Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)
ihren dunkelgrünen Mantel vom Haken und sagte zu Mama im Hinausgehen: »Dann werden wir das Problem eben auf Greta-Weise lösen.« Die alte Zeitung ließ Oma aufgeschlagen auf dem Tisch liegen. Die Schlagzeile lautete: » BORDELL ABGEBRANNT «.
24.
Haus der Freude
Oma betrat gut gelaunt das Zimmer. Seit sie es verlassen hatte, waren zwei Stunden vergangen.
»Wir haben uns Sorgen um dich gemacht«, sagte Mama, während sie ihr die Fuchsstola abnahm. »Wo warst du denn?«
»Im Freudenhaus«, trällerte Oma mit wissendem Lächeln. Mama schlug sich die Hand vor den Mund.
»Jesusmaria! Warum denn das?«
Anmutig schritt Oma zum Tisch und ließ die Faust auf die aufgeschlagene Zeitung sausen. »Da«, sagte sie. »In diesem Bordell hat es vor zwei Wochen gebrannt.« Anschließend wühlte sie eine weitere Zeitung aus dem Stapel hervor. »Und da, eine Woche später schreiben sie schon, dass dort nach der Renovierung Wohnungen entstehen sollen.«
Mama fiel taumelnd auf den Stuhl.
»Aber Mutter! Welcher Mensch bei Verstand würde denn in einem ehemaligen Bordell leben wollen?«
»Das hab ich mir auch gleich gedacht«, sagte Oma. »Die Mieten werden verdammt billig sein.«
Mama atmete schwer, während sie nach Worten rang: »Nimm es mir nicht übel, Mutter. Es ist bewundernswert, wie sehr du dich für uns einsetzt. Aber da würde ich nicht hinziehen, selbst wenn ich umsonst drin wohnen könnte.«
»Ach, Danuta!« Oma brach in schallendes Gelächter aus. »Wann hab ich denn behauptet, dass du da wohnen sollst!?«
»Ich verstehe nicht«, stammelte Mama. »Was hast du dann –«
»Ich habe mir gerade das Haus angesehen, der Besitzer hat mich herumgeführt. Das Feuer hat keinen so großen Schaden angerichtet, aber genug, um den Laden zu schließen. Im Treppenhaus sind noch Reste einer goldgemusterten Tapete und ganz gut erhaltene, wenn auch wirklich grausige Akt-Gemälde. Und an der Decke hängt so ein scheußlicher Kronleuchter mit herunterbaumelnden Plastiktropfen. Habe ich schon den roten Teppich auf der Treppe erwähnt?« Oma ignorierte Mamas begriffsstutzigen Blick und plapperte unbeirrt weiter. »Und eine Kneipe ist unten drin, völlig unversehrt, mit blinkender Neon-Reklame über dem Eingang.«
»Auch das noch«, stöhnte Mama. »Sodom und Gomorrha.«
»Was hast du denn?«, fragte Oma schmunzelnd. »Ist das nicht – wie sagt ihr hier noch – Lux ?« Sie schaute Mama herausfordernd an. »Oder kennst du jemanden, der über eine solche Ausstattung glücklicher wäre als deine Freundin Dorota?«
Mama schlug sich beide Hände vors Gesicht vor Erstaunen über Omas tollkühnen Einfall.
»Du meinst also –«
»Genau. Wenn diese Ogórkowa davon Wind bekommt, wird sie euch die Traumwohnung bereitwillig überlassen.« Mama legte die Stirn in Falten. »Was schaust du mich so an, es ist doch alles ganz einfach«, fuhr Oma fort. »Wir laden die Gans gleich zum Abendbrot ein und erzählen ihr alles. Du tust so, als hättest du Interesse, wir schwärmen ihr von dem blinkenden Schrott vor, und nebenher erwähnst du, wie billig die Mieten sein werden.«
»Und dann?«, fragte Mama verunsichert.
»Dann wirst du schon sehen«, sagte Oma mit vergnügtem Zwinkern und strich das Zeitungspapier glatt.
Jeder von uns hielt sich genau an Omas Plan. Frau Ogórkowa rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, als Oma in höchsten Tönen von der samtverhangenen Atmosphäre im Etablissement erzählte.
»Lux!«, rief Dorota immerzu. »Lux, Lux, Lux!«
»Ja, aber ich weiß nicht, ob so viel Lux meine Kinder nicht verderben würde«, sagte Mama, während sie ängstlich zu Oma schielte.
»Ja, kann verderben, kann sehr verderben«, stimmte Dorota zu. »Würde ich trotzdem nehmen so ein Wohnung. Hab ich beinahe große Neid mit euch.«
Mama stützte den Kopf in die Hand und tat, als würde sie schwer über etwas nachdenken.
»Ich finde, ihr solltet die Wohnung nehmen«, sagte sie nach einer Weile. Dorota lachte, als hätte Mama einen mittelmäßigen Witz gemacht.
»Nein, wirklich«, beteuerte Mama. »Ich mein’s ernst. Ihr habt diese Wohnung wirklich verdient.« Nun schien Dorota vollends verwirrt. Oma half Mama auf die Sprünge, indem sie sich zum Ogórek-Gemälde drehte.
»Nach allem, was ihr für uns getan habt!«, beendete Mama atemlos ihren Beitrag.
»Absolut!«, bekräftigte Oma und schlug sich dazu mit der flachen Hand aufs Knie.
Dorota blieb einige Sekunden stumm, bevor sie endlich mit einstimmte: »Habt ihr recht.
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