Sind wir nun gluecklich
das Fallen von Wohnungspreisen, die sich um 30 000 bis 40 000 Yuan 2 pro Quadratmeter bewegen, normale Leute überhaupt betrifft. Kein Wunder, dass die Fernsehserie »Enge Behausung« derzeit so beliebt ist.
Und auch die Popularität des TV-Dramas »Verschwörung« zeugt doch nur davon, wie viele Chinesen Probleme mit ihrem beruflichen Umfeld haben. Das alte System, Posten nach dem Senioritätsprinzip zu vergeben, schien für eine kurze Zeit ausgedient zu haben. Es gewinnt aber schon wieder die Oberhand, und den jungen Leuten bleibt nichts anderes übrig, als die kleinen Intrigen am Arbeitsplatz hinzunehmen, ohne laut dagegen aufzubegehren. So werden aus den noch jungen Arbeitskräften schon wieder die alten Zhangs und Lis gemacht.
Diejenigen, die zur ameisengleichen Masse gehören und sich steigenden Wohnungspreisen und nur schwer zu verwirklichenden Idealen gegenübersehen, können den alten Schlager schon nicht mehr hören: »Die Welt da draußen ist wunderbar, die Welt da draußen ist undankbar …« Ja, die Welt da draußen ist undankbar, aber welcher Ausweg bleibt? Kann man sich dann nur noch auf und davon machen in die Wildnis des Nordens, zurückkehren in die vermeintlich friedliche, gute alte Heimat?
Romantik hat sicher ihr Gutes. Wenn man sich aber angesichts des verächtlichen Lächelns der Freundin nur noch umdrehen und verlegen davonstehlen kann, wie viel Trost liegt dann für die heutige Jugend noch in der Romantik?
Wenn in einer Generation alles, was Jugend ausmacht, so extrem unterdrückt wird, wie kann ein solches Zeitalter dann lebendig und von jugendlicher Vitalität erfüllt sein? Hat eine Generation überhaupt eine Zukunft, wenn unter allen Leuten ausgerechnet die Jugendlichen zuvörderst anfangen, sämtliche Ideale aufzugeben?
Wir haben in den vergangenen mehr als dreißig Jahren Reformperiode eine Vielzahl von Fortschritten gemacht, die Zahlen und Fakten beweisen es. Aber wie viele Fortschritte haben eigentlich die Nachrichten gemacht?
Natürlich sind Fortschritte im Bereich der Medien nichts, was sich durch Zahlen und Fakten belegen ließe. Aber es bleiben immer noch eine Menge anderer Kriterien. Zum Beispiel, ob genug ausgezeichnete Talente bereit sind, in den Medien für ihre Ideale einzutreten. Ob jemand, ganz gleich wie bitter die Erfahrungen des täglichen Lebens auch sein mögen, nach einem gewissen Zeitraum einen winzigen Erfolg beim Kampf um den gesellschaftlichen Fortschritt verzeichnen kann.
Und wenn das nicht der Fall ist?
Ein Medienmensch, der wirklich Ideale und Verantwortungsgefühl zeigt, wird dafür niemals etwas anderes als Bitterkeit ernten, selbst den Politikern wird er nur ein Dorn im Auge sein, ein Unruhestifter und Nestbeschmutzer. Wie lange wird jemand an seinen Idealen festhalten, solange Ideale und verantwortliches Handeln für ihn selbst und andere zu einem Unsicherheitsfaktor werden?
Wenn aber alle Idealisten unter dem enormen Druck und den Verlockungen des Lebens zu Realisten werden? Und alle Realisten zu Utilitaristen und die Utilitaristen zu Opportunisten …? Kann Hoffnung zu Verzweiflung werden? Ideale zu leeren Träumen?
Noch sind das reine Hypothesen. Dennoch können sie die Menschen wie ein Albtraum, auch wenn er noch so fabriziert ist, selbst im Wachzustand in Schrecken versetzen.
Auch für die Zukunft des Journalismus braucht es Glauben.
Die Gesellschaft hat ihre Probleme, doch wir alle haben auch unsere ganz persönlichen Schwierigkeiten.
Am Vorabend des Jahres 2000 bat mich eine Shanghaier Zeitung um ein Grußwort zum neuen Jahrtausend. Ich stellte damals zwei Schlüsselbegriffe in den Mittelpunkt: »Ruhe« und »Reflexion«.
Was »Reflexion« heißt, ist nicht schwer nachzuvollziehen. Es heißt nicht, da unsere Existenz schwer zu ertragen ist, einfach hastig ein Pflaster über die Wunden, die wir auf dem Weg davongetragen haben, zu kleben, wenn die Monate und Jahre der Ausschweifungen zu einem Ende gekommen sind. Es heißt, Probleme auf verantwortliche Weise zu lösen. Doch in der Regel hasten wir eilig auf unserem Weg weiter. Und das kann man auch niemandem verübeln, denn es ist nahezu der einzige Ausweg, der bleibt, wenn die Existenz in eine Krise gerät.
Nach dem ökonomischen Fortschritt dieser letzten dreißig Jahre ist das Überleben schon nicht mehr unser größtes Problem. Vielmehr müssen wir wohl eines Tages in unserem Schritt innehalten, unsere Wunden vom Schmutz säubern und mit Alkohol oder Desinfektionsmittel versorgen. Mag
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