Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
Stuhl am Kamin, Julian hinter dem Schreibtisch. Julian hatte seinen Jagdaufseher gebeten, Platz zu nehmen, aber der Ältere wollte nichts davon wissen.
Er stand steif vor Julian und konnte seine Ungeduld kaum
verhehlen. Hunter brummte: »Es ist schon genug Zeit verschwendet worden, Mylord. Sie müssen unverzüglich mit mir kommen und es selbst sehen.« Er bedachte Marcus mit einem unfreundlichen Blick »Und der da auch.«
»Geht es wieder um ein abgeschlachtetes Tier?«, fragte Julian mit einer unguten Vorahnung.
Hunter gab einen bellenden Laut von sich. »Schlimmer, Mylord.«
Er wollte nicht mehr sagen, und sowohl ärgerlich als auch neugierig ließ Julian für sich und seinen Cousin Pferde satteln und zur Vorderseite des Hauses bringen.
Hunter schlug ein schnelles Tempo an; Julian und Marcus ritten dicht hinter ihm, als er plötzlich den Weg verließ und sein Pferd zwischen die Bäume lenkte. Es war ein wilder Ritt über Bäche und durch den Wald. Als Hunter sein Pferd schließlich zügelte, und es schnaubend stehen blieb, befanden sie sich in einem Teil des Waldes, den Julian nur selten aufsuchte.
Gleichzeitig stiegen die drei Männer ab und banden ihre Reittiere an einen Baum. Gefolgt von Julian und Marcus ging Hunter voraus zum Rand einer kleinen Lichtung. Julian trat neben den Jagdaufseher; er wurde blass, als sein Blick auf das fiel, was in der Mitte der Waldlichtung lag.
»Gütiger Himmel«, keuchte er. »Was für eine Bestie war das?« Aber er kannte die Antwort. Schlimmer noch, er wusste mit völliger Sicherheit, dass er auf die Überreste der Frau starrte, deren qualvollen Tod Nell in ihrem Albtraum vorige Nacht gesehen hatte. Galle stieg ihm in die Kehle. Und sie hatte zuschauen müssen, wie das hier einem anderen menschlichen Wesen angetan wurde!
Marcus, dessen vor Entsetzen glasiger Blick wie gebannt an der Frauenleiche hing, büßte beinahe den ausgezeichneten
Schinken und das Ale ein, das er vor ein paar Stunden unterwegs zu sich genommen hatte. Er konzentrierte sich darauf, langsam ein- und auszuatmen, und sagte: »Es scheint, als hätte sich der Kerl von dem Niedermetzeln von Tieren auf Menschen verlegt.«
»Ich habe Sie gewarnt, Mylord«, erklärte Hunter mit düsterer Überzeugung in der Stimme. »Ich habe Sie gewarnt! Wenn Sie nichts unternehmen, würde etwas Furchtbares passieren.«
»Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie gesagt hätten, ich würde eine brutal ermordete Frau finden, wenn ich Ihnen nicht erlaubte, Menschenfallen aufzustellen und Ihre Hunde auf alle Eindringlinge loszulassen«, erwiderte Julian scharf. »Das hier ist etwas, das niemand hätte vorhersehen oder verhindern können. Das hier ist die Tat eines Irren.«
Hunter nickte. »Stimmt, Mylord. Verzeihen Sie, ich habe mich vergessen.«
Weder Marcus noch Julian wollten näher an die Leiche treten und sie genauer betrachten, aber sie taten es dann doch. Die Überreste waren so zerrissen und verstümmelt, dass es schwer war, irgendetwas zu erkennen, außer dass sie einer Frau gehörten und dass sie entsetzlich gelitten hatte, ehe sie starb. Ihr Mörder hatte ihre nackte Leiche wie Abfall einfach auf den Waldboden geworfen. Von der bejammernswerten Leiche in der Mitte der Lichtung einmal abgesehen gab es keine offensichtlichen Anzeichen dafür, wie sie dorthin gelangt war. Keiner der Männer konnte sie identifizieren.
Da Hunter ein Experte im Spurenlesen war, folgten Julian und Marcus ihm, während er die nähere Umgebung des Fundortes untersuchte. Es kam ihnen so vor, als suchten sie stundenlang in immer weiter werdenden Kreisen, aber sie fanden nur wenig außer ein paar zerbrochenen Zweigen; die
weiche Schicht aus Nadeln, welken Blättern, Rinde und Humus verbarg alle Fährten - egal ob von Mensch oder Tier. Aber es gab doch eine ganz schwache Spur, und sie folgten ihr hinter Hunter und kamen schließlich an eine Stelle, wo ein Pferd an einen kräftigen Baumstamm gebunden gewesen war; Hufabdrucke und ein paar Pferdeäpfel verrieten das. Julian schloss daraus, dass der Mörder das Pferd hier gelassen und die Leiche zu der Lichtung getragen haben musste, wo er sie ablud, damit sie gefunden wurde.
Müde und entmutigt kehrten sie zu dem Leichnam zurück. Die erste Welle des Entsetzens war abgeflaut, und Julian starrte auf die Frau hinab, sein Herz voller Mitleid wegen dessen, was sie durchlitten hatte. Wut über das, was ihr angetan worden war, schnürte ihm die Kehle zu, und er wandte sich ab.
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