Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
Selbstverständlich zahle ich alles.«
»Ich werde ihnen etwas sagen müssen wegen der Todesursache«, protestierte Dr. Coleman.
»Behaupten Sie, sie sei von den Klippen gestürzt«, warf Marcus ein, »und dass Seine Lordschaft ihnen den Anblick dessen, was die Felsen und das Meer mit ihr angestellt haben, ersparen wolle.«
Julian betrachtete seinen Cousin nachdenklich, überlegte, ob Marcus klar war, wie nahe diese Geschichte Nells Schicksal vor zehn Jahren kam. Die Ähnlichkeiten waren ihm nicht ganz geheuer, aber er musste zugeben, dass es die beste Erklärung war. Laut sagte er: »Ich werde dem Richter sogleich eine Nachricht schreiben und ihm und dem Konstabler unseren Vorschlag unterbreiten. Und zu Gott beten, dass sie nicht schon die Todesumstände in Umlauf gebracht haben.«
Dr. Coleman verbeugte sich. »Ich habe mit beiden gestern Nacht gesprochen, und wir waren uns einig, je weniger über die Sache geredet wird, desto besser. Sie sind beide verschwiegene Männer, Mylord. Sie brauchen nicht zu befürchten, sie könnten Sachen erzählen, die sie nicht verraten sollten. Niemand will, dass die Menschen hier bei dem kleinsten Schatten in Furcht und Entsetzen verfallen.« Er zog seine Taschenuhr hervor, schaute darauf. »Ich habe ein Treffen mit ihnen beiden in einer Stunde bei mir zu Hause. Ich werde ihnen gerne berichten, was hier entschieden wurde.«
Nachdem er seine Nachricht überbracht hatte und da die Verabredung mit dem Richter und dem Konstabler nicht mehr lange hin war, verabschiedete der Arzt sich bald.
Als er gegangen war, stand Julian auf und ging zum Fenster, das auf die Auffahrt hinausging. Das Wetter war immer noch schrecklich, und er beneidete Dr. Coleman nicht, dass er unterwegs sein musste.
Erst spät am Abend, als sie sich für die Nacht fertig machten, war Julian in der Lage, Nell die Neuigkeiten des Arztes zu berichten. Sie lag dicht an ihn geschmiegt neben ihm im Bett und hörte zu, was sie nun über das Opfer wussten. Als er von dem Fötus sprach, legte sich Nell unwillkürlich die Hände auf ihren Bauch. Ihre und die Schwangerschaft der Toten waren beinahe gleich weit fortgeschritten. Es tat weh, nicht nur an den sinnlosen, mutwilligen Tod des jungen Mädchens zu denken, sondern auch an den des unschuldigen Wesens, das in Ann Barnes’ Bauch herangewachsen war.
Julians warme Hand schloss sich über ihrer. »Ich weiß«, sagte er leise. »Ich habe dasselbe gedacht. Du und die junge Ann hättet mit höchstens ein paar Wochen Abstand eure Kinder zur Welt gebracht.«
»Wir müssen diese Bestie aufhalten«, erklärte Nell mit Nachdruck. »Man darf ihm nicht erlauben, nach Belieben weiter zu morden.«
»Mach dir keine Sorge, wir werden ihn finden, und wir werden ihn aufhalten. Gleichgültig, wohin er rennt, wo er sich verkriecht.« Einen Moment lang herrschte Schweigen, während sie beide an die schwere Aufgabe dachten, die vor ihnen lag. Dann bemerkte Julian: »Marcus und ich werden ein wenig herumstochern, und bestimmt stoßen wir auf etwas, was uns auf die richtige Spur bringt.«
Das unfreundliche Wetter hielt etwa noch zwei Wochen an, und da es keinen dringenden Grund für ihn gab, nach Hause zurückzukehren, nahm Marcus Julians Einladung an, auf Wyndham zu bleiben. Als die Frühjahrsstürme endlich weitergezogen waren, hatten alle Regen und Wind und noch mehr Regen und noch mehr Wind herzlich satt. Es hatte keinen Tag gegeben, an dem es nicht geregnet hatte, manchmal sogar ununterbrochen Tag und Nacht. Aber dann hatte es aufgeklart, und während es noch von jedem Dach, jedem Zaun, jedem Ast, jedem Zweig und jedem Blatt tropfte, war die Sonne hervorgekommen. Die Stürme hatten in der Gegend einigen Schaden angerichtet, alle Bäche und Flüsse in der Umgebung waren angeschwollen, manche waren über die Ufer getreten und hatten die umliegenden Wiesen und Felder überschwemmt. Beinahe jede Straße, jeder Weg und jeder Durchgang waren voller Pfützen, und man versank kniehoch im Schlamm. An dem letzten Montag im Februar begrüßten die Bewohner von Wyndham Manor den Anblick der Sonne, die von einem strahlend blauen Himmel schien, voller Freude. Beim Frühstück waren alle voller Pläne für den Tag und ungeduldig, damit zu beginnen.
Weil der Regen und der heftige Wind alle Außenarbeiten am Witwensitz unmöglich gemacht hatten, waren die Arbeiter beauftragt worden, die Renovierungen im Inneren fortzusetzen. Elizabeth und Lady Diana wollten unbedingt sehen, wie weit sie
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