Skandal
Namensliste vorbereitet hat, aus der ich wählen soll. Ich kenne nicht viele von diesen Leuten, und ich will nichts falsch machen. Deine Tante hat mir erklärt, wie entscheidend es ist, all die richtigen Menschen zu meiner ersten Soiree einzuladen.«
»Du kannst versichert sein, daß keine falschen Leute auf dieser Liste stehen«, knurrte Simon. »Mein Sekretär weiß zu gut Bescheid, um unangemessene Namen auf die Liste zu setzen. Außerdem birgt es nicht das geringste Risiko in sich, wenn man Menschen damit beleidigt, daß man es unterläßt, sie einzuladen. Das betont und verstärkt nur noch deine Macht als Gastgeberin.«
Sie sah ihn verwundert an. »So habe ich das noch gar nicht gesehen. Aber ich möchte nicht die Gefühle anderer verletzen, Simon.«
So, wie ich deine Gefühle gestern abend verletzt haben muß? fragte sich Simon stumm. »Wenn dir wohler dabei zumute ist, dann schick allen, die auf der Liste stehen, eine Einladung zu.«
Emilys Augen wurden vor Erstaunen groß. »Aber wir können unmöglich all diese Leute in diesem Haus unterbringen.«
»Du warst inzwischen schon auf genügend Partys und Bällen, um zu wissen, daß sie nicht als ein Erfolg angesehen werden, solange das Haus nicht gerammelt voll ist. Die Kutschen müssen über viele Kreuzungen die Straße säumen. Die Gäste müssen sich wie Klafterholz in den Salon gezwängt fühlen. Mit etwas Glück werden ein oder zwei der Damen aus Luftmangel ohnmächtig. Jeder muß bekunden, daß es ein fürchterliches Gedränge und ein unglaubliches Getümmel war. Lade sie alle ein, Emily.«
Sie biß sich auf die Unterlippe. »Ich weiß nicht recht, Simon. Es klingt äußerst ungemütlich. Es wäre viel einfacher, sich zu unterhalten, wenn wir eine kleine Gesellschaft gäben.«
»Zum Teufel mit intelligenten Gesprächen und anständigem Service, meine Liebe. Das ist weder die rechte Zeit, noch der rechte Ort dafür. Bei dieser ganzen Geschichte geht es, wie meine Tante dir zweifellos erklären wird, nur darum, dafür zu sorgen, daß du als Gastgeberin ein anständiges Debüt gibst. Um das zu erreichen, müssen die Leute hinterher über die Party reden. Damit die Leute darüber reden, muß es ein extrem lautstarkes und turbulentes Ereignis sein. Lade alle ein, die auf der Liste stehen, Emily.«
»Was ist mit Canonbury, Peppington, Adley und Renton? Ich kenne keinen von ihnen wirklich, und ich...«
»Ganz besonders Canonbury und Peppington«, sagte Simon leise. »Wir werden uns vergewissern, daß beide Einladungen erhalten.«
Emily ließ das Blatt Papier sinken und sah ihn an. Sie hatte den Kopf nachdenklich zur Seite gelegt. »Wenn du das sagst, Simon.« Dann zog sie plötzlich wieder besorgt die Stirn in Falten. »Was ist, wenn niemand die Einladungen annimmt, die wir versenden?«
Simon unterdrückte ein selbstzufriedenes Lächeln. »Glaub mir, meine Liebe, die Einladungen werden angenommen.« Er beugte sich über den Schreibtisch und riß ihr ungeduldig die Liste aus den Fingern. »Ich werde dafür sorgen, daß mein Sekretär sie bekommt und die Einladungen verschickt. Und jetzt, Emily, möchte ich mit dir reden.«
»Ja, bitte?« Sie strahlte eine wachsame Erwartungshaltung aus.
»Verdammt noch mal. Mußt du mich denn immer so ansehen, Kobold? Ich versichere dir, daß du mich mit dieser unseligen Mischung aus Naivität und Klugheit noch irrsinnig machst. Du bringst mich fast dazu zu vergessen, daß du erst gestern noch im Sinn hattest, einen Banditen in deine Dienste zu nehmen.«
»Es tut mir leid«, sagte Emily und schien kein bißchen reumütig zu sein. »Hast du die Absicht, mir wieder eine Strafpredigt zu diesem Thema zu halten?«
»Nein.« Simon stand auf und trat ans Fenster. Er kehrte ihr den Rücken zu und schaute auf den vom Regen vollgesogenen Garten hinter dem Stadthaus hinaus, während er seine Gedanken ordnete. »Mir steht eine schwierige Aufgabe bevor, Emily.«
»Und die wäre?«
»Ich möchte mich bei dir entschuldigen«, sagte er leise.
Es entstand eine kleine Pause, ehe Emily vorsichtig sagte: »Wofür, um Himmels willen?«
»Für mein gestriges ungalantes Benehmen«, murmelte Simon. »Ich habe dich nicht gut behandelt, Kobold. Ich habe mich äußerst unerzogen und ungebührend benommen.«
»Du meinst, weil du mir befohlen hast, in dein Bett zu kommen? Blödsinn. Ich bitte dich, schenke dem keine weitere Beachtung«, sagte Emily leichthin. »Sowie ich erst einmal im Bett gelegen habe, fand ich es ganz
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