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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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man ihn auch im Wohnheimzimmer versteckte – wenn man dann spätabends mit brummendem Magen die Hand danach ausstreckte, hatte fast immer jemand den Mantou stibitzt. Den Verantwortlichen zu suchen machte wenig Sinn, hatte man sich tags zuvor doch selbst zum Dieb gemacht.
    In jenen Jahren war das Essen nicht sehr fett, und es gab eigentlich keine Übergewichtigen. Zum Spaß gründete unser Jahrgang die »Fettbauchgesellschaft«, in die jeder eintreten konnte, der mindestens 60 Zentimeter Bauchumfang aufwies. Von den dreißig männlichen Studenten schafften es am Ende gerade einmal drei, der Rest war nur Haut und Knochen. Wenn wir uns jetzt viele Jahre später treffen, klagt die Mehrheit über einen zu dicken Bauch. Offenbar hat unsere Generation so gelitten, dass unsere Figur nie normalen Standards entsprechen kann.
    Bücher stehlen
    Über die fünfziger Jahre wird gern gesagt, dass damals die Gesellschaft noch ehrlich und anständig war, eine Zeit großer Sicherheit, in der niemand nachts die Tür absperrte. Ich denke, das war auch noch Anfang der achtziger Jahre so. Weniger, weil die Gesellschaft so anständig war, sondern weil die Leute noch so arm und einfach waren, dass es nichts zu stehlen gab. Doch mit steigendem Lebensstandard war es auch mit der Anständigkeit vorbei. 1986, auf dem Weg zu einem Praktikum in Changsha, hing im Bus ein Plakat mit der Aufschrift: »Lernt vom Genossen Lei Feng und gebt auf Diebe acht«. 35 Offensichtlich waren meine Mitreisenden bessergestellt, und ein Dieb zu werden galt als edlere Beschäftigung, als betteln zu gehen. Manche hatten auch eine Art »doppelte Identität«, sie stahlen nur Bücher.
    Der Xinhua-Buchladen auf der Wangfujing war in den achtziger Jahren ein Eldorado für Bücherdiebe. Der Laden war riesig, Bücher gab es viele, und zahlreiche verschwanden schnell, ohne über die Ladentheke zu gehen. Studenten befanden sich schon immer in dem Dilemma, Bücher zu mögen, aber kein Geld dafür zu haben; folglich gab es immer wieder Bücherdiebe. Besonders versiert waren die Diebe allerdings nicht, und häufig wurden sie gefasst. Wenn darunter Studenten des Instituts für Rundfunk und Fernsehen waren, gaben die männlichen bei der Befragung immer an, sie hießen »Chang Zhenzheng«, und die weiblichen nannten sich alle »Liu Jinan«. Das sollte aber nicht lange gutgehen, denn irgendwann zog der Buchladen bei der Hochschule Erkundigungen ein und fand heraus, dass »Chang Zhenzheng« der Name des Direktors war und »Liu Jinan« der Name seiner Stellvertreterin.
    Als Chang Zhenzheng viele Jahre später zu unserer Zwanzigjahrfeier erschien, wurde er mit großem Applaus und Füßestampfen begrüßt. Das war unser spätes Dankeschön für den jahrelang erduldeten Missbrauch seines Namens.
    Einmal organisierte ich eine Bücherbörse an der Uni und hatte mir zuvor alle Mühe gegeben, den Buchhandlungen Bücher zu reduzierten Preisen abzuschwatzen, die wir dann auf dem Institutsgelände verkauften. Das Schwierigste dabei war der Schutz vor Dieben. Einer meiner eigenen Kommilitonen nutzte einen Moment, in dem keiner aufpasste, um sich gleich mehrere Bücher in die Tasche zu stecken. Als er doch entdeckt wurde, sagte er mit Unschuldsmiene: »Was, ihr wollt Geld dafür? Dann will ich sie nicht!« Heute ist er ein in der Hauptstadt sehr bekannter Schriftsteller.
    Weil wir so tapfer die Diebe von den Büchern fernhielten, hatten wir am Ende dreißig Yuan verdient. Die meisten gönnten sich den Luxus, dieses kleine Vermögen mit dem Konsum von Joghurt durchzubringen.
    Schwarzfahren
    Wer behauptet, er sei als Student in den Achtzigern nie im Bus schwarzgefahren, lügt garantiert. Je voller der Bus war, desto mehr Schwarzfahrer gab es, vor allem weil der Kassierer im Bus nur schwer durchkam. Sich aber zum Schwarzfahren allein auf volle Busse zu verlassen war nicht sehr erfolgversprechend. Deshalb war das Fälschen von Monatskarten ein beliebterer Sport.
    Wir kauften ein oder zwei Monatskarten pro Stockwerk im Studentenheim, die wir abwechselnd benutzten. Der Trick war, das Foto des Karteninhabers mit dem eigenen zu vertauschen, auf das man außerdem täuschend echt den Stempel der Busgesellschaft aufgemalt hatte. Damit ging man fast kein Risiko ein. Regelmäßig fanden Wahlen des »Erfolgreichsten Schwarzfahrers in hundert Tagen« statt.
    So viel Erfolg machte nachlässig, und so geschah es, dass ein Mitbewohner mit seiner gefälschten Monatskarte einen Bus bestieg, aber dummerweise sein

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