Siras Toten-Zauber
Mandras Bemerkung anhalten.
»Weißt du nun Bescheid, John?«
»Ich schätze.«
Mandra sprach hastig auf Tarita ein, und ich wollte wissen, was er ihr gesagt hatte.
»Daß sie die Hütte hier nicht verlassen soll.«
»Okay.«
»John, wir müssen damit rechnen, daß Sira ihre Warnungen und Versprechen in die Tat umsetzt. Die Menschen hier spüren es bereits. Da muß sich etwas verändert haben. Der Stimmenwirrwarr ist verschwunden. Es kann sein, daß die Slums bereits unter einer fremden Kontrolle stehen.«
»Dann schauen wir nach.« Diemal war ich der erste, der die Hütte verließ.
Ja, es hatte sich etwas verändert. Zum Guten? Nein, so kam es mir nicht vor.
Die Slums waren tot!
Es fehlten die Stimmen, das Rufen, das Schreien und auch das Lachen der Kinder. Innerhalb kurzer Zeit war dieser Teil der Stadt zu einem geisterhaften Ort geworden.
Über uns stand der Himmel wie ein graues Gemälde. Darunter trieb der Schall aus Bangalore her wie ein ewiges Brausen, das auch in der Nacht nicht verstummte.
Die Feuer loderten. Ihr Knistern, ihr leises Fauchen und auch das Rauschen des Flusses drang noch stärker in unsere Ohren. Nur keine Stimme. Nicht daß die Menschen ihren Wohnbereich verlassen hätten, sie waren einfach nur in den Hütten verschwunden. Es gab wenige, die noch im Freien standen.
Sie kamen mir vor wie eingefrorene Gestalten, die etwas Künstliches an sich hatten, als wäre das Leben für sie nicht mehr von Bedeutung. Ich richtete den Blick gegen den Himmel.
Blaß und fahl leuchtete der Mond. Er stand dort zwischen den Wolkenstreifen wie ein Wächter, als wollte er auf die Welt achtgeben, daß ihr nichts geschah.
»Sie sind da«, murmelte Mandra Korab neben mir. »Aber wir können sie nicht sehen.«
»Sprichst du von Geistern?«
»Nein.« Er stieß mich an. »Komm mit, John. Wir werden dorthin gehen, wo ihr Platz eigentlich sein müßte. Die Feuerstelle, der Ort der Verbrennung. Nur da kann es passieren.«
Unseren Weg verglich ich mit einem Spießrutenlauf. Es war niemand da, der uns ansprach. Wir wurden nur angeschaut, aber Blicke sagen oft mehr als Worte.
Angst, Zorn, auch Wut über ihr Schicksal lagen in den Augen. Die Gesichter sahen aus wie graue Masken, in denen kaum die blassen Lippen auffielen. Niemand sprach. Wir gingen durch den Dreck dorthin, wo der Platz der Verbrennung war.
Noch loderte kein Feuer. Wenn dem so gewesen wäre, hätten wir es sehen müssen.
Mandra hatte es eilig. Er ging so schnell, als käme es ihm auf jede Sekunde an.
In den feuchten Dreck hineingewühlt hatte sich eine Ratte. Fast wäre ich noch auf sie getreten. Im letzten Augenblick verschwand sie mit einem schrillen Kreischen. Von einem freien Platz konnten wir in dieser Enge wahrscheinlich nicht sprechen. Dennoch stand dieses verfluchte Gerüst relativ allein, im unteren Teil umgeben von den Resten, die das Feuer zurückgelassen hatte.
Wir sagten im ersten Augenblick kein Wort, als wir die dunkle Gestalt sahen, die auf das Gerüst kletterte. Sie erinnerte mich an einen sich bewegenden Schatten, bei dem nur die Ränder einigermaßen scharf nachgezeichnet waren.
Die Form der Waffe konnte ich erkennen. Der Bogen klemmte um seine linke Schulter, und hinter dem Rücken ragte der mit Pfeilen gefüllte Köcher in die Höhe.
Das war nicht alles.
Als sie eingetroffen waren, da hatten sie so wenig Geräusche wie möglich verursacht. Sie selbst hatten nicht zu gehen brauchen, sie waren geritten und mußten die Hufe der Pferde umwickelt haben. Zu dritt standen sie an verschiedenen Seiten des Verbrennungsplatzes. Nur unsere lag frei.
Und der vierte Mann legte soeben sein Opfer auf den hohen Verbrennungsrost. Der Körper sollte auf dem Rücken liegen, drehte sich aber zur Seite, und wir konnten erkennen, wer den Tod durch Verbrennen erleiden sollte. Es war Kasma!
Noch loderte das Feuer nicht, aber es würde nicht mehr lange dauern, denn der vierte Bogenschütze machte sich bereits auf den Rückweg. Er übersprang das feuchte Brennmaterial unterhalb des Gestänges, kam auf, sah uns und griff zur Waffe.
Im gleichen Augenblick loderte die erste Fackel auf, die der Mann schleudern wollte…
***
Die Welt war nicht für immer und alle Zeiten untergegangen. Irgendwann erwachte Suko wieder, aber er befand sich in einer Umgebung, die ihm völlig fremd war.
Erhellt wurde sie von geheimnisvoll leuchtenden Glimm-oder Glühlampen, die sich innerhalb eines hohen Raumes verteilten, dessen Boden aus Stein bestand.
Er
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