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Skandal um Lady Amelie

Skandal um Lady Amelie

Titel: Skandal um Lady Amelie
Autoren: Juliet Landon
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er in ihrem Körper entfacht hatte, war für sie eine so neue Erfahrung, dass es ihr Gefühl für Beschämung oder Beleidigung völlig ausblendete.
    In der Kutsche nahmen die beiden Herren neben ihren Partnerinnen Platz. Während Caterina in überschäumender Aufregung mit Lord Seton plapperte, saß Amelie schweigend da, ließ es zu, dass Lord Elyot unter den Falten des Umhangs ihre Hand ergriff und sanft liebkoste, und dachte an nichts anderes, als dass sie in unmittelbarer Gefahr war, zusammen mit ihren strengen Prinzipien auch ihre Vernunft fahren zu lassen.

3. KAPITEL

    Kaum hatten sie ihre Begleiter vor dem Portal verabschiedet, wurde Amelie beim Betreten des Hauses unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Caterina war schon halb die Treppe hinaufgegangen, als in der Halle eine Tür geöffnet wurde. Erstaunt wandte Amelie sich um und erblickte ihren Gärtner. Erst jetzt erinnerte sie sich wieder an den Auftrag, den sie ihm erteilt hatte. „Ah, Fenn. Es ist doch schon zwei! Du hättest nicht meinetwegen aufbleiben müssen.“
    „Nicht schlimm, M’lady.“
    „Und wie sieht es aus? Sind sie hier? Wo hast du sie untergebracht?“
    „Nein, M’lady. Bin zum Arbeitshaus hoch, wie Sie gesagt haben, aber sie haben das Geld abgelehnt.“
    „Warum? Was sagten sie?“ Sie konnte es kaum glauben. Plötzlich unendlich müde und enttäuscht, lehnte sie sich schwer gegen das Treppengeländer. Sie hatte das Gefühl, nicht noch mehr verkraften zu können. „Warum wollten sie nicht mit dir gehen?“
    „Ich weiß nicht; ’s kam mir vor, als wär’n sie nich’ interessiert. Sagten, es ginge Ihnen gut, der Frau und dem Kind, und sie dankten, aber sie wollten lieber dableiben.“
    „Hast du die Frau oder das Kind gesehen?“
    „Himmel, nein, M’lady, überhaupt nicht.“
    „Also weißt du nicht, ob das die Wahrheit ist oder ob man sie dort festhält?“
    „Nein, aber vielleicht is’ es ja besser so, wo sie nu’ das Kind hat … und wenn sie sagen, es geht ihr gut …“ Er fischte in seinen weiten Taschen und zog einen schweren Lederbeutel hervor. „Sie haben’s jedenfalls nich’ genommen“, fügte er hinzu, ihr die Börse reichend.
    „Was, sie haben das Geld nicht behalten?“, fragte sie verblüfft. „Das ist neu. Danke, Fenn, mehr konntest du nicht tun. Sagte man dir … sagte man, was es …“
    Fenn verstand. „Is’ ’n kleines Mädel. Nacht, M’lady.“
    „Gute Nacht, Fenn, noch einmal danke.“
    Seltsam, die Mutter wollte mit dem Neugeborenen im Arbeitshaus bleiben, an diesem grässlichen Ort! Und wer hatte wohl den Befehl gegeben, Wohltätern zum Schaden der unglücklichen Insassen die Tür zu weisen? Etwa dieser feine Lord? Dieser mitleidlose Mensch mit seinen tastenden, wissenden Händen? Zur Hölle mit ihm … zur Hölle …
    Diese Angelegenheit brachte Amelie endgültig zu der Überzeugung, dass dieses angeblich freundschaftliche Verhältnis enden musste. Nicht nur hatte sie sich zum Narren gemacht, indem sie solch unschickliche Intimitäten zuließ, sondern ihm auch noch den Anschein vermittelt, bereitwillig jedermann ihre Gunst zu schenken wie ein nichtswürdiges, niederes Weib. All ihre Beteuerungen, an gesellschaftlichen Kontakten nicht interessiert zu sein, waren wertlos, da sie sich als verzweifelt genug gezeigt hatte, sozusagen vor dem ersten Besten ihr Taschentuch fallen zu lassen.
    Während sie sich tiefer in das warme Badewasser gleiten ließ, rieb sie heftig die Körperstellen, wo seine Hände sie berührt hatten. Beschämt und wütend grummelte sie: „Als wäre man eine Stute …“
    Sie würde ihn sowieso nie leiden können – einen Mann, der so wenig Mitleid kannte, dass er einer armen Frau nicht erlaubte, das triste Arbeitshaus gegen einen Platz als Magd in einem guten Haushalt einzutauschen. Außerdem war er ein Frauenheld! Kein Rauch ohne Feuer. Hatte er es etwa abgestritten?
    Fest stand jedenfalls, dass sie Caterina vor Männern wie Lord Seton behüten musste. Vielleicht hätte sie die Bekanntschaft gleich verhindern sollen. Nun, vielleicht konnte man Weiteres unterbinden, ehe es zu spät war.
    Dementsprechend traf Caterinas heitere Bitte, auszufahren und bei ihren neuen Bekannten Visitenkarten abzugeben, auf eine ihr rätselhafte Weigerung, die jeder Möglichkeit, Lord Seton zu treffen, ein Ende setzte. Stattdessen verabreichte Amelie ihr eine Lektion in Hauswirtschaft und häuslichen Rechenkünsten, die der frustrierten jungen Dame Gähnanfälle verursachten.
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