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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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die gemeinsame Trauer.
    Im Sommer der Weltmeisterschaft in Italien waren wir zwei und ein weiterer Freund zusammen durch Peking gezogen. Wir waren alle Argentinien-Fans, und in jener Nacht musste Argentinien ein entscheidendes Spiel gegen die damalige Sowjetunion bestreiten. Unglücklicherweise hatten wir bis zum Anstoß immer noch kein Lokal mit einem Fernseher gefunden, also hatten wir zusammengelegt und uns kurzerhand ein winziges Pensionszimmer gemietet und konnten dank einem kleinen Schwarzweißfernseher freudestrahlend den Sieg der Argentinier verfolgen.
    Jetzt, wo wir alle weit auseinander lebten und jeder einen eigenen Fernseher besaß, verloren die Argentinier. Damals hatten wir sogar noch siegesgewiss das Zimmer verlassen, bevor das Spiel zu Ende war.
    Heute bestreiten wir alle, so gut es geht, unseren Lebensunterhalt, und der Fußball ist immer noch unsere große Leidenschaft. Auch wenn wir uns viele Jahre nicht gesehen haben – bei der Niederlage unseres Favoriten vermissen wir den andern. Dann ist es Zeit, einmal kurz innezuhalten und mit dem alten Freund in Gedanken in die Heimatstadt zurückzukehren, die Erinnerungen an die Jugend Revue passieren zu lassen und mit einem Lachen festzustellen: Wir sind alt geworden.
    Jianxiangs berühmte Freudenschreie bei der WM 2006
    Vor der Fußball-WM 2006 wurde glücklicherweise entschieden, dass ich zu denjenigen gehörte, die in Deutschland über die WM berichten durften.
    Die Weltmeisterschaft war für den Sender eine wichtige Angelegenheit. Im Vorfeld der WM in Japan und Südkorea war ich bestimmt worden, zusammen mit Liu Jianhong und Huang Jianxiang die Fußball-Talkshow »Sanwei Liaozhai« (etwa »Die Dreierrunde«) auf die Beine zu stellen, deren Markenzeichen die rot-weiß-gelbe Farbe war.
    In der Geschichte von CCTV war wohl noch nie so kurzfristig ein Markenzeichen des Senders geschaffen worden wie im Fall dieser Sendung. Nach nur wenigen Folgen waren die Einschaltquoten um ein Vielfaches gestiegen. Die Sendung war im Nu fabriziert, entspannt und mit vielen Freiheiten. Es wurden jedes Mal drei oder vier Folgen auf einmal gedreht, jede dreißig Minuten lang, also wurde etwas über dreißig Minuten lang aufgenommen, dann hieß es: »Stopp«, und das Ganze wurde redaktionell bearbeitet und ausgestrahlt. Auf einige Themen einigten wir uns erst direkt im Aufnahmestudio. Das mag für manchen ein bisschen unprofessionell klingen, das war es aber keineswegs. Dahinter standen eine Fülle von Informationen und zwanzig Jahre sowohl eigener Fußballerfahrung als auch die Beobachtung und das Analysieren von Fußballspielen. Viel schwieriger war es, die lockere Atmosphäre während der Aufnahme und der Produktion hinzubekommen. Das erforderte großes Improvisationstalent, und man musste darauf achten, dass trotz aller Lockerheit die Fußballfans auf ihre Kosten kamen und gut durch die WM begleitet wurden. Ich erinnere mich, wie einer der heutigen Leiter des Senders, der damals nur einem Programmbereich vorstand, Ende 2002 zufällig auf mich stieß und meinte: »Immer wenn ich Zeit habe, sehe ich mir an, wie ihr drei plaudert.« Offenbar ist auch er ein eingefleischter Fußballfan.
    Im Jahr 2006 kamen wir drei also wieder zusammen und machten im Vorfeld der WM etliche Sendungen von »Sanwei Liaozhai«. Die Resonanz konnte sich sehen lassen – sicher auch deshalb, weil zwischen uns dreien sowohl in menschlicher als auch beruflicher Hinsicht ein gutes Einvernehmen herrschte. Wir gehörten alle demselben Jahrgang an, alle drei waren wir Fußballspieler und teilten viele Erfahrungen; in unserem gemeinsamen Programm konnte gar nichts schiefgehen. Damals dachte ich mir, wie es wohl wäre, wenn wir immer so weitermachen könnten, im Vorfeld jeder WM zusammen in »Sanwei Liaozhai« auftraten, bis wir alt und grau wären … Aber ich hatte nicht bedacht, dass die Veränderungen immer schneller sind als die Pläne und die Anrufe immer schneller kommen als die Veränderungen. Nichts ist vorhersehbar.
    Während der WM in Deutschland waren Liu Jianhong und ich in der Zentrale in München. Obwohl wir auch hinausgingen, um Interviews und Features zu machen, kamen wir doch fast jeden Tag zurück nach München und gesellten uns zur großen Truppe unserer Basis. Die Herausforderungen und Schwierigkeiten unserer Arbeit bekamen wir so problemlos in den Griff. Jianxiang und Duanxuan hatten es da schwerer, sie waren mit einer kleinen »Guerillatruppe« in den jeweiligen anderen

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