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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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diesem Gespräch hatten sie die meisten Nächte nebeneinander in diesem Bett gelegen. Der Junkie und das Inzestopfer – ein freiwilliger und ein zwangsverpflichteter Rekrut in der Armee der sexuell Funktionsgestörten – leisteten sich Gesellschaft beim Einschlafen. Sie wussten zwar nicht, ob sie so etwas wie Liebe füreinander empfanden. Dass sie beide von einem Verlangen getrieben wurden, wussten sie aber sehr wohl.
    Renton holt tief Luft und füllt seine Nasenflügel. Silvikrin, Vosene oder vielleicht Head & Shoulders? Beschämt erinnert er sich daran, wie er sie einmal beschwatzt hatte, Heroin zu versuchen. Damals dachte er, dass es etwas wäre, was sie teilen könnten. Ihre vehemente Ablehnung hatte ihn gekränkt. Jetzt ist alles anders, denn jetzt würde er niemandem mehr etwas geben. Es gibt ohnehin nichts, was er weitergeben könnte.
    Sanft streicht er durch ihr Haar und ist fasziniert davon, wie weich es sich anfühlt. Er denkt daran zurück, wie sie sich kennengelernt hatten. Sie war zwölf, er dreizehn gewesen. Auf den Schulfluren, den Spielplätzen, der Straße – Hazel hatte ihm immer wieder zugelächelt. Ein Freund in seiner Klasse steckte ihm dann einen Zettel von ihr zu:
    Mark,
    wollen wir miteinander gehen?
    Hazel xxx
    Von diesem Zeitpunkt an kicherten Hazel und ihre Freundinnen jedes Mal geheimniskrämerisch, wenn er ihnen begegnete. Auch seine Freunde fingen an zu lachen und machten sich über ihn lustig. Die anderen Kids erzählten sich, dass die beiden ein Pärchen waren und jetzt »miteinander gingen«.
    Mark und Hazel – was sehen wir da?
    Ein verliebtes Ehepaar.
    Er empfand es als ungerecht und demütigend, schließlich hatten sie kaum miteinander gesprochen. Außerdem war Hazel damals noch ein ziemlich unterentwickeltes Ding mit Brille, das mit dreizehn so aussah, als wäre es neun.
    — Entweder du fickst sie, erinnerte er sich an die Drohung von Sick Boy. — Oder ich werde es tun.
    Die Schwärmerei ließ aber nach, und die beiden verloren sich aus den Augen. Erst am Ende des nächsten Schuljahres wurde er wieder auf sie aufmerksam. Ihr Äußeres hatte sich verändert: Titten, Make-up, coolere Brille – die ihn, nebenbei bemerkt, verdammt geil machte (die Kontaktlinsen kamen erst später) – und die neue Form ihrer Beine mit den akzentuierten Waden sorgten dafür, dass sein Blut immer öfter Richtung Süden floss, wenn er sie anschaute. Während dieser Verwandlung war Hazel allerdings auch etwas abhandengekommen: Ihre frech-fröhliche Art war verschwunden, und einen Freund wollte sie auch nicht mehr haben.
    Was sie wollte, war ein guter Kumpel, und das wurde Renton auch für sie. Die beiden machten Mixtapes füreinander, gingen gemeinsam zu Konzerten und entwickelten eine emotionale Nähe. Obwohl sie es nicht waren, spielten sie der Außenwelt gegenüber ein normales Pärchen vor. Egal, ob Geburtstag, Hochzeit oder Beerdigung – die beiden tauchten überall gemeinsam auf und waren durch eine eigenartige Vertrautheit einerseits und eine nur schwer erklärbare Abneigung andererseits aneinander gebunden. Diese verdammte Bestie hatte sie gebrochen, sein eigenes Kind! Renton war über alle Maßen froh darüber, dass er Begbie Bescheid gesagt hatte. Jetzt würde dieser Kinderficker erfahren, was wahre Schmerzen sind.
    Renton krabbelt aus dem Bett, während Hazel pfeifenartige Schnarchgeräusche produziert. So wie ein Security-Mann einen ausgeflippten, wild mit den Armen fuchtelnden Jugendlichen in einer Disco greifen und festhalten würde, packt er sich seine Jeans, um die Hosentaschen zu durchsuchen. In der ersten findet er ein bisschen Kleingeld, einen zerknüllten Fünfer und eine Spielübersicht der Hibs. Aus der zweiten zaubert er eins dieser kleinen Dope-Briefchen hervor, das seine Laune steigen lässt. Bittere Enttäuschung überkommt ihn, als er sieht, dass es nicht nur leer, sondern regelrecht blank geleckt ist. Er dreht sich zu Hazel um und weiß, dass er momentan zu fertig ist, um irgendwem ein Freund sein zu können. Er muss gehen, muss losziehen und irgendwoher Stoff besorgen.
    Mühevoll schlüpft er in seine Klamotten und geht in das Wohnzimmer, wo er den gekrümmten Körper von Sick Boy erblickt. Mit einer Steppdecke bedeckt und zitternd, erinnert er ihn an seinen eigenen Zustand. Sick Boy hat eine eigenartige Angewohnheit: Wenn das Bett nicht zur Verfügung steht, schläft er lieber auf dem Fußboden als auf der Couch. Auch jetzt liegt er ausgestreckt auf den aufgerissenen

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