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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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vorgeschriebene Studium hatten, mehr mit Schachspielen oder anderen Brettspielen beschäftigt und füllten ihre Zeit mit dem Spielwürfel aus. In der Erinnerung waren das wunderbare Jahre.
    Vorträge berühmter Persönlichkeiten
    Vorträge waren bei uns damals ein wichtiger Bestandteil des Lehrplans. Wenn eine bekannte Person zu einem Vortrag erwartet wurde, hingen frühzeitig Plakate aus, und alle besorgten sich die entsprechenden Bücher, um sich vorzubereiten. Schon am Vorabend wurde hitzig debattiert. Niemand hielt eine berühmte Person für unangreifbar, im Gegenteil: Je berühmter sie war, desto provokanter und zahlreicher waren die Fragen, die man ihr nach dem Vortrag stellte. Es war auch nicht üblich, dass man hinterher zu den Vortragenden ging, sie um ein Autogramm oder ein gemeinsames Foto zu bitten (es hatte allerdings auch keiner eine Kamera). Doch wenn der Vortrag gut ankam, geschah es nicht selten, dass die Diskussion darüber noch die ganze folgende Nacht bis zum Morgengrauen im Wohnheim fortgesetzt wurde.
    Ich ging einmal eigens zu Professor Liang Xiaosheng, ihn um einen Vortrag bei uns zu bitten. Ich kannte ihn zuvor nicht und fragte mich höflich zu ihm durch, bis ich vorgelassen wurde. Nach einer langen Unterhaltung vereinbarten wir eine Zeit für seinen Vortrag, und er kam tatsächlich.
    Auch Liu Sola bat ich einmal um einen Vortrag und ging mehrmals bei ihr aus und ein. Ich weiß nicht mehr, worüber wir gesprochen haben, aber ich ging die Sache entspannt an, und man nahm mich ernst.
    Die Vorträge sprühten damals Funken. Ich weiß noch, wie Zhang Xianliang 37 uns aufrief, in die Kommunistische Partei einzutreten, um endlich aus einer Bauernpartei eine Intellektuellenpartei zu machen. Er bekam dafür riesigen Applaus, und der Presse war es eine Meldung wert.
    Ich traf ihn viele Jahre später in Ningxia wieder und erinnerte ihn an diesen Vortrag. Er sagte, er habe danach noch sehr angeregt mit Hu Yaobang über die Sache diskutiert.
    Briefe schreiben
    Damals gab es kein Internet und keine Handys, man hatte nicht einmal ein eigenes Telefon. Zu Hause gab es nur das Telefon der Arbeitseinheit. Da man Angst hatte, man könne nicht erreichbar sein, wurde selbst an Sonn- und Feiertagen ein Dienst eingerichtet. Wenn jemand einen Anruf bekam, musste man ihn zu Hause aufsuchen und eventuell eine Nachricht an der Tür hinterlassen. Es war also selbstverständlich, dass jeder wusste, wo die Arbeitskollegen wohnten.
    Während meiner Zeit an der Uni schrieb ich Briefe, um mit meiner Familie und meinen ehemaligen Mitschülern in Kontakt zu bleiben. Ich weiß noch, wie es 1986 einen kleinen Studentenstreik gab und mir ein Freund, der an der Sichuan-Universität studierte, einen mindestens zwanzigseitigen Brief mit ausführlichen Analysen und Kommentaren zur gegenwärtigen Situation schrieb. Und meine Antwort fiel nicht viel kürzer aus.
    Die Briefe an die Familie wurden dagegen immer kürzer, im Grunde dienten sie nur dazu, um Geld zu bitten. Damit es nicht ganz so dreist wirkte, erzählte ich erst etwas von meiner Studiensituation, aber das diente alles nur zur Ausschmückung der Bitte um finanzielle Unterstützung.
    Briefe und Geldanweisungen waren die Dinge, auf die ich während meiner Studienzeit am sehnsüchtigsten wartete. Der Kommilitone, der damals für die Post zuständig war, konnte sich ordentlich was einbilden. Wenn er täglich nach dem Mittagessen mit den Briefen ankam, wurde er erwartet wie der Weihnachtsmann.
    Wurde es ganz dringlich, musste man sich auf den Weg zum Telegrafenamt machen. Da Telegramme nach der Wortzahl berechnet wurden, waren wir alle geübt darin, uns kurz zu fassen, um Geld zu sparen. »Viel Gewinn für wenig Geld«, hieß die Devise. Inzwischen ist das Telegramm Geschichte geworden, aber indirekt hat es den Weg zu einem umständlichen Schreibstil gebahnt, eine Art »Spätfolge«.
    Synchronisierte ausländische Filme
    Technik und Materialqualität ließen in den achtziger Jahren noch einiges zu wünschen übrig, Raubkopien gab es ohnehin nicht so viele wie heute, nur gelegentlich wurden Filme auf Video kopiert. Die bekam man dann auch nicht aus erster Hand, sondern in Form der dritten oder vierten Kopie, in der die meisten Farbfilme schließlich wie Schwarzweißstreifen aussahen. Trotzdem war es für uns bereits ein Ereignis, wenn einer der Studenten ein solches Video anschleppte, Filme wie »Taxi Driver« oder »Platoon« machten auch in diesen verzerrten Kopien großen

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