Skandal um Lady Amelie
schufen, dann ist es dieser. Ist Ihnen das so unverständlich? Nun, die Leute werden sich vielleicht wundern. Immerhin habe ich bisher noch nie um eine Dame angehalten, doch wir sind beide alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen, und in einer prekären Lage werde ich Sie kaum im Stich lassen. Sollten Sie sich, als Ergebnis unserer Verbindung, in einer solchen finden, verspreche ich Ihnen, dass ich Sie nicht verlasse. Nun, Mylady, wie klingt das?“
„Wie ein Mann, der seine Verantwortung sehr leicht nimmt, Mylord.“
Langsam zog er sie näher, bis ihr Gesicht dicht vor dem seinen war. „Und nichts anderes tun Sie mit Ihrer klugen Idee, nur dem Namen nach die Meine sein zu wollen. Deshalb werde ich jetzt für uns beide entscheiden, und wenn Sie meinen, dass die Vorteile sich auf meine Seite der Waagschale neigen, dann liegt das daran, dass Sie die Probleme erst herbeizauberten. Danken Sie sich selbst dafür.“
„Sie sind wenig galant! Sie Teufel!“
„Nun, Sie können sich nicht erlauben, mich abzuweisen, nicht wahr?“
Ehe er sie erneut küssen konnte – und dass er das im Sinn hatte, wusste sie –, schob sie seine Arme fort und trat ein paar Schritte zur Seite. Zornig dachte sie, dass sie nun in der Falle saß, doch gleichzeitig verspürte sie eine Art erwartungsvolle Erregung, einem neuen Lebensabschnitt entgegenzugehen, in dem zwar Risiken lauerten und die Furcht vor der intimen Seite des Handels. Nun, die wollte sie nach Möglichkeit hinauszögern.
„Es wird seltsam aussehen“, sagte sie. „Eine Verlobung nach gerade einmal zwei Jahren Witwenschaft … Ich verließ Buxton, um dem Klatsch zu entgehen, und setze mich hier nun neuem Gerede aus. Was wird nur mein Schwager sagen? Oder auch Caterina?“
Sie erwartete eine abweisende Antwort; immerhin war sie ja schon in seiner Gesellschaft gesehen worden, hatte seine Besuche empfangen, und die neugierigen Bürger Richmonds hatten sein deutliches Interesse gesehen. Also konnte er einwenden, dass sich niemand über die wachsende Freundschaft wundern oder wegen der Verlobung aufregen würde. Zu Amelies Verdruss hockte er sich schweigend auf die Armlehne des Sofas, streckte seine langen Beine von sich und kreuzte abwartend die Arme über der Brust.
Irritiert schlug sie ein anderes Thema an. „Wie lange benötigen Sie üblicherweise, bis Sie eine Frau überredet haben, Ihre Mätresse zu werden? Ein paar Stunden? Tage … Wochen?“
„Selten länger als das.“
„Also mussten Sie sich nie sehr bemühen?“
„Vermutlich nur Glück. Ich improvisiere eigentlich.“
„Verzeihen Sie mein mangelndes Zartgefühl, aber ich wollte das einfach wissen, denn offensichtlich erwarten Sie von mir, innerhalb weniger Minuten eine Bindung einzuge hen, was selbst für Sie wohl ein Rekord wäre. Das ist nicht mal improvisiert! Ich würde es überstürzt nennen! Oder?“
Er lachte laut heraus. „Madam, ich gestehe, so hatte ich das bisher nicht gesehen. Schreiben Sie es meinem übergroßen Interesse zu. Um es Ihnen leichter zu machen, werde ich Sie also umwerben, Sie nach und nach für mich gewinnen, Sie verführen. Glauben Sie mir, ich möchte nichts überstürzen.“
Verwirrt spürte sie, wie sie abermals errötete, als ihr der Gedanke durch den Kopf schoss, dass sie ihm vielleicht schneller, als er glaubte, nachgeben würde, dass sie, zu ihrer Schande, nicht weit davon entfernt war. Unauffällig wollte sie sich weiter zurückziehen, doch mit raschem Griff hatte er sie erneut an sich gezogen, hielt sie fest und schaute ihr in die Augen. Jede Leichtigkeit war aus seinem Blick gewichen. „Beruhigen Sie sich, meine Schöne, Sie sind eine Ausnahme. Glauben Sie mir, ich hätte Sie auf jeden Fall zu gewinnen versucht, auch ohne diese Komplikationen – durch die ich Sie allerdings in der Hand habe. Aber so sind Sie mir wenigstens sicher, sosehr Sie sich auch hinter einem Stacheldraht verschanzen. Ich vermute, Sie sind noch nie heiß umworben worden? Nicht erst seit der Sache mit Hurst halten Sie sich Männern fern, oder? Sie fürchten sich, ich spüre es in Ihren Küssen. Nun, wir werden uns Zeit lassen. Sie werden sehen, dass ich leicht zu erfreuen bin und nicht zu fordernd.“
Sein Kuss überzeugte sie nicht davon, und insgeheim fragte sie sich, wie lange sie ihn wohl darauf warten lassen konnte, dass sie endgültig seine Geliebte wurde.
Atemlos, mit fliegendem Puls, wandte sie den Kopf ab. „Ich kann dieses Arrangement nicht billigen, Mylord, auch wenn es
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