Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
gestern?«
»Wenn du willst.«
»Wie würdest du empfinden, wenn ich sagte, dass das stimmt? Dass ich die Misstöne der Vergangenheit überwinden will?«
Julian musterte ihn. In vielerlei Hinsicht hatte er Charles von all seinen Cousins am nächsten gestanden. Wie er und Marcus waren er und Charles zusammen aufgewachsen, praktisch im Hause des anderen wegen der Nähe von Stonegate und Wyndham Manor. Es hatte ein paar holperige Momente gegeben, aber es gab ein Band zwischen ihnen, das nicht zwischen ihnen und anderen Mitgliedern der weitläufigen Familie existierte. Die Entfremdung zwischen ihnen hatte ihn hart getroffen, und während er Marcus sehr mochte und seine Gesellschaft genoss, vermisste er doch Charles’ Kühnheit und seine Alles-oder-nichts-Einstellung.
»Zwischen uns sind harte Worte gefallen«, sagte Julian langsam. »Wenn ich mich recht erinnere, hast du mich beschuldigt, mich deines Rechts auf den Titel bemächtigt zu haben.«
Charles machte eine ungeduldige Handbewegung. »In der Hitze des Zorns gesagt.« Er starrte Julian an. »Du kannst doch nicht gedacht haben, dass ich das ernst meinte!«
Julian hob zweifelnd eine Augenbraue. »Zu dem Zeitpunkt hörte es sich aber so an.«
Charles entfuhr ein verlegenes Lachen. »Verflucht! Ich nehme an, damals meinte ich es schon. Aber ich habe es nicht geglaubt. Nicht wirklich.« Er wandte den Blick ab. »Vater und ich waren tief getroffen … und verärgert, dass John dich zu Daniels Vormund bestellt hatte.« Seine Lippen wurden schmal. »Von Rechts wegen hätten entweder mein Vater oder ich …« Er brach ab, ermahnte sich, dass er hier war, um Frieden zu schließen. »Wir haben Dinge gesagt, die nie hätten gesagt werden sollen. Ich habe falsch reagiert.« Er lächelte dünn. »Wie du dich vielleicht noch erinnerst, das tue ich meist, wenn etwas nicht so geht, wie ich es will.«
»Ja, an den Wesenszug erinnere ich mich allerdings«, erwiderte Julian. »Und während ich gewillt bin, Nachsicht für ein gewisses Maß an Stolz und Temperament zu üben - etwas, mit dem ich selbst in letzter Zeit häufiger zu tun habe -, erklärt das nicht alles, was in den vergangenen Jahren gesagt und getan wurde.«
»Ich mache dir keine Vorwürfe wegen deiner Gefühle, aber ich kann die Vergangenheit nicht ändern - ich kann nicht ungesagt machen, was gesagt wurde, und nicht ungeschehen, was ich getan habe.« Mit nachdenklicher Miene erklärte Charles: »Als John ermordet wurde, ist Vater für eine Weile ein bisschen verrückt gewesen - das waren wir alle, und in unserem Schmerz haben wir blindlings ausgeteilt, waren töricht. Und auch wenn er so hässliche Behauptungen aufgestellt hat über vertauschte Babys und dass dein Vater ihm den Titel gestohlen hätte, wusste er insgeheim doch, dass das Unsinn war.« Er seufzte. »Er war mein Vater, mir blieb nichts anderes übrig, als zu ihm zu stehen. Und vielleicht wollte ich auch manchmal, dass es stimmte, ließ mich von der Vorstellung
blenden, es könnte wahr sein. Dass ich sitze, wo du bist. Ich sollte der Erbe der Grafschaft sein und all dessen, was zum Titel gehört.«
»Und jetzt empfindest du anders?«
Charles grinste. »Lass uns sagen, wenn ich eine der Behauptungen meines Vaters beweisen könnte, dann würde ich dich binnen Sekunden aus Haus und Titel vertreiben, aber da das höchst unwahrscheinlich ist, habe ich mich damit abgefunden, schlicht Mr. Weston zu sein.«
Julian lachte. Es erstaunte ihn immer wieder, dass Charles die ungehörigsten Dinge sagen konnte, und man amüsiert war von Worten, die bei jedem anderen in einer kämpferischen Auseinandersetzung geendet hätten.
»Das ist zwar sehr freundlich von dir«, antwortete Julian gedehnt, »aber es macht nicht alles ungeschehen, was zwischen uns liegt.«
»Du sprichst von Daniel«, sagte Charles, und alles Unernste verschwand aus seinem Gesicht. Auf Julians Nicken räumte er ein: »Ich kann nicht von der Hand weisen, dass ich ein schlechtes Beispiel bin, das schlechteste, dem ein junger Mann nacheifern kann - und du hattest Recht, auch wenn ich gegen dich gewütet habe, weil du Daniel von mir ferngehalten hast. Ich bin alles, wofür du mich hältst - wild, verdorben, rücksichtslos und leichtsinnig, ein Wüstling, wie er im Buche steht, dem es egal ist, was andere über ihn denken. Aber hör mich an, Julian: Ich habe meinen Bruder geliebt und liebte seinen Sohn. Ich hätte Daniel nie absichtlich auf den Weg ins Verderben geführt.« Mit einem schiefen
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