Skagboys 01
man nie wissen kann, was im Kopf des andern vorgeht. Ich würd trotzdem gern wissen, was sie fürn Film fährt. — Arbeitest wohl nich so gern hier, was?
Sie schaut einfach geradeaus. Irgendwann dreht sie sich zu mir. — Mein Mutter is krank, zu Hause. Und meine Freund … der is gestorben. Bei Motorradunfall. Die Familie hier, bei der ich arbeite, behandelt mich nicht gut. Deshalb hab ich mich so betrunken. Ich bin so traurig, so down … zum Glück bist du mit deine Freunde gekommen. Wie von Gott geschickt, um mich zu retten.
— Aye, ähm, genau …, mein ich.
Eigentlich war’s ja mehr so, dass wir von Begbie geschickt wurden, um Diebesgut einzusacken, und Rents und Sick Boy waren im Namen des Skag unterwegs. Sieht so aus, als wärn die Wege des alten Kerls da oben tatsächlich unergründlich. Wir könnten aber echt seine Agenten sein, sag ich mal. Er macht den Bernard Lee, ich geb den Bond, und Carmelita is die exotische Spionin aus dem Ausland, die gerettet werden muss. Gerettet im Namen des Skag oder so wärn toller Titel. Wooooaaaaa, ich sag mal, so wie mein Arm gerade rumzuckt, könnt ich echt n kleinen Schuss vom Weißen vertragen, verstehste?
Manometer, da kommt eine supersüße Krankenschwester mit großen Augen, blonden Haaren und sexy Pony zu uns rüber. Ein Kätzchen, das ich ganz bestimmt nich ausm Körbchen werfen würde. — Carmelita Montez?
Carmelita schaut mich mit Tränen in den Augen an und reicht mir die Hand. Ziemlich plump schüttele ich sie mit meiner gesunden Flosse. — Dank dir, Dahnee …, schluchzt sie, als die ultraheiße Schwester sie ins Behandlungszimmer führt.
Nettes Ding, diese Carmelita. Die wird uns nich anscheißen. Das spür ich einfach. Ich weiß, is nich okay, den Jungs die Klunker zu verheimlichen. Andererseits ham die jede Menge anderes Zeug, das sie aufteilen können. Die Sache is die: Ich brauch einfach irgendwas, verstehste? Weil ich mich richtig mies fühle. Richtig mies, mies, mies! Frag mich schon die ganze Zeit, ob die Weißkittel mir wohl nen Schuss Morphin für meinen kaputten Arm verpassen. Wenn nich, dann mach ich mich ruckzuck mit all dem Geschmeide aufn Weg zu Johnny Swan.
Die Hoochie-Connection
A lexander ist spitze im Bett. Wenn er Liebe mit dir macht, will er, dass du es genießt, und zieht nicht nur einfach seine Nummer durch, wie es andere Typen tun, die ich hier nennen könnte. Abgefahren find ich’s allerdings, wenn er mir erzählt, dass ich wunderschön bin und er mich öfter sehen will. Ich antworte ihm dann immer, dass er mein Boss ist und wir uns jeden Tag sehen. Er meint dann nur, dass es nicht das ist, was er meint.
»Wunderschön« … Das hört sich so an wie das, was mein Dad mir oft erzählt hat: Als ich deine Mutter zum ersten Mal im Alhambra sah – nicht im Pub Alhambra, sondern im Tanzsaal Alhambra, fügte er immer hinzu –, wurde mir klar, dass ich noch nie so etwas Wunderschönes in meinem Leben gesehen hatte.
Ich weiß, dass ich nicht gerade schlecht aussehe und es sogar in die Kategorie »hinreißend« schaffe, wenn ich mich rausputze. Aber was bedeutet es, wenn dir ein Typ erzählt, dass du wunderschön bist? Das irritiert mich echt, und das ist noch milde ausgedrückt.
Ich versuche, ihm klarzumachen, dass das mit uns eine nette Ablenkung ist, aber nicht mehr. Das Problem dabei: Er ist mein Boss. Ich weiß echt nicht, wie ich das immer schaffe, aber ich habe ein Talent dafür, mein Leben möglichst kompliziert zu machen. Kürzlich ist er ein ganzes Wochenende geblieben. War keine gute Idee. Er hat seinen Kulturbeutel im Bad stehen lassen, mit Rasierzeug drinnen. Rasierer, Creme und Pinsel. Ich hatte mir vorgenommen, ihm die Sachen ins Büro zu bringen, aber irgendwie schaffe ich das nicht. Weiß auch nicht, wieso. Vielleicht, weil es verdammt schäbig wäre, ihm die Sachen auf der Arbeit wiederzugeben. Dabei geht es nicht um ihn als Person! Da hab ich keine Skrupel. Aye, er ist nur eine nette Ablenkung.
Nach der Arbeit mache ich mich abends auf zum Hoochie, um Hamish zu treffen. Er steht voll auf Poesie und mag meine Gedichte. Ich weiß, das hört sich jetzt etwas kitschig an, aber wenn wir uns treffen, trinken wir erst einen Kaffee, kiffen eine Runde und lesen uns dann gegenseitig unsere Gedichte vor. Ficken tun wir nie. Ich weiß auch nicht, ob er nun schwul oder nur extrem schüchtern bei Mädchen ist. Vielleicht sieht er mich lediglich als Kumpel. Komischer Kerl in dieser Hinsicht, schwer zu durchschauen. Aber
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