Sinnliches Erwachen
brächte, würde er eine Gelegenheit finden, diese Sirena auszuquetschen. Sie war keine Nefas, und sie war kein Dämon, aber irgendetwas war sie. Und wenn sie Nicola hasste, könnte sie für seinen Vater arbeiten.
Im Moment musste Koldo jeden verdächtigen.
Axel kam zu ihm spaziert und klopfte ihm auf die Schulter. „Schön, dass du lange genug die Finger von deinem Möpse-Mädel lassen konntest, um hier aufzukreuzen.“
„Nenn sie noch einmal so und ich schneide dir das Herz aus der Brust und schenke es ihr als Trophäe.“ Während er sprach, entdeckte er Malcolm und Magnus.
Die zwei sahen asiatisch aus. Malcolm hatte dunkles Haar, das er an den Spitzen grün gefärbt und zu einem Irokesen aufgestellt trug. Seine Augen waren so hell, dass sie fast weiß wirkten, und auf den Hals hatte er Knochen tätowiert.
Magnus sah so seriös und gepflegt aus, dass er auch als menschlicher Geschäftsmann hätte durchgehen können. Na ja, wenn es menschliche Geschäftsmänner mit zwei Meter zehn Körpergröße und hundertfünfzig Kilo Muskelmasse gäbe.
Axel wischte die Drohung mit einer Handbewegung fort. „Darf ich dir empfehlen, mir dazu auch noch die Haut abzuziehen?“
Was sollte man zu einem solchen Mann noch sagen?
Sein Blick landete auf Thane. Grüßend nickte der Krieger ihm zu.
Stirnrunzelnd blickten Björn und Xerxes auf, die Stufen hinauf … zu Zacharel, der gemeinsam mit den anderen sechs Elitekriegern auf die Empore trat.
Es waren vier Männer und drei Frauen, und jeder von ihnen stand für eine von Germanus’ Armeen. Auch wenn sie alle die gleichen goldenen Flügel hatten, war das die einzige Ähnlichkeit zwischen ihnen.
Der blonde, dunkeläugige Lysander trat vor und hob die Hände, und augenblicklich wurde die Menge still. Mit ernster Miene, ohne einen Funken Emotion, sagte er: „Es schmerzt mich, dass ich euch eine schlimme Nachricht überbringen muss, aber die Zeit ist gekommen. Ihr müsst die Wahrheit erfahren. Ihr müsst wissen, dass unser König … Unser König ist tot.“
In Koldos Kopf drehte sich alles. Er war sich nicht sicher, wie viel Zeit verstrichen war, seit Lysander seine Nachricht verkündet hatte, nur, dass tatsächlich Zeit vergangen war. Schreie der Verneinung und Verzweiflung waren laut geworden, und im Taumel der Emotionen hatte sich Chaos ausgebreitet. Prügeleien waren ausgebrochen, Gesandter gegen manischen Gesandten. Tränen waren geflossen und die Zukunft ihrer Art beweint worden. Irgendwann hatten sich die Dinge so weit beruhigt, dass die Zusammenkunft hatte weitergehen können. Zum Ende war eine nach der anderen Armee davongeflogen. Alle außer der von Zacharel.
Zacharel hatte ihnen befohlen, zu bleiben, also waren sie geblieben.
Koldo tigerte auf und ab, sein Körper lief praktisch auf Autopilot. Sein Anführer … ihr König … Germanus … war tot. Tot.
Für immer fort.
Niemals hätte er zulassen dürfen, dass sein Zorn seine Zuneigung zu diesem Mann überschattete und ihn vom Tempel fernhielt. Und nicht bloß Zorn, sondern auch Reue. Er hatte gewusst, dass Germanus nicht gutheißen würde, was er mit seiner Mutter vorhatte, und hatte dem Mann keine Gelegenheit geben wollen, seinemMissfallen Ausdruck zu verleihen und Koldo von seinen Taten abzuraten.
Jetzt würde er nie wieder Gelegenheit haben, mit dem Gesandten zusammenzusitzen, der ihn aufgenommen und genährt hatte, und seine vielen weisen Worte in sich aufzusaugen.
Nach allem, was Koldo in seiner Kindheit durchgemacht hatte, war es Germanus gewesen, der ihm Hoffnung für die Zukunft geschenkt hatte. Und jetzt war sein Leib nichts als Staub, sein Geist in den obersten Himmelreichen, an der Seite des Höchsten.
Wann um alles in der Welt war das … geschehen? Die Antwort kam ihm, noch bevor er die Frage zu Ende formuliert hatte. Das Beben in Nicolas Büro, dachte er. Zu jenem Zeitpunkt hatte er vermutet, es wäre eine Art isoliertes Erdbeben. Aber nein. Ein großes und mächtiges Wesen war gestorben, und die gesamte Welt hatte es gespürt.
Doch Koldo hatte es nicht gewusst, nicht einmal geahnt. Hatte weitergemacht, als wäre alles in bester Ordnung.
Zacharel winkte seine Soldaten zu sich. Gemeinsam traten sie auf ihn zu, und Koldo kämpfte um Beherrschung.
„Wir hatten vor, diese Nachricht allen Armeen zugleich zu überbringen, aber nach der heftigen Reaktion auf unseren ersten Tagesordnungspunkt … Nun ja.“ Zacharel räusperte sich. „Ich möchte, dass ihr wisst, dass der Höchste uns nicht
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