Sinnliche Traeume auf Kyrene
indem er durch den Ausstellungsraum der Academy schlenderte. Seiner zugegebenermaßen laienhaften Meinung nach schienen Dianas Bilder die hier ausgestellten Werke, bis auf die einiger weniger Künstler, an deren Namen er sich erinnerte, zu übertreffen.
Als das Gespräch beendet war und Sir George und Diana sich wieder zu ihm gesellten, ergriff er die Gelegenheit, dem Präsidenten seine Meinung mitzuteilen. „Ich bin sicher, Sir George, dass Ihnen bewusst ist, was für ein außerordentliches Talent Miss Sheridan ist.“
„Gewiss, Mylord. Aber bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds spielen die unterschiedlichsten Überlegungen eine Rolle.“ „Hauptsächlich das Geschlecht des Bewerbers, vermute ich.“ „Bedauerlicherweise ja. Wir müssen bedenken, was unsere Sponsoren dazu sagen, wenn wir eine Frau in unsere Reihen aufnehmen. Wir werden aus privaten Quellen finanziert, müssen Sie verstehen.“
„Und dabei stehen Sie in lebhafter Konkurrenz zur Royal Academy. Ich denke, da könnte eine Frau doch von Vorteil sein.“
„Wie das, Mylord?“
„Überlegen Sie doch nur, was das für einen Wirbel machen wird. Miss Sheridans Einzigartigkeit könnte der Magnet für
Ihre Ausstellungen sein. Wie ich weiß, veranstalten Sie regelmäßige Schauen genau wie die Royal Academy.“
„Das tun wir, in der Tat. Wir sponsern Ausstellungen und Preisverleihungen. Und unsere Schule bietet Unterricht im Malen, Zeichnen, in der Bildhauerei und im ... äh ... Aktzeichnen an. Selbstverständlich würde Miss Sheridan daran nicht teilnehmen.“
Trotz seiner liberalen Ansichten über Künstlerinnen war Thorne ganz froh, dass Diana keine anderen nackten Männer malen würde.
Er lächelte Sir George herzlich zu. „Mein Vater, der Duke of Redcliffe, war ein enger Freund des verstorbenen Sir Joshua.“ Sir Joshua Reynolds, selbst ein ausgezeichneter Porträtist, war jahrelang Präsident der Royal Academy gewesen und hatte so das künstlerische Niveau in England entscheidend beeinflusst. „Doch selbst mein Vater pflegte zu beklagen, dass Sir Joshuas strenge Richtlinien die Kreativität erstickten.“
„Leider ist das wahr, Lord Thorne.“
„Ich bin sicher, dass unter Ihrer Leitung diese Academy aufgeschlossener sein wird als Ihre Konkurrenz und dass Sie in Bezug auf Miss Sheridan die richtige Entscheidung treffen werden.“
Sir George warf sich in die Brust. „Danke, Mylord. Und ich verspreche Ihnen, wir werden über Miss Sheridans Aufnahme mit gebührender Eile entscheiden.“ Er wandte sich zu Diana um und reichte ihr die Hand. „Ich hoffe, wir dürfen Ihre Bilder noch eine Zeit lang behalten.“
„Ja, natürlich“, stimmte sie ihm zu, bevor sie mit Thorne das Gebäude verließ.
„Ich danke Ihnen, dass Sie mich begleitet haben“, meinte sie, als sie wieder in seiner Kutsche saßen. „Sir George war ganz offensichtlich von Ihrem Interesse sehr beeindruckt. Durch Ihre Unterstützung wird man meine Bewerbung ernst nehmen.“ „Nachdem ich selbst gehört habe, wie er seine Vorurteile verteidigt hat, ohne Ihr Talent überhaupt zu beachten, kann ich Ihre Frustration noch besser verstehen.“
Diana biss sich auf die Lippen. „Ich habe mir geschworen, keine zu großen Hoffnungen zu hegen, aber es ist schon hart.“ „Ich könnte jederzeit ein Förderer werden und auf Ihre Aufnahme bestehen. Eine hohe Spende, um die richtigen Hände zu
schmieren, würde Ihnen die Aufnahme sichern. “
Sie lächelte ihn dankbar und auch etwas amüsiert an. „Ihr Angebot rührt mich,Thorne. Aber ich möchte lieber wegen meiner eigenen Verdienste angenommen werden. Es würde all meine Bemühungen zunichte machen, wenn die anderen Künstler glauben, dass ich nur mithilfe von Bestechung aufgenommen wurde.“
„In Ordnung“, räumte Thorne ein. „Aber ich darf immer noch überlegen, ob ich nicht doch Förderer werde. Ich glaube, mein Vater würde aus der Haut fahren, wenn er erführe, dass ich die Konkurrenz unterstütze. “
Diana sah ihn neugierig an. „Haben Sie diese Geschichte von Ihrem Vater und Sir Joshua erfunden? Dass Ihr Vater ihm Ratschläge erteilte?“
„Ich habe sie vielleicht ein wenig ausgeschmückt.“
Diana schüttelte empört den Kopf. „Sie sind absolut unmöglich!“
„Das habe ich auch nie geleugnet, meine Liebe“, erwiderte Thorne unbekümmert, auch wenn er in Wahrheit alles andere als unbekümmert war. Er ärgerte sich immer noch über Sir George.
Sollte sie nicht zugelassen werden, dann musste er eben
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