Sintflut (German Edition)
beiden waren zusammen, Max und mich hat es auseinander gerissen, auch wenn hoffentlich alles nur ein Missverständnis ist. Ich fühlte mich ihm entfremdet und schlimmer als das, was ich hier noch erleben konnte, wäre für mich das Gefühl, morgen in ein stilles Haus zu kommen und allein dort herumzusitzen.
»Setz dich zu mir«, sagt Paula und legt einen Arm um meine Schulter. Akan geht zum Fenster und schaut auf den Hof hinaus. »Als ich nach Rumänien kam«, beginnt sie, »war ich zuerst an der Donau und am Schwarzen Meer. Ich stöberte herum, verbrachte viel Zeit mit dem Studium alter Karten und Berichte. Mein Forschungsprojekt ist so angelegt, dass ich mir zuerst einen Überblick verschaffe. Erst danach wollte ich mit dem ganzen Behördenkram beginnen.«
Jemand klopft an die Haustür. Akan geht hinaus und spricht leise mit dem Besucher, der an der Schwelle stehen bleibt. Mir fällt aus irgendeinem Grund Birguls Datei ein. Ich muss unbedingt Paula davon erzählen, aber erst mal will ich alles wissen, was sie mir zu sagen hat.
»Eines Tages«, fährt Paula fort, »stieß ich auf den Bericht eines rumänischen Kollegen, der sich mit der kulturellen Hinterlassenschaft der Hamangia-Kultur beschäftigte. Dieser Bericht führte mich nach Tirgu Neamt. Ich sah mir die Grabungsplätze in der Umgebung an, auch Tirpesti, wo die Nachahmung des Denkers gefunden wurde.«
Akan kommt zurück. »Heute Abend«, raunt er Paula zu.
»Ich wollte schon abreisen, da lernte ich Akan kennen. Nicht zufällig, wie ich später erfuhr. Meine Anwesenheit hatte sich herumgesprochen und er sollte mit mir Kontakt aufnehmen. Am nächsten Tag zeigte er mir etwas völlig Unerwartetes. Plötzlich war ich wie Kolumbus, der Indien sucht und dabei Amerika entdeckt. Ich sah das Ende vom Anfang. Ein Anfang, der weit zurückreicht. Das achte Weltwunder hat die längste durchgehende Geschichte, die es gibt. Du wirst es noch heute sehen, jetzt wo du hier bleiben willst.«
Sie will nichts weiter verraten. Also frage ich sie nach dem Grund für das Versteckspiel, das sie seit ihrem Brief inszeniert hat.
»Ich blicke da mittlerweile selbst nicht mehr durch«, regt sie sich auf. »Anfangs interessierte sich niemand für Hamangia. Mein Chef nicht, Martin Fleischmann nicht, von der Presse ganz zu schweigen. Martin zum Beispiel wusste, wo ich war, weil ich immer Berichte schickte, auch an ihn. Aber es war ihm egal, bis du ihm das Foto gezeigt hast. Als du Richtung Norden fuhrst, wusste er natürlich, dass du nach Tirgu Neamt wolltest.«
»Und die Journalisten?«
»Irgendjemand schickt Pressemitteilungen über meine Arbeit herum.«
»Und was steht da drin?«
»Das weiß ich nicht, ich habe nie eine gelesen. Hans Dietzendorf hatte sie alle und wollte sie mir schicken, aber er kam wohl nicht mehr dazu. Was auch immer drinsteht, es brachte die Journalisten auf die Idee, ich hätte einen sagenhaften Schatz entdeckt. Das habe ich ja auch, aber keinen aus Gold und Edelsteinen. Doch genau das denken alle. Was hat der Verfasser der Pressemitteilungen davon? Ich weiß es nicht. Was mich betrifft: Ich lege keinen Wert auf Publicity. Das tun nur Archäologen, die ganz groß rauskommen wollen.«
Sie schaut zu Akan, doch der steht mit dem Rücken zu ihr am Fenster und scheint mit den Gedanken woanders zu sein.
»Was ich auch nicht verstehe«, sage ich nach einer Weile, »ist, warum ich ausgerechnet nach Norden fahren sollte, um die anderen abzulenken. Das war doch genau deine Richtung.«
»Die hätten sowieso erfahren, wo ich bin«, antwortet Paula grimmig. »Aber ich wollte ihre Aufmerksamkeit auf Tirpesti lenken. Akan hatte da einiges vorbereitet. Weit mehr als das Saufgelage bei seiner Tante. Doch dann passierte die Sache mit Anna. Den Rest kennst du ja.«
»Und was ist mit Fleischmann?«, frage ich Paula, doch Akan antwortet.
»Der ist untergetaucht. Er hatte sich spontan entschlossen, den Kongress zu besuchen. Vermutlich gleich, nachdem er das Foto gesehen hat. Seine Anmeldung stammt vom 17. Juli. Das war doch der Tag, an dem du bei ihm warst, oder nicht?«
Akan, der Schnüffler. Woher weiß er, wann sich Fleischmann angemeldet hat und wann ich bei ihm gewesen bin? Von mir jedenfalls nicht.
»Und wer hat Hans Dietzendorf auf dem Gewissen, du und irgendwelche Freunde, die dir noch einen Gefallen schulden?«, versetze ich bissig, weil mir sein Verschwörergetue immer mehr auf die Nerven geht.
»Wir haben ihm nichts getan. Warum auch? Paula hatte eine
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