Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Skandal

Titel: Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
großartig.«
    Simon schüttelte ehrfürchtig den Kopf. »Du bist ganz erstaunlich, Emily.«
    »Es ist ja schließlich nicht so, als seist du unfreundlich oder grausam zu mir gewesen, Simon. Du warst einfach wütend, und du hattest allen Grund, gereizt zu sein, wenn man bedenkt, daß du kurz vorher gezwungen warst, einen Racheeid zu brechen, den du vor dreiundzwanzig Jahren abgelegt hast. Wenn ich wirklich besorgt gewesen wäre, wäre ich in mein eigenes Zimmer geflohen und hätte die Tür abgeschlossen. Du hast mir nicht die geringste Angst eingejagt.«
    »Anscheinend nicht.« Er schwieg lange. »Es gibt noch etwas anderes, wofür ich mich entschuldigen muß.«
    »Jetzt versetzt du mich langsam in Sorge, Blade«, sagte sie, und aus ihrer Stimme war Gelächter herauszuhören. »Worin bestand denn deine andere schwere Sünde?«
    »Ich habe dich unterschätzt, meine Liebe. Du erscheinst einem im ersten Augenblick so naiv und optimistisch, so wild entschlossen, an allem und jedem die gute Seite zu sehen, so verdammt sicher, daß ich eine Art Held bin, wenn ich doch ganz genau weiß, daß ich es nicht bin, daß ich dir nicht zugetraut habe, daß du die Lage in deiner Familie korrekt einschätzt. Ich hätte wissen müssen, daß jeder, der so gerissen mit Investitionen und Geld umgehen kann wie du, der menschlichen Natur gegenüber nicht gänzlich blind sein kann. Hast du deinen Vater früher wirklich manchmal gehaßt?«
    »Ja.« Emilys Stimme barg jetzt keine Leichtigkeit mehr in sich.
    »Du hast recht gehabt, als du gesagt hast, ich müßte meinen Vater dafür gehaßt haben, daß er es mir überlassen hat, die Scherben aufzusammeln, nachdem er sich diese verdammte Kugel in den Kopf geschossen hat.« Simon ballte langsam die Hand zur Faust und zwang sich dann, jeden Finger einzeln wieder zu lösen. »Mir war noch nicht einmal klar, wie sehr ich ihn gehaßt habe, bis du es hervorgehoben hast.«
    »Mir scheint das eine absolut natürliche Reaktion zu sein«, sagte Emily sachte. »Man hat uns beiden in einem sehr jungen Alter die Verantwortung von Erwachsenen aufgebürdet und von uns erwartet, daß wir die Rollen von Erwachsenen spielen. Wir waren gezwungen, zu einer Zeit, zu der sich von Rechts wegen jemand um unser Wohlergehen hätte kümmern sollen, für das Wohlergehen anderer zu sorgen.«
    »Ja. Diesen Aspekt hatte ich nicht bedacht.« Simon schaute in den grauen Dunst hinaus. »In der Nacht, in der ich ihn gefunden habe, hat es geregnet. Er war zwei Stunden vorher aus London zurückgekommen. Ich habe gehört, wie meine Mutter ihn gefragt hat, was ihm fehlt. Er wollte nicht mit ihr reden. Er ist in die Bibliothek gegangen und hat angeordnet, man sollte ihn dort unter gar keinen Umständen stören. Mama ist nach oben gegangen und hat geweint. Nach einer Weile haben wir alle den Schuß gehört.«
    »Mein Gott, Simon.«
    »Ich kam als erster in die Bibliothek und habe die Tür geöffnet. Er war mit dem Gesicht auf die Schreibtischplatte gestürzt. Die Pistole war ihm aus der Hand gefallen. Überall war Blut. Und ich habe gesehen, daß er einen Brief an mich geschrieben hat. An mich. Der Teufel soll seine Seele holen. Er hat sich nicht verabschiedet oder erklärt, warum er sich töten mußte, oder mir auch nur gesagt, wie in Gottes Namen ich das Durcheinander ordnen sollte, das er zurückgelassen hat. Er hat lediglich einen verdammten Brief hinterlassen, in dem er schrieb, ich solle mich um meine Mutter kümmern.«
    »Simon. Mein lieber Simon.«
    Er hörte nicht, wie sie von ihrem Stuhl aufstand, doch plötzlich stand Emily hinter ihm und hatte die Arme um seine Mitte geschlungen. Sie umarmte ihn mit glühender Liebe, als könnte sie den Anblick des Gehirns seines Vaters, das an die Wand hinter dem Schreibtisch gespritzt war, für immer aus seiner Erinnerung verbannen.
    Lange Zeit rührte sich Simon nicht von der Stelle. Er gestattete es einfach nur, daß Emily ihn in ihren Armen hielt. Er konnte spüren, wie warm und weich sie war, und ihm wurde klar, daß das mit dem verwandt war, was er erfahren hatte, als er mit ihr geschlafen hatte, und doch war es ein wenig anders. Es war keine Leidenschaft, was er empfand, sondern eine andere Form von Nähe, eine, die er nie zuvor mit einer Frau gekannt hatte.
    Nach einer Weile ging Simon auf, daß er sich ruhiger fühlte, mehr im Frieden mit sich selbst. Die Rastlosigkeit, die ihn an jenem Morgen geweckt hatte, war verflogen.
    Es herrschte Stille in der Bibliothek, bis Greaves an

Weitere Kostenlose Bücher