Sinnliche Stunden mit dem Fremden (Baccara) (German Edition)
spricht denn dagegen?“
„Dass ich keine Zeit habe.“
„Weil du Kühe durch die Gegend treiben und Ställe ausmisten musst? Um dir den Arm beim nächsten Mal gleich ganz zu brechen?“ Der Gedanke an ihre Verletzung machte ihn plötzlich unendlich wütend. Was für eine Familie ließ es zu, dass eine junge Frau nachts ganz allein am Straßenrand stand?
„Lass das“, warnte sie ihn.
Er umklammerte das Lenkrad und biss sich auf die Zunge. Es herrschte Schweigen. Wie konnte es sein, dass Abigail einerseits so blitzgescheit, andererseits aber so vernagelt war, wenn es darum ging, zu erkennen, was gut für sie war? Es war nicht zu übersehen, dass die Arbeit auf der Ranch sie erschöpfte. Ihre Augen wirkten müde, und sie hatte abgenommen. Doch im Augenblick musste Zach auf ihre Schmerzen Rücksicht nehmen. Deswegen verzichtete er auf eine Standpauke. „Tut mir leid, Abigail. Ich will dich nicht unter Druck setzen, aber ich würde mich sehr freuen, wenn du die Sachen in den Türmen durchgehst und mir ein paar Ratschläge für das Restaurant gibst.“
Sie warf ihm einen argwöhnischen Seitenblick zu. „Bist du nur so nett, weil ich blute?“
„Nein.“
Sie machte ein spöttisches Gesicht.
„Stell dir vor, ich kann auch einfach so nett sein“, schob er nach.
„Ich glaub dir kein Wort.“
„Wohl“, widersprach er in kindischem Tonfall.
„Du bist so was von gemein“, quengelte sie zurück.
„Halt die Klappe, du Schmuddelkind.“
Augenblicklich wurde sie wieder ernst und warf einen betroffenen Blick auf ihre schmutzigen Jeans. „Wo du recht hast, hast du recht.“
Sofort bekam er ein schlechtes Gewissen. Warum war er nur so gemein zu ihr? „Und außerdem bist du wunderschön“, fügte er hinzu.
„Du brauchst mich nicht mit Samthandschuhen anzufassen, Zach. So weh tut mein Arm dann auch wieder nicht.“
„Aber du bist wirklich wunderschön.“
„Und voller Motoröl.“
„Egal. Deine Art von Schönheit lässt sich nicht unter Motoröl verstecken.“
Sie verlagerte ihr Gewicht und stöhnte dabei leise auf. „Können wir aufhören zu streiten?“, fragte sie und tastete vorsichtig ihren Arm ab.
„Klar.“
„Ich meine es ernst, Zach.“
„Ich auch. Ausnahmsweise bin ich mal ganz deiner Meinung.“
Der Sanitäter hatte die Wunde mit ein paar Stichen genäht. Jetzt stand Abigail im Badezimmer von Zachs Suite im Schloss. Er hatte darauf bestanden, dass sie eine heiße Dusche nahm – und nun, wo sie sich im Spiegel sah, verstand sie auch, warum.
Ihr Haar war schmutzig und strähnig, auf ihren Händen und ihrem Gesicht prangten Ölflecken, und ihre Kleidung hing ihr wie Lumpen vom Körper.
„Wow“, flüsterte sie ihr Spiegelbild an. „Zach ist bestimmt extrem beeindruckt von deinem Styling.“
Dann schüttelte sie frustriert den Kopf. Ihre Situation war sowieso hoffnungslos, also warum kümmerte es sie überhaupt, wie sie aussah? Sie war nun mal ein Cowgirl, Zach stritt die ganze Zeit nur mit ihr, und außerdem hatte er es nicht einmal für nötig gehalten, ihr mitzuteilen, dass er wieder in der Stadt war. Sie lebten in verschiedenen Welten.
Trotzdem konnte eine Dusche nicht schaden. Sich in Selbstmitleid zu suhlen würde ihr nämlich auf Dauer auch nicht helfen.
Sie drehte den alten Duschhahn auf und schlüpfte aus ihren durchnässten Sachen. Vorsichtig wusch sie sich mit der gesunden Hand die Haare und seifte sich so lange ein, bis die Ölflecken verschwunden waren. Dann hüllte sie sich in Zachs riesigen, flauschigen Bademantel und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
„Sie wollte nicht, dass ich sie ins Krankenhaus bringe“, sagte Zach gerade in den Telefonhörer. Er saß mit Ozzy auf dem Schoß in einem Lehnstuhl. Stirnrunzelnd nahm Abigail auf dem Sofa neben ihm Platz. Mit wem redete er da?
„Heute Nacht ganz sicher nicht“, erklärte er.
„Wer ist das?“, formte sie lautlos mit den Lippen.
„Travis“, flüsterte Zach.
Entsetzt riss Abigail die Augen auf. „Was?“, stieß sie entsetzt hervor.
„Wollen Sie mit ihr sprechen?“ Zach lauschte der Antwort, dann sagte er: „Natürlich.“ Er reichte Abigail das Telefon. Ihr Telefon, um genau zu sein.
Sie warf ihm einen finsteren Blick zu und nahm das Handy an sich. „Travis“, begrüßte sie ihren Bruder betont fröhlich.
„Geht es dir gut?“, wollte er wissen.
„Ja, alles bestens.“
„Und dein Arm?“
„Nur ein paar Stiche, halb so wild.“
„Da bin ich ja erleichtert. Du wirst heute wohl nicht
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