Skandal auf Sardinien (Julia Extra) (German Edition)
hatte sie in eine Welt der Mode und Schönheit geführt, in der gutes Aussehen das Einzige war, was zählte. Gwenna musste feststellen, dass diese Welt ihrer Vorstellung einer persönlichen Hölle sehr nahe kam. Es fiel ihr schwer, auf den hohen Pfennigabsätzen zu laufen. Sie hasste die falschen Fingernägel. Und in Weiß fühlte sie sich mehr als unbehaglich, weil sie ständig Angst hatte, ihr Kleid schmutzig zu machen. Trotzdem drang kein Wort der Beschwerde über ihre himbeerfarben geschminkten Lippen. Der Anruf bei Angelo Riccardi hatte sie ihre Lektion gelehrt. Ihre persönlichen Vorlieben und ihr Wohlergehen kümmerten ihn nicht. Alles, was er unternahm, tat er ausschließlich für sein Vergnügen.
„Der Wagen ist da.“ Die Haushälterin öffnete die Eingangstür und schob Gwenna nach draußen. Vor achtundvierzig Stunden war sie in das Haus eingezogen, aber sie kam sich immer noch wie ein Gast in einem Hotel vor. Ihr neues Zuhause war eingerichtet worden, ohne dass sie irgendetwas dazu getan hätte.
Gwenna schlüpfte in die wartende Limousine. Dass sie ohne Grund so nervös war, verletzte ihren Stolz. Als ihr Handy klingelte, zuckte sie zusammen.
Es war Angelo. „Es sieht so aus, als würde ich es nicht rechtzeitig schaffen“, sagte er finster. „Die Fluglotsen streiken.“
Gwenna blinzelte. „Oh …“
„Es tut mir leid. Ich hatte mich so darauf gefreut, dich zu sehen“, sagte Angelo. „Ich melde mich, sobald ich Genaueres weiß.“
Gwenna bat den Chauffeur, sie zu Piglets Haustierhotel zu fahren. Auf der Fahrt stellte sie sich unwillkürlich Angelos dunkles attraktives Gesicht vor, auf dem sich jetzt Ungeduld spiegeln musste. Sein verlockendes Bild brannte sich in ihre Gedanken und ließ sich nicht mehr vertreiben. Sie empfand unerwartete Enttäuschung, die von einer hilflosen Erleichterung begleitet wurde. Das Gefühl des Bedauerns erschreckte sie zutiefst. Was war nur los mit ihr? Okay, er sah unglaublich gut aus und war faszinierend – aber auf eine gefährliche Art und Weise. Angelo Riccardi war ein absoluter Mistkerl, was Mitgefühl und Anstand anging.
Wieder klingelte ihr Telefon, doch dieses Mal war es Toby. „Ich habe bei dir zu Hause angerufen und nur deine Stiefmutter erreicht. Wann bist du nach London gezogen? Und seit wann führst du eine Beziehung mit einem Mann, von dem ich noch nie gehört habe?“
Gwenna zuckte zusammen. „Erst diese Woche … und die … Beziehung ist noch ganz frisch.“
„Ganz zu schweigen von plötzlich und impulsiv, was überhaupt nicht deinem Wesen entspricht. Das kann nur wilde Leidenschaft sein! Das wurde aber auch Zeit!“, fuhr Toby munter fort. „Ich treffe mich morgen in London mit einem neuen Kunden und würde dich abends gerne sehen. Wir könnten in einen Club gehen.“
Gwenna strahlte. „Das wäre toll. Wirst du lange in der Stadt bleiben?“
„Nein, ich muss zurück nach Deutschland und das Projekt vorantreiben.“
Getröstet durch die Aussicht, Toby wiederzusehen, betrat Gwenna mit leichten Schritten das Tierhotel. Zwar hatten sie sich erst letzte Nacht getrennt, trotzdem reagierte Piglet voller Begeisterung auf sein Frauchen. Doch ihr Vorhaben, den Hund mit nach Hause zu nehmen, wurde von dem Chauffeur zunichte gemacht, der ihr eine Nachricht von Angelo übermittelte. Angelo würde sie in demselben exklusiven Restaurant, in dem sie eigentlich zum Lunch verabredet gewesen waren, stattdessen zum Dinner treffen. Sofort breitete sich wieder Panik in ihr aus.
Nachdem er sprichwörtlich Berge versetzt hatte, um seinen Reiseplan doch noch einzuhalten, war Angelo immer noch in aggressiver Stimmung. Seine Ungeduld, Gwenna zu sehen, offenbarte eine Schwäche, die er nicht gewohnt war.
„Miss Hamilton ist eingetroffen, Boss.“ Franco, der Chef seines Sicherheitsteams, war an seinen Tisch getreten und hatte ihn flüsternd informiert.
Angelo hörte das bewundernde Gemurmel und sah, wie die anwesenden Gäste bei Gwennas Gang durch das Restaurant die Köpfe hoben. Ihre Schönheit nahm auch ihn sofort gefangen. Doch ebenso rasch bedauerte er die Veränderungen, die sich ihm boten. Er hatte die sanften Wellen in ihrem Haar gemocht und auch den zarten Schimmer ihrer reinen ungeschminkten Haut. Allerdings bröckelte die künstliche Perfektion bereits. Ihre honigblonden Haare waren windzerzaust, und in der Mitte des Kleides prangte der schlammige Abdruck einer Hundpfote. Mit einem Lächeln, das nur wenig seiner sonstigen Zurückhaltung
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