Skagboys 01
sage leise: — Wir haben früher auch kein Wort Englisch gesprochen und mussten es erst lernen. Er grinst. Dann nicke ich zu Esther hinüber. — Denkst du, dass die gut aussieht? Ich meine diese platinblonde Tussi da, die mit Simon labert.
Mark schaut rüber zur Bar. Man könnte meinen, dass ihm gleich der Sabber aus dem Mund tropft. — Marianne? Aye, die sieht nicht nur gut aus, die is endgeil .
— Das ist nich Marianne, sondern Esther!
— Echt jetzt? Sieht genauso aus.
— Stimmt: total austauschbar. Lass uns rübergehen und Hallo sagen, schlage ich vor und stecke den dünnen Gedichtband von Hamish in meine Tasche.
Kaum haben Simon und ich Augenkontakt aufgenommen, kommt er auf mich zu, und wir umarmen uns innig. — Hey, Zuckerpuppe, flüstert er, den Mund dicht an meinem Ohr. — Sag nichts. Lass mich dich einfach nur festhalten.
Ich tue, was er sagt, kann es mir aber nicht verkneifen, Esther über Simons Schultern hinweg anzugrinsen. Bätsch! Das geschieht ihr recht – jetzt hat sie die Nervensäge Mark an der Backe. Ich schwöre bei Gott, dass sie wie eine gebrochene Frau aussieht, als Simon und ich zu knutschen anfangen. Mark zieht derweil wieder seine Masche durch und textet sie in einer Tour zu: Erst über die New Gold Dream - LP von den Minds, dann über sein fiktives Industrial-Rock-’n’-Roll-Projekt, wobei er sich beim Erzählen ein paar neue Details ausdenkt. Während Simons Zunge meinen Mund erforscht und sein Geruch meinen Kopf benebelt, höre ich Esthers dünne Stimme klagen, dass es bestimmt ziemlich schwierig sein muss, so viele verschiedene Elemente in Einklang zu bringen. Simon und ich lösen uns voneinander, um Luft zu holen und Mark bei seiner Show zuzuschauen.
— Guter Einwand. Genau das ist die größte Schwierigkeit, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Andererseits ist es aber auch eine Herausforderung, die unsere Arbeit in diesem Projekt zu einer künstlerisch so befriedigenden Aufgabe macht …
Als sie ihn fragt, wie das Projekt heißt, bringt Mark wegen seiner speedbedingten Kieferkrämpfe nur eine gemurmelte Version des Bandnamens heraus, der wie Fornication klingt. Logisch, dass Esther nun empört ist und denkt, dass Mark sich über sie lustig machen will. Sie schaut mich mit einem hilfesuchenden Blick an. Ausgerechnet mich! Mark hingegen zuckt nur mit den Schultern und lässt Esther stehen, als diese süße Asiatin auf uns zukommt und im besten Sozialbauhausen-Slang verkündet: — Alter, mit dem Speed geh ich voll steil, Alter!
— Ich auch, verdammt!, erwidert Mark euphorisch, und Esther muss feststellen, dass sie nun auch von Rotschopf Renton stehen gelassen wurde!
Gerade als sie was zu Simon sagen will, kommt der ihr zuvor: — Bis zum nächsten Mal, Esther. Dann zupft er an meinem Handgelenk, und wir verziehen uns in eine Ecke für ein nettes kleines Schwätzchen unter vier Augen. Ich drehe mich zu Esther um und grinse: Nimm das, du abgehobene Drecksschlampe! Der beste Bammel von Leith bleibt verdammt noch mal in Leith!
Die Musik ist lauter als normalerweise üblich. Dummerweise sitzen wir auch noch direkt neben einem Lautsprecher, und so müssen wir uns gegenseitig ins Ohr schreien. Während ich meinen Gürtel hinten etwas nach oben ziehe, um sicherzustellen, dass meine Poporitze bedeckt ist, frage ich ihn wegen der Sache mit Spud, der mit seiner Armschlinge nicht in den Club durfte.
— In dieser Angelegenheit stehe ich ganz und gar auf der Seite der Türsteher, sagt er naserümpfend. — Ein unverzeihlicher Ausrutscher in Sachen Style. Die Tatsache, dass er wie ein Suffkopp aussieht, hat sich wahrscheinlich auch nicht gerade zu seinen Gunsten ausgewirkt.
Dann sprechen wir über Maria Anderson. Mein Bruder und seine Clique hängen nämlich mit der Kleinen und ihren Freundinnen aus der Schule ab. Es gehen Gerüchte um, dass Simon und Maria ein Paar sind. Ich kann das aber nicht glauben, weil sie ja noch ein kleines Mädchen ist. Warum sollte Simon so etwas tun, wo er doch jede Menge Freundinnen hat?
Er schaut mich mit großen traurigen Augen an und erzählt, dass sich die Angelegenheit für ihn in einen Albtraum verwandelt hat. — Es ist wirklich eine saublöde Situation, klagt er, während Prince das Partyvolk mit »Let’s Go Crazy« dazu auffordert, richtig durchzudrehen. — Ich war der Nachbar der Andersons. Jetzt ist der Vater tot und die Mutter im Knast. Also hab ich mich irgendwie verantwortlich für die Kleine gefühlt, weil sie partout
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