Siras Toten-Zauber
Nase und meinen Magen kaum geeignet. Die Luft hing voll mit Staub, in dem sich unzählige Bakterien austobten.
»Leider müssen wir mitten hinein«, sagte Mandra, als wollte er sich entschuldigen. »Dabei hätte Kasma es nicht nötig gehabt, hier zu leben. Aber er wollte es. Er ist so etwas wie ein Missionar, er kämpft für die Rechte der Armen und Unterprivilegierten. Schon oft genug hat er sich mit den Behörden der Stadt herumgestritten, ohne einen Erfolg verbuchen zu können. Es änderte sich nichts.«
Hände klatschten gegen unseren Wagen. Hinter dem Jeep lief eine Schar barfüßiger und in Lumpen gekleideter her. Dennoch kamen mir viele Menschen vor, als hätten sie zwar alles verloren, aber ihre Würde noch behalten.
Von Straßen und Wegen konnte man nicht sprechen. Zwischen den Baracken existierten einige Zufahrten, Querwege, die irgendwann im Nichts endeten, auf einer Halde oder einfach hinausführten zu den anderen Gebieten und Vororten von Bangalore.
Dort herrschte auch zu dieser Zeit noch Verkehr. Die Fahrzeuge, die in den Slums standen, ließen sich allesamt nicht bewegen. Es waren rostige, ausgeschlachtete Wracks.
Bevor Mandra anhielt, nickte er. »Überlaß mir alles, John. Ich kenne mich aus.«
»Okay.«
Mein Freund hatte kaum gestoppt, als der Jeep von zahlreichen Kindern und auch Erwachsenen umringt wurde. Die Kinder redeten auf uns ein. Sie wollten fühlen, tasten, bis Mandra Korab ein Machtwort sprach. Was er sagte, konnte ich nicht verstehen, und Worte allein reichten in diesem Fall auch nicht aus. Es mußte schon eine besondere Persönlichkeit erscheinen, eine mit Ausstrahlung, z.B. Mandra Korab. Er überragte die meisten Menschen. Er redete mit lauter, sonorer Stimme und unterstrich manche Sätze durch entsprechende Bewegungen seiner Arme und Hände.
Womit ich beim Anhalten nicht gerechnet hatte, trat ein. Die Menschen gehorchten den Worten des Mannes. Sie schwiegen, sie zogen sich nicht zurück, aber sie blieben ruhig.
»Wie hast du das denn geschafft?« fragte ich.
Mandra Korab hob die Schultern. »Ich habe nur mit ihnen gesprochen und ihnen erklärt, daß diese Nacht nicht gut für sie ist. Sie steckt voller Geheimnisse und geisterhafter, nicht sichtbarer Wesen. Danach haben sich die Menschen gerichtet.«
»Für was halten sie dich?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht für einen Guru. Es soll mir auch recht sein. Und dem Jeep wird ebenfalls nichts geschehen. Man achtet auf ihn.«
»Mir soll's recht sein.«
Als wir uns in Bewegung setzten, schufen die Umstehenden schweigend Platz. Selbst die Kinder hielten sich zurück. Sie schauten Mandra aus fast gläubigen Augen an. »Wo müssen wir denn hin?«
»Es ist nicht weit.«
Wir umgingen ein kleines Feuer, vor dem ein halbnackter Mann saß und in tiefer Trance versunken war. Die Umgebung interessierte ihn nicht. Kasma wohnte in der Mitte. So jedenfalls kam es mir vor. Um seine Hütte zu erreichen, mußten sie von dem schmalen Durchgang weg und schoben uns hinein in ein Gebiet, in dem sich der Müll stapelte. Dort lag alles zusammen, was selbst diese Menschen für einen Hüttenbau nicht mehr verwerten konnten.
Eine stinkende Halde, aus der ein altes Metallgerüst hervorschaute. Mandra Korab hatte meinen Blick bemerkt und sagte leise. »Dort verbrennen sie ihre Toten.«
Ich nickte nur und hielt mir die Nase zu, denn der feuchte Abfall unter dem Gerüst stank erbärmlich. Dieser Geruch verringerte sich kaum, als wir die Hütte des Kasma erreicht hatten. Sie war aus Brettern und Steinen gebaut, wobei die Steine meist als beschwerendes Element dienten, damit die Bretter nicht ineinanderfielen. Vor dem Eingang hing eine Plane oder ein Lappen, so genau war das nicht zu sehen. Jedenfalls klebte der Dreck daran wie dicker Schmier. Mandra trat zuerst ein. Ich schaute mich noch einmal um. Uns waren einige Menschen gefolgt. Sie blieben mit wenigen Schritten Entfernung stehen und schauten schließlich auf meinen krummen Rücken, als ich ebenfalls die Hütte betrat.
Von einer Einrichtung konnte man nicht sprechen. Da war die Feuerstelle in der Mitte. Ich sah ein altes, schiefstehendes Regal und Säcke oder Matten auf dem festgestampften Lehmboden. Sie dienten als Schlafstätten. Eine noch junge Frau hatte sich erhoben und schaute Mandra aus ihren großen Augen an.
Ihren Körper verdeckte ein schmuckloses Gewand, kein Sari, einfach nur ein Tuch, das sie sich umgewickelt hatte.
Mandra stellte sie mir vor. »Das ist Tarita.«
»Seine
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