Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
auf keinen Fall erlauben, noch aus dem Grab heraus seine einzige Chance auf Glück zu zerstören. Zur Hölle
mit ihrer Seele. Versuche nur deine Ränke, Catherine, aber du wirst diese Schlacht nicht gewinnen, schwor er sich.
Er überraschte sie beide, als er seinen Morgenrock zurückwarf und wieder ins Bett stieg, sie an sich zog. Mit einem Kuss auf ihren Scheitel sagte er: »Ich bin auch müde und kann mir keinen schöneren Platz zum Schlafen vorstellen als neben meiner Frau.«
Nell gab sich Mühe, ihre Verbitterung nicht zu vergessen, versuchte sehr, sich nicht über seine Worte zu freuen, aber es war unmöglich. Sie liebte ihn. Ihr stockte der Atem, als sie erkannte, dass das wahr war: Sie liebte ihn. Wahnsinnig. Leidenschaftlich. Vollkommen. Ehrfürchtig von der Erkenntnis lag sie da, genoss die Nähe seines warmen, großen Körpers. Sie liebte diesen Mann. Wann es geschehen war, konnte sie nicht sagen. Vielleicht von dem ersten Augenblick an, da sie ihn gesehen hatte, als er noch aussah wie ein Straßenräuber. Oder in ihrer Hochzeitsnacht, als er sie geküsst hatte? Dafür gesorgt hatte, dass sie sich seiner als Mann bewusst war? Vielleicht später dann, als er sie zum ersten Mal geliebt hatte? Sie wusste nicht, wann genau das leidenschaftliche Gefühl, das in ihrer Brust schlug, begonnen hatte, sie wusste nur, dass sie ihn mit jeder Faser ihres Herzens liebte.
Sie biss die Zähne zusammen. Und er liebte eine andere. Aber mit ihr lag er zusammen - nicht mit einer Toten, und daraus zog sie Hoffnung. Sie trug sein Kind. Sie schlief ein mit einem Lächeln auf den Lippen, der Arm ihres Mannes lag um sie und seine Hand schützend über ihrem Bauch.
Es gab keine Warnzeichen. In der einen Sekunde schlief sie noch friedlich, träumte selig von ihrem Kind, von dem Tag, an dem ihr Julian seine Liebe gestehen würde, und im nächsten Moment … Sie war da, beobachtete die Szene in dem
rauchgeschwärzten Kerker, hörte die gellenden Schreie der Frau, die Augen starr auf das blutige Gemetzel gerichtet, das nur jemand, der vollkommen von Tollwut zerstört war, einem anderen menschlichen Wesen antun konnte. Nell versuchte den Klauen des Albtraums zu entkommen, aber sie hielten sie fest in ihrem Griff, zwangen sie mit anzusehen, welche Schrecken an diesem entsetzlichen Platz verübt wurden. Sie zitterte, als der Schattenmann sich von seinem Opfer abwandte und nach einem neuen Spielzeug griff, einem Messer mit schmaler Klinge, die rasiermesserscharf war …
Wie immer stand er im Schatten, sodass es ihr nicht möglich war, ihn zu identifizieren, außer seiner Größe und der Breite seiner Schulter konnte sie nichts erkennen. Aber doch, als er sich zu dem Messer umdrehte, war da etwas gewesen, etwas nagte an ihrer Erinnerung und sie bekam einen Moment keine Luft. Sie kannte ihn . Sie wusste nicht seinen Namen, aber sie war sich ganz sicher, dass sie diesen Mann getroffen hatte, mit ihm gesprochen hatte. Ihr Schattenmann war jemand, den sie kannte.
Im Schlaf begann Nell sich von einer Seite auf die andere zu werfen, atmete heftig. Julian wachte in der Sekunde auf, als ein Schauer sie durchlief. Er fluchte tonlos, wusste, es war der Albtraum, fand eine Kerze auf dem Nachttischchen und zündete sie an. In ihrem schwachen Licht konnte er sehen, dass Nells Gesicht von Furcht und Ekel verzerrt war. Er streckte eine Hand aus, um sie zu berühren, sie zu beruhigen. Aber bei seiner Berührung zuckte sie zusammen und schrie auf, fuhr im Bett auf. Ihre Augen waren weit aufgerissen, aber sie sah nichts.
»Nell«, rief er leise, »wach auf. Es ist der Albtraum. Du bist in Sicherheit. Wach auf, Liebling. Wach auf!«
Aber das konnte sie nicht, ihr Blick war wie gebannt auf
die unvorstellbare Grausamkeit gerichtet. In allen anderen Albträumen in all den Jahren hatte sie nie so ungezügelte Barbarei mit angesehen. Zuvor hatte er immer eine mitleidlose Neugier ausgestrahlt, egal wie teuflisch seine Tat war, als wäre er fasziniert von den Reaktionen der Frauen auf jede neue Folter. Aber heute Nacht war da keine Neugier, nichts als ein blinder, irrer Drang zu verletzen, zu zerreißen und zu zerstören.
Freundliche Worte und Streicheln hatten keine Wirkung auf Nell, und in seiner Verzweiflung gab Julian ihr eine Ohrfeige. Sie schnappte nach Luft, verschluckte sich, würgte und dann klärte sich ihr Blick. Mit weißem Gesicht und zitternd warf sie sich in Julians Arme. Sie schluchzte an seiner Schulter und erklärte: »Es war
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