Sinnliche Versuchung in Italien
allerdings von der Furcht gedämpft, sie könnte einen Fehler begehen, wenn sie es zu sehr genoss, mit Lucca zusammen zu sein. Er bedeutete ihr schon viel zu viel.
„Schmeckt dir der Fisch nicht?“, fragte er, nachdem die Bedienung ihnen das Essen gebracht hatte, und betrachtete sie.
„Doch, sogar sehr gut.“
„Warum siehst du dann so … besorgt aus? Du bist doch sicher seit der Scheidung schon mit anderen Männern ausgegangen, oder?“
„Nur aus beruflichen Gründen.“
„Fällt es dir deshalb auch so schwer, dich zum Bleiben zu entschließen? Außerdem werde ich das Gefühl nicht los, dass du befürchtest, bei meinem Vater an Ansehen zu verlieren, wenn du einwilligst. Stimmt das?“
„Es geht mir nicht nur darum, sondern auch um dich. Ich habe euch beide schätzen gelernt.“
Schätzen gelernt? Natürlich war es schön, von Annabelle geachtet zu werden, aber irgendwie klang ihm das zu emotionslos. Er schaute ihr in die blauen Augen, die jetzt fast violett wirkten, so wie immer, wenn etwas sie sehr bewegte. Doch was war es?
Er hätte gern nach dem Essen mit ihr getanzt. Doch die Ärzte hatten ihm körperliche Anstrengungen für die nächste Zeit ausdrücklich verboten. Das war ausgesprochen ärgerlich, denn er sehnte sich danach, sie in den Armen zu halten. Seit jener schmerzvollen ersten Nacht, in der er sie gezwungen hatte, sich neben ihn zu legen, war er von dem Gedanken geradezu besessen.
Sie roch so gut. Besser als alle Blumen, die er kannte. Sie hatte einen ganz eigenen Duft. Damals auf dem Rücksitz des Wagens war er ihm regelrecht zu Kopf gestiegen. Allein dieser Duft erregte ihn und löste ein unstillbares Verlangen in ihm aus.
Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er auch Eifersucht, und immer wieder quälte ihn die bange Frage, ob ihr Herz noch immer an ihrem Exmann hing. Auch irritierte ihn sein Bedürfnis, sie vor Leid und Verletzungen zu bewahren. All das kannte er von seinen früheren, eher oberflächlichen Beziehungen zu Frauen nicht. Annabelle hatte ihn offenbar verhext.
Er schob den Stuhl zurück und stand auf, und sie folgte seinem Beispiel.
„Hast du Schmerzen?“
Ja, die hatte er tatsächlich. Aber mit denen im Bein konnte er wenigstens fertig werden. „Stell dir vor, ich habe meine Pillen vergessen. Ich muss mich wohl zu sehr auf den Ausflug mit dir gefreut haben.“
Ihr stieg Röte in die Wangen. „Dann lass uns schnell zurückfahren.“
Sie ging vor, weil Lucca die Rechnung noch bezahlen musste, aber ihm blieb nicht verborgen, dass ihr die Männer nachschauten. So ein langbeiniges Geschöpf mit weiblichen Rundungen und weißblondem Haar erregte nun einmal Aufsehen.
Diesmal öffnete sie ihm wieder die hintere Wagentür und schloss sie erst, nachdem er sein Bein bequem ausgestreckt hatte, dann stieg sie selbst ein. Wie eine Krankenschwester behandelte sie ihn. War er denn für sie nichts weiter als ein Patient?
Die Rückfahrt dauerte nicht lange und verlief schweigend. In seinem Haus angekommen, nahm Lucca in der Küche sogleich eine Tablette ein, während Annabelle auf dem Weg zu ihrem Zimmer war.
„Ich habe den Tag sehr genossen“, rief er ihr hinterher.
Sie drehte sich zu ihm um. „Ich auch.“
„Mein Vater hat mir übrigens geraten, dich wie eine Prinzessin zu behandeln, denn er hält dich für eine. Mit anderen Worten, es ist ihm recht, wenn du hierbleibst. Er hält große Stücke auf dich, und er vertraut mir.“
Sie lächelte. „Merkwürdigerweise tue ich es bezüglich deiner Person auch.“
Er runzelte die Stirn. „Trotzdem schockiert es dich hoffentlich nicht, wenn ich dir gestehe, dass mich meine Gefühle für dich ein bisschen beängstigen. Buona notte .“
Annabelle lehnte sich an die geschlossene Schlafzimmertür und presste sich die Hände aufs Herz. Lucca … An diesem Tag hatten seine Blicke sie in Brand gesetzt, und wenn er sie wie vorhin im Restaurant berührte, als er sie zum Tisch geführt hatte, war sie wie elektrisiert.
Falls ich jetzt bei ihm bleibe, werde ich nie wieder fortgehen wollen, dachte sie. Nicht nur, weil er noch nicht wieder gesund war und Hilfe brauchte. Deshalb beschloss sie, am nächsten Morgen, wenn Lucca noch im Bett lag, ihre Sachen zur Pension zu bringen. In ausgeruhtem Zustand würde er einsehen, dass es so am besten war.
Sie schlief schlecht und schreckte gegen sieben Uhr durch ein Geräusch auf. Wahrscheinlich hatte Lucca kein Auge zugetan und bereitete sich in der Küche Zitronentee zu.
Da war es wieder.
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