wild gewordener Jugendlicher. Ich pfiff zurück und lief hinunter. Das Besondere an den Auseinandersetzungen damals war: Wenn einer verletzt wurde, war die Siegerseite dafür verantwortlich, ihn ins Krankenhaus zu bringen und das Geld für die Behandlung zu zahlen. Oft musste sie auch hinterher bei einem Versöhnungstreffen noch einen ausgeben. Für uns war das damals Ehrensache. Ich denke manchmal, dass das Leben dieser Tage zu eintönig war, es fehlte an Abwechslung und Möglichkeiten, den jugendlichen Überschwang abzureagieren, da blieben oft nur Prügeleien, um sich zu beweisen.
    Noch zu Universitätszeiten war ich ein guter Kämpfer. Wer ständig auf dem Fußballplatz aktiv ist, der lässt auch hin und wieder die Fäuste spielen. In meinen vier Studienjahren gab es dazu nicht wenige Gelegenheiten. Zum Glück entging ich meist einer Bestrafung. Weniger glücklich ist vielleicht, dass mein Verhalten kein gutes Vorbild abgibt.
    Dennoch würde ich sagen, dass heutzutage die Leute noch viel hitzköpfiger sind, man wird ständig Zeuge von Wut und Aggression. Doch zu Prügeleien kommt es eher seltener. Vielleicht ist man in unseren Zeiten zivilisierter, oder man findet es übertrieben und überflüssig. Möglicherweise sind die jungen Leute auch einfach nicht in der körperlichen Verfassung und können sich gar nicht mehr so prügeln wie früher.
    Es gibt da eine Anekdote: Ein Mandschure fährt nach Kanton und sieht, wie sich an einer Straßenecke zwei streiten. In der Hoffnung auf eine ordentliche Prügelei geht er näher heran. Nach zwanzig Minuten diskutieren die beiden immer noch. Der Mandschure wendet sich enttäuscht ab und sagt im Gehen: »Bei meiner Mutter, streiten die immer noch! Bei uns im Nordosten wärt ihr längst im Krankenhaus!«
    Aber das muss ich doch richtigstellen: Auch bei uns im Nordosten endete nicht jede Streitigkeit im Hospital!
    Die Universität
    Nachdem ich bei den Eintrittsexamen für die Oberschule als Zweitletzter der Klasse geendet war, blieb mir noch ein Jahr.

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