Sind wir nun gluecklich
ich die Einladung zu einem ausführlichen Gespräch mit der Southern Weekly an. Ich ließ mich während des Interviews des Breiteren über meine persönliche Einstellung und die mit den Reformen verbundenen Hoffnungen aus. So sagte ich zum Beispiel:
»Die Berichterstattung von CCTV sollte dem Ort des Geschehens mehr Aufmerksamkeit widmen, es sollten viel häufiger Berichte direkt vor Ort – den jeweiligen Gegebenheiten adäquat – aufgezeichnet und gesendet werden. Damit würde sich der Stil ändern, und man würde sich all dieser pauschalisierten und vorgefertigten Phrasen entledigen. Jede Sendezentrale hat ihren Reporterstab im Hintergrund, der sollte besser integriert werden. CCTV sollte der Tradition des professionellen Journalisten wieder mehr Achtung entgegenbringen und weniger dem Verwaltungsapparat. Die wirklichen Reformen benötigen wir bei den internen Mechanismen, von denen der Zuschauer nichts mitbekommt. Wenn man über Politik redet, muss man in professioneller Weise darüber reden …«
Natürlich waren viele nicht gerade erfreut über meine Ausführungen, und auf einige Leute wurde nach der Veröffentlichung des Interviews ein gewisser Druck ausgeübt, aber die Mehrheit schien mit mir einer Meinung zu sein. Es ist leicht nachvollziehbar, dass ich mich als noch nicht gerade alt zu nennender und nach Neuerungen strebender Medienmensch verpflichtet fühle, meine persönliche Meinung zu diesen Angelegenheiten kundzutun. Und auch wenn sie nicht in jedermanns Ohren angenehm klingt und meine Erwartungen nicht erfüllt werden, ist es dennoch ein Fortschritt, wenn dadurch zukünftige Reformprozesse entscheidende Impulse erhalten. Abzuwarten, bis man sich nach den Reformen aufs gesattelte Pferd setzen kann, macht nämlich auch keinen Sinn.
Zu meinem großen Glück setzte ein, zwei Monate später tatsächlich eine Reformwelle ein, und viele meiner Vorstellungen wurden in die Tat umgesetzt. Allerdings war das sicher nicht auf meine Anregungen zurückzuführen, sondern auf den Konsens und die Beschlüsse der Entscheidungsträger – und auch auf die Erfordernisse und die Impulse der Zeit.
Vor einigen Jahren suchten mich einmal zwei große Headhunter-Unternehmen für ein Gespräch auf. Zwischen allerhand Geplauder stellten sie Fragen wie: »Was könnte Sie dazu bewegen, hier wegzugehen?« Oder noch direkter: »Was ist Ihr Preis?«
Meine Antwort war gleichermaßen direkt: Zumindest zum aktuellen Zeitpunkt gäbe es keine materiellen Verlockungen, die mich dazu bewegen könnten, den Sender zu verlassen.
Diese Antwort gab ich nicht allein aus Sentimentalität oder aus der über die Jahre hinweg gewachsenen Loyalität heraus. Es geht auch nicht nur um die vielen Kollegen, die mir über Jahre mit ihrer Lebendigkeit den eiskalten Mechanismus des Berufslebens ein wenig wärmer gemacht haben. Ein wesentlicher Grund ist, dass – während es immer mehr Satellitensender gibt, die wegen aktueller Schwierigkeiten oder leicht durchschaubarer Gründe einer nach dem anderen das Genre verlassen – zumindest im China der Gegenwart, wer Fernsehjournalismus betreiben möchte, bei uns immer noch den Ort findet, der den Nachrichten und ihren Schauplätzen am nächsten liegt. Für einen Nachrichtenmenschen ist das die größtmögliche Verlockung, und das sollte eigentlich auch dem Sender bewusst sein.
Für CCTV ist jeder Einzelne von uns nichts weiter als ein zeitweiliger Passagier auf einem riesigen Schiff, dessen Ruder sich nun einmal nicht so leicht herumreißen lässt. Wo dieses Schiff tatsächlich hinsteuert, hängt zwar nicht zuletzt vom Bemühen und der Entschlossenheit derjenigen ab, die hier arbeiten. Dennoch, würde ich sagen, sind letztlich die Zuschauer der entscheidende Faktor und der Zeitgeist. Die Bedürfnisse und Hoffnungen der Leute können vielleicht nicht sofort, aber nach und nach alles verändern.
Reformen hinter dem Bildschirm, die die Regeln des Journalismus beachten, sind immer angemessen. Menschen mit Idealen, die sich vorwagen, brauchen ein klares Feedback, und wer für den Sender wirbt, muss die Zuschauer dazu bringen, Interesse am Einschalten und am Zusehen zu haben. Man muss hinter dem stehen, was man zu tun für richtig hält, und auch das, was die anderen nicht machen wollen, trotzdem tun; und genauso muss man hinter der Entscheidung stehen, bestimmte Dinge zu lassen, zu verzichten, selbst wenn man persönlich davon profitieren würde.
Es ist dringend nötig, dem kreativen Geist der Mitarbeiter
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