Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
Charles sowie einem verängstigten Raoul im Schlepptau erkundet. Bei der Erinnerung musste Julian lächeln. Oh, was hatten sie für einen Spaß dabei gehabt, bis John Hunter sie entdeckt und beinahe zu Tode erschreckt hatte, als seine riesige Gestalt mit dem Knüppel in der Hand sich aus den Schatten gelöst und sie vertrieben hatte.
Er runzelte die Stirn. Zusätzlich zu den auf der Liste aufgeführten sollte er vermutlich auch noch die Ruinen der alten Normannenfestung bei Dawlish und die verfallenen Überreste eines Klosters überprüfen, das seit der Zeit Heinrichs VIII. verlassen war - beide, so sagte man, waren mit Kerkern versehen. Wenn es noch andere Stellen mit Kerkern oder kerkerähnlichen Gewölben gab, so hatte er noch nie von ihnen gehört. Mit dem Gefühl, dass seine Liste so vollständig war, wie es ihm möglich war, legte er sie zur Seite und machte sich auf die Suche nach Nell.
Er konnte sie nicht finden, und eine Nachfrage bei Dibble
brachte ihm die Auskunft, dass die Damen sich gegenwärtig im Dower House aufhielten. »Sie wollten sehen, wie die Arbeiten vorangehen«, fügte Dibble hinzu, »und ich glaube, dass es unterschiedliche Ansichten zu der Farbe der Seide für den großen Empfangssalon gibt.«
Da das Wetter für die zweite Februarwoche sehr angenehm war und der Witwensitz nicht weiter als eine Meile entfernt lag, entschied sich Julian zu einem Fußmarsch. Er hatte sich nicht sonderlich um das Kommen und Gehen der Handwerker und die Arbeiten im Rahmen der Renovierung gekümmert, und weil das Gebäude beinahe eine Viertelmeile abseits der Straße nach Wyndham stand, und zudem die Sicht darauf von einem dichten Wald versperrt wurde, waren ihm keine Veränderungen aufgefallen. Als er nun über die mit Schlaglöchern durchsetzte Straße zum Dower House ging, den tieferen Löchern ausweichend, kam er zu dem Schluss, dass die Arbeit an den weiter entfernten Außenanlagen noch nicht begonnen worden war.
Der Wald reichte bis dicht heran, an manchen Stellen säumte er sogar die Auffahrt, sodass man, wo die Kronen der Bäume am Straßenrand zusammenwuchsen, einen engen dunklen Hohlweg passieren musste. Wenn sie Laub trügen, würde kein Sonnenlicht zur Erde dringen. Wenn ich von schreckhafter Veranlagung wäre, sagte er sich, würde ich bestimmt nicht hier spazieren gehen. Als er an die letzte Wegbiegung kam, erhob sich vor ihm das Dower House, um das sich die Straße schlängelte. Es war ein dreistöckiges Gebäude, zur Hälfte in Fachwerkbauweise und mit einem steilen Ziegeldach und Sprossenfenstern.
Er überquerte die Straße und blieb am Fuße der Außentreppe stehen, schaute sich um und wunderte sich, welchen
Unterschied frisch getrimmte Sträucher und Büsche machten. Das Haus mit seinen eleganten Linien war nicht länger verborgen unter einem Gewirr aus Efeu und anderen Rankpflanzen. Die hohen Eichen und Linden, deren knorrige Äste drohend über das Haus geragt hatten, waren entweder gefällt oder stark gestutzt worden, und nach der Düsterkeit und Enge des letzten Wegstückes war die freie Fläche eine willkommene Abwechslung. Julian lächelte. Wenigstens sah der Ort von außen nicht mehr wie die Behausung eines Hexenmeisters oder einer bösen Zauberin aus. Ein breiter Ziegelweg, gesäumt von gekonnt getrimmten Rosenbüschen und frisch gejäteten Staudenbeeten, in denen die ersten gelben Osterglöckchen mit nickenden Köpfen standen, führte auf der einen Seite am Haus vorbei - wie Julian vermutete, zu den Stallungen. Niemand hatte hier seit den Tagen seiner Urgroßmutter gelebt, und in all seinen Erinnerungen war dieser Ort verlassen, überwuchert und dem Verfall preisgegeben. Nur die allernötigsten Instandhaltungsarbeiten waren in den letzten Jahrzehnten durchgeführt worden. Er freute sich über die Veränderungen und schämte sich auch ein wenig, dass er zusammen mit seinem Vater und Großvater das Haus beinahe hätte verfallen lassen.
Hämmern und Klopfen füllte die Luft, und als auf seine Betätigung des Türklopfers nichts geschah, versuchte er, die massive Tür selbst zu öffnen. Sie war nicht verschlossen, und so ließ er sich selbst ins Haus. Im Gegensatz zu draußen herrschte im Inneren des Hauses Chaos. Stuck, Bauholz, Leitern und gespenstisch mit Laken bedeckte Möbel standen überall herum, Tapetenmuster, Eimer mit geheimnisvollen Substanzen darin und Ballen teuren Stoffes befanden sich dazwischen.
Aber es gab sichtbare Fortschritte: Der Boden der
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