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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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natürlich nicht von ungefähr, sie war nur eine logische Schlussfolgerung aus der besonderen Beziehung zwischen China und der Welt. Was die Olympischen Spiele angeht, sagte ich während unseres Gesprächs, wurden von 29 Olympischen Sommerspielen in der Geschichte der Löwenanteil von den USA und Europa ausgerichtet und nur vier davon auf anderen Kontinenten, davon drei in Asien, und nur zweimal fanden sie in einem sozialistischen Staat statt, davon dieses eine Mal in China. Allein schon deshalb stand zu befürchten, dass wir in den Augen vieler als marginal, als plötzliche Eindringlinge, als rote Wesen vom fremden Stern angesehen würden. Diese latent vorhandenen Motive reichten für viele, die den Spielen keinen Erfolg gönnen, aus, um sich zu Gruppen zusammenzuschließen und sie mit diversen Aktionen zu stören. Darum galt es, diesen Störaktionen gut vorbereitet zu begegnen.
    Leider sollten wir mit dieser Befürchtung recht behalten. Am 14. März kam es zu einem gewalttätigen Aufstand im tibetischen Lhasa, über den erst einige Tage später von den Medien berichtet wurde. Es war der Auftakt zu den Unruhen im Vorfeld der Olympiade.
    Während der Vorfälle in Tibet trafen sich auf Einladung des staatlichen Presseamts gerade acht Vertreter chinesischer Medien mit einer Gruppe von acht gleichrangigen japanischen Presseleuten zu einem Gespräch über die chinesisch-japanischen Beziehungen. Anfangs wurde sehr kontrovers diskutiert, und die Ereignisse in Tibet standen im Zentrum der Diskussion. Die japanischen Journalisten hofften, dass solche Vorfälle in Zukunft sofort transparent gemacht würden und an die Öffentlichkeit gelangten, und wir waren im Grunde derselben Meinung. Es war ein denkbar ungünstiges Vorgehen, ausländische Journalisten damals erst eine Woche nach den Ereignissen aus Lhasa berichten zu lassen, denn zu diesem Zeitpunkt hatten sich dort bereits jede Menge Gerüchte, Unwahrheiten und bewusste Falschmeldungen breitgemacht. Immerhin wurde dank unserer Reflexion dieser Angelegenheit ein Jahr später, als sich in Urümqi der Aufstand vom 5. Juli ereignete, sofort und in aller Transparenz darüber berichtet.
    Der Vorfall von Lhasa war nur der Anfang. Wenige Tage später wurde zwar in Griechenland ohne besondere Vorkommnisse das Olympische Feuer entzündet, während der gleichzeitigen Rede von Pekings Stadtratssekretär Liu Qi kam es jedoch zu Protesten, bei denen Banner mit »Unabhängigkeit für Tibet« entrollt wurden. Diese kleinen Störungen ließen bereits ein ungutes Gefühl aufkommen.
    Wiederum einige Tage später fand auf dem Pekinger Tian’anmen-Platz die feierliche internationale Zeremonie der Fackelübergabe statt, die von mir und Yang Lan moderiert wurde. Während wir dabei zusahen, wie Staatspräsident Hu Jintao eigenhändig die Fackel an Liu Xiang überreichte, ahnten wir nicht, dass die Fackel, kaum dass sie China wieder verlassen hatte, so viele Stürme durchlaufen musste, Stürme, die auch innerhalb Chinas mächtige Wellen schlugen.
    Einmal entzündet, hatte die Fackel einen langen Lauf durch zahlreiche Staaten vor sich, wo dem Fackellauf im Allgemeinen große Aufmerksamkeit zuteilwurde. Gerade deshalb bot der Gang des olympischen Feuers um die Welt all denen, die Peking schaden wollten, die passende Gelegenheit, den Mund aufzumachen.
    Anfangs ging noch alles gut, aber bereits in London gab es großen Ärger, die Läufer wurden von zahlreichen Menschen behindert, und es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Auch wenn die Situation recht chaotisch war, traten der britische Premierminister und das Königshaus für eine ungehinderte Fortsetzung des Fackellaufs ein. Deshalb geriet der Lauf durch England innerhalb Chinas auch noch nicht in die Kritik. Dennoch nahm jetzt auch in China die Aufmerksamkeit für den Fackellauf zu, die Leute beobachteten die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Beim Eintreffen der Fackelläufer in Paris geriet die Situation unerwartet außer Kontrolle, und in China brach sich allgemeine Empörung Bahn.
    Als in Paris der behinderten Sportlerin Jin Jing während des Fackellaufs im Rollstuhl die Fackel entwendet wurde und die Pariser Stadtregierung die chinesische Regierung noch dazu verbal angriff, verletzte das in China die Gefühle der Bevölkerung. Dazu kam, dass Frankreich einmal das erste Land Europas gewesen war, das mit der Volksrepublik China diplomatische Beziehungen aufgenommen hatte und in diesem Jahr die guten Beziehungen

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