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Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe

Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe

Titel: Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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war der Chauffeur aus dem Wagen gestürzt und griff ein. Er zog an Herrn Paulsens Beinen, doch dieser hielt sich an dem Mann auf dem Rücksitz fest. Viel Stöhnen, Ächzen und Fluchen war zu hören, und nach einer halben Minute hatte der Chauffeur den Angreifer und mit ihm auch den Angegriffenen auf die Straße gezerrt.
    „Seht ihn euch an!“, brüllte Herr Paulsen. „Seht ihn euch an!“
    Der Chauffeur ließ Herrn Paulsens Beine los und half dem Mann, der auf dem Rücksitz gesessen hatte, eilig wieder zurück ins Auto. Dazu musste er wohl oder übel Herrn Paulsen loslassen. Dieser nutzte seine Chance und stolperte auf das Haus zu, vor dem noch immer das Wahlplakat stand, auf dem Walter Gerstschneider mit einem Teufelskopf versehen worden war. Er zog die Flasche aus seinem Mantel, öffnete den Verschluss und bespritzte das Poster mit dem Inhalt. Als nächstes trat er einen Schritt zurück, entzündete ein Streichholz und warf es in die Richtung des Plakats, das sich sofort in einen Feuerball verwandelte.
    Heiße Luft traf die Umstehenden, und alle wichen sie zurück. Aus dem Fond der Limousine erklang ein nicht enden wollender Schmerzensschrei, als würde jemandem am lebendigen Leib die Haut vom Körper gezogen.
    Hastig sprang der Chauffeur hinters Steuer, startete den Wagen und gab Gas. Seltsame Lichtreflexe waren auf den Scheiben des sich entfernenden Autos zu sehen, und wenn es nicht unmöglich gewesen wäre, hätte man beinahe glauben mögen, da komme auch Feuerschein aus dem Wageninneren.
    Herr Paulsen wurde später wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und versuchter Brandstiftung verurteilt. Zu einer Inhaftierung kam es nicht mehr, da ein ärztliches Gutachten ihm Schuldunfähigkeit bescheinigte und er auf Lebenszeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht wurde. Im Gerichtssaal hatte er gerufen: „Er hatte eine Teufelsfratze als Gesicht! Mit Hörnern!“ Das ließ den Fachärzten keine Wahl.
    Die Menschen, die das Geschehen verfolgt hatten, konnten seine Aussage natürlich nicht bestätigen. Es war zu dunkel gewesen, um etwas zu erkennen, und außerdem hatten sie Herrn Paulsens Worte „Seht ihn euch an!“ als Aufforderung verstanden, sich den Chauffeur näher zu betrachten. Dieser fungierte gleichzeitig als Leibwächter und war ein ausgesprochen schmucker, gut gekleideter und muskulöser junger Mann, der sich den umstehenden Frauen deutlich eingeprägt hatte.
    Bürgermeister Walter Gerstschneider, der sich tatsächlich im Fond des Wagens befunden hatte, hatte einige leichte Verbrennungen erlitten. Sie konnte sich niemand so recht erklären. Wahrscheinlich war, dass er etwas von dem Brennspiritus abbekommen hatte, den Herr Paulsen über dem Plakat verspritzt hatte. Eine Menge Fotos von ihm zierten in den folgenden Wochen die Zeitungen. Der Heilungsprozess seiner verbrannten Haut wurde ausführlich dokumentiert, und – überflüssig zu erwähnen – auf keinem der Fotos hatte der gute Bürgermeister eine Teufelsfratze.
    Frau Kapf war durch und durch glücklich, als die merkwürdigen okkultistischen Schriften des Herrn Paulsen aus dem Keller des Hauses entfernt wurden und wenig später ein begnadigter Häftling bei ihr einzog.

    ENDE DER EPISODE

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Nr. 38 -

Engel, Gift und finstre Diebe

1
    Der Mond war ein weißes rundes Loch im Himmel. Er führte wie ein Tunnel in das strahlende Reich, das hinter dem Schleier der Nacht wartete. Verliebte wagten einen Blick durch diese Öffnung, Poeten beschrieben, was sie sahen (und mehr noch was sie nicht sahen), und Wölfe ließen ihren heulenden Ruf erklingen, in der Hoffnung vielleicht, dass eine Antwort aus der hell erleuchteten Welt hinter der Nacht an ihre aufgerichteten Ohren dringe.
    Für die vermummte Gestalt, die lange nach Mitternacht unterwegs war, stellte das Loch im Himmel ein Ärgernis dar. Den Pfad hätte sie auch ohne das Licht gefunden, das es spendete, und die Möglichkeit, dass jemand ihren Weg kreuzte, wäre in einer Nacht, in der der Himmel hermetisch verschlossen war, geringer gewesen. Der Vollmond lockte Gestalten nach draußen, die die Nächte gewöhnlich in den Häusern verbrachten.
    Die Gestalt zählte leise. Sie entfernte sich genau 343 Schritte von der Festung, in östlicher Richtung. Sieben mal sieben mal sieben Schritte – diese Entfernung markierte ein Gebiet, außerhalb dessen man selbst die machtvolle Aura des Wesens nicht mehr spüren konnte, mit dem sie sich verabredet hatte. Auf Valkynguur lebten eine

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