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Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe

Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe

Titel: Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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damit auf die Bartstoppeln an, die dem Plakat gewachsen waren. Womöglich wollte sie Frau Kapfs Kindern die Schuld dafür zuschieben, dass der mutierte Gerstschneider noch dastand! Während Frau Kapf sich überlegte, ob sie den Bürgermeister eigenhändig wegräumen und zu Brennholz verarbeiten sollte, fing Frau Tritschler wieder mit dem Kehren an. Links und rechts, hin und her …

9
    Melanie pfiff darauf, ob Werner sie anfahren würde. Sie ließ die Äpfel Äpfel sein und setzte sich mitten in die Wiese. Was er ihr erklärt hatte, hatte überraschend viel Sinn gemacht. Sie selbst hatte ihr Erlebnis in der Erinnerung immer und immer wieder mit einem Film verglichen: Dieses verfremdete Licht – die knisternden Hintergrundgeräusche – die unwirkliche Atmosphäre, als wäre die Welt nicht materiell, sondern ein wildes Durcheinander von Licht, Klang und Elektrizität, flirrend, vibrierend, voller Energie.
    Und nun bestätigte Werner das, was sie schon immer so empfunden hatte, mit Sir Darrens Theorie. Das Mysterium hatte also nicht erst mit ihrem Erlebnis begonnen. Der Auslöser dafür hatte schon viele Jahre lang auf Falkengrund bestanden!
    Sie ordnete ihre Gedanken: Der Geist des Lorenz von Adlerbrunn wütete im Schloss, tötete vier Filmemacher, und der Energieausbruch, der seine Erscheinung begleitete, tat etwas mit dem Film in der laufenden Kamera. Veränderte das Medium. Dehnte es, erweiterte es, blies es sozusagen auf, bis der Film nicht mehr nur ein Trägerstoff zur Aufzeichnung von Bild und Ton war, sondern auch die Seelen zu konservieren begann und eine eigene Wirklichkeit aufbaute.
    Sie wusste, dass es in sogenannten primitiven Gesellschaften vielfach den Glauben gab, durch eine Fotografie würde dem Abgelichteten die Seele ausgesaugt. Im weitesten Sinne war so etwas geschehen. Ein neues Jenseits war entstanden. In dieses Jenseits war auch sie hineingerutscht, auf welche Weise auch immer.
    Und wieder daraus zurückgekehrt, als sie vom Notarzt reanimiert wurde.
    Sie fühlte, wie sich die Härchen an ihrem Körper aufstellten.
    „Du hast etwas erlebt, was kein Mensch vor dir erleben durfte“, sagte Werner, der nachzuempfinden schien, was in diesen Momenten in ihr vorging. „Verstehst du, was dieser Film ist? Er ist nicht einfach nur ein rätselhaftes Stück Zelluloid. Er ist etwas vollkommen Neues, eine Art der Existenz, die es vermutlich nie zuvor gab, nicht auf diesem Planeten, vielleicht nirgends in diesem Universum. Wir wissen fast nichts darüber. Ihm könnten enorme Kräfte innewohnen, er könnte eine Gefahr darstellen oder einen Segen. Sir Darren sagte einmal, wenn man den Gedanken auf die Spitze treibt, könnte dieser Film eine tödliche Bombe sein – oder ein Heilmittel gegen den Tod, wie wir ihn kennen. Rein theoretisch könnte er eines Tages das Diesseits leersaugen … oder das Tor zum Jenseits verschließen.“
    Melanie lachte hysterisch, als die Vorstellung sie überwältigte. „Dann war sein Diebstahl eine Katastrophe …“
    „Vielleicht. Aber das glaube ich nicht. Vermutlich wissen die Leute, die den Film jetzt haben, auch nicht mehr darüber als wir. Wenn selbst eine Koryphäe wie Sir Darren nicht recht schlau daraus wurde … Und wir haben noch einen Vorteil. Wir haben dich, Melanie!“
    „Ich habe alles erzählt, woran ich mich erinnern kann.“
    „Mag sein. Aber denk an diesen Raum mit den schwebenden weißen Menschen, den du gesehen hast! An seiner Deutung muss noch gearbeitet werden. Da wir sicher sein können, dass du nicht geträumt hast, ist die Existenz dieser Wesen praktisch gesichert – wer immer sie sein mögen, sie waren keine Illusion.“
    Melanie schloss kurz die Augen, um die Bilder noch einmal heraufzubeschwören. Sie fühlte sich ein bisschen wie jemand, der einen Schritt davor stand, die Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln, und dennoch wusste, dass es ihm nie gelingen würde, diesen letzten Schritt zu gehen. „Ich dachte an Engel oder an Außerirdische. Im Nachhinein kommt mir das ziemlich lächerlich vor.“
    Werner setzte sich ihr gegenüber ins Gras. Wieder schirmte er seine Lippenbewegungen mit der Hand ab. „Das ist noch etwas.“
    „Ich beginne … zu verstehen“, sagte sie. Jetzt fiel es ihr auf. Er versteckte sich nicht vor Beobachtern im Garten. Er verbarg seinen Mund vor ihr – Melanie! Deshalb hatte er gewollt, dass sie arbeitete und sich mit den Äpfeln beschäftigte, anstatt ihn anzusehen, während er mit ihr sprach!
    „Vergiss nicht,

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