Sinnliche Traeume auf Kyrene
Thorne hat so etwas angedeutet. Sie wollen ein volles Geständnis.“
„Die Wahrheit wäre vorzuziehen. Wir haben heute zwei gute Männer verloren. Mehrere sind verletzt, einer davon schwer.“ Zum ersten Mal senkte sie den Blick. „Das tut mir aufrichtig leid. Ich habe das nicht gewollt.“
„Vielleicht sind Sie so freundlich und erklären, warum Ihr Bruder meinen Tod wünschte.“
Venus rieb sich die wunden Handgelenke. „Ich glaube, Sie wissen, warum, Sir Gawain. Thomas hat immer auf Rache gesonnen.“
„Ich möchte Ihre Ansicht hören.“
Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Ganz einfach. Wir hassten die Wächter, aber am meisten hassten wir Sie, Sir Gawain. Wir waren erst Kinder, als Sie unsere Eltern getötet haben. Wir wurden in Heime geschickt und mussten unter grausamen Bedingungen schwer arbeiten. Sie nahmen uns alles: unsere Familie, unsere Zukunft, unsere Unschuld.“
Der alte Mann seufzte leise. „Ich bedauere den Tod Ihrer Eltern, Miss Venus. Aber Sie haben eine falsche Vorstellung von dem, was wirklich passiert ist. “
Ein bitteres Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. „Das sagte mir auch Lord Thorne. Wie es scheint, war mein Vater derjenige, der meine Mutter tötete, nachdem er uns alle als Geiseln genommen hatte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Sie müssen verzeihen, wenn es mir nicht leicht fällt, das zu glauben. Zwanzig Jahre lang habe ich etwas anderes geglaubt.“
„Trotzdem ist es die Wahrheit. Sie waren damals ein Kind, und ich kann verstehen, wenn Sie die Ereignisse falsch gedeutet haben. Aber bitte fahren Sie fort.“
„Thomas war alles, was ich noch an Familie hatte. Als er mich vor einem Leben voller Arbeit und Armut rettete, war ich mehr als bereit, ihm zu folgen.“
„Wie kam er auf den Gedanken, die Wächter auszulöschen?“ „Sein ganzes Leben lang hat er versucht, Ihre Identität zu erfahren. Doch erst als Sie vor vier Jahren London besuchten, erkannte er Sie als den Mann, der den Überfall leitete, der zum Tod unserer Eltern führte. Ein anderer Ihrer Feinde, ein Franzose, identifizierte Sie als Wächter. Daraufhin stellte Thomas französische Spione ein, um alles über Sie und die anderen Wächter zu erfahren, wo sie lebten, wie sie arbeiteten, wo ihre verletzlichen Stellen sein könnten.“
Sir Gawain legte die Fingerspitzen aneinander und presste sie an die Lippen, während er Venus nachdenklich betrachtete. „Erzählen Sie mir über diese französischen Agenten. Ich nehme an, es sind Bonapartisten?“
„Ja. Sie waren fast genauso versessen darauf, Sie zu zerstören, wie mein Bruder, da in vielen Fällen die Wächter daran schuld gewesen sind, dass sie ihre Ziele nicht erreicht haben.“ „Doch sie hatten keinen Erfolg, nicht wahr?“
„Weil Napoleon unerwartet geschlagen wurde. Nach seiner Abdankung im letzten April konnte Thomas nicht länger mit französischer Hilfe rechnen. Und Ihr Sitz auf dieser Insel hier machte es schwierig, an Ihre Geheimnisse heranzukommen.“ „Deshalb heuerte er letzten Herbst zwei Informanten an, die sich in die Gesellschaft unserer Insel einschleichen und unsere Identitäten herausfinden sollten? Darnelle und Peter Newham?“
Venus nickte. „Sie sollten eine Liste Ihrer Mitglieder aufstellen. Doch Thomas’ höchstes Ziel war, Sie zu töten, Sir Gawain.“ „Wie wurde Nathaniel Lunsford darin verwickelt?“
Wieder blickte Venus auf ihre Hände. „Er sah Thomas zufällig in Begleitung eines französischen Spions und begann, ihn zu überwachen. Ihm war bald klar, dass mein Bruder mit den Franzosen kollaborierte, und er sammelte Beweise, um ihn verhaften zu können.“
„Deshalb hat Ihr Bruder ihn getötet?“
„Ja.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.
„Und welche Rolle haben Sie bei all dem gespielt, Madame?“
Venus überlief ein Schauder, doch dann straffte sie die Schultern. „Meine Aufgabe war es, Nathaniel zu verführen. Um alles über die Wächter zu erfahren. Wir hatten ihn im Verdacht, einer zu sein, da er zuvor schon mehrmals nach Kyrene gefahren war.“ Venus schwieg. „Ich bedauere, dass ich mit Nathaniels Gefühlen gespielt habe.“
„Und welche Geheimnisse haben Sie erfahren?“, fragte der Baronet.
Mutig sah sie Sir Gawain in die Augen. „Ich brachte ihn dazu, mir von Kyrene zu erzählen und über seine Arbeit für das Außenministerium. Er sah darin kein Risiko, denn er wusste nicht, dass Thomas mein Bruder war. Dann machte Thomas den Fehler, meinen Club zweimal in einer Woche zu
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