Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
nichts davon erzählt?«, rief Lady Diana. »Oh, das ist zu schlimm von ihm!«
Fast, als hätte er ihr ein besonderes Vergnügen vorenthalten, dachte Nell.
Elizabeth beugte sich vor und fragte: »Wussten Sie, dass das Haus an einem Platz erbaut ist, wo früher eine Burg stand? Und dass es einen Geheimgang gibt, der zu ein paar alten Kerkern unter dem Haus führt?« Sie erschauerte anmutig. »Es ist ein köstlich furchteinflößender Ort. Cousin
Charles hat ihn uns einmal gezeigt und herrlich gruselige Geschichten dazu erzählt. Wir hatten solchen Spaß, obwohl Mama eine Woche lang Albträume davon hatte, und Lord Wyndham, Julians Vater, Charles sehr böse war, weil er uns solche Angst gemacht hatte.« Sie sah aus, als bedauerte sie es, als sie sagte: »Lord Wyndham hat behauptet, dass das ganze Gerede von Folter und Mord Unsinn wäre, den Charles sich nur ausgedacht hat.«
Nell runzelte die Stirn. »Ich dachte, dass es eine Entfremdung gab zwischen Cousin Charles und Lord Wyndham.«
»Nun, man kann nicht abstreiten, dass der Riss jetzt tiefer geht, aber es ist ein paar Jahre her, es war kurz nach meiner Hochzeit mit dem Earl«, erklärte Lady Diana, »und damals war es noch nicht so schlimm. Charles war oft hier, danach allerdings nicht mehr.«
Sich mit einem Finger auf die Lippen klopfend, bemerkte Elizabeth nachdenklich: »Eigentlich ist es wohl doch keine so gute Idee, die Kerker zu erforschen. Damals, als wir sie uns angesehen haben, war es mitten im Sommer, und ich erinnere mich schwach, dass Charles gesagt hat, Teile von ihnen stünden im Winter unter Wasser.«
»Oh ja, stimmt«, pflichtete ihr Lady Diana bei. »Ach je! Wir müssen uns etwas anderes überlegen.«
»Was ist mit der Gemäldegalerie?«, schlug Elizabeth vor.
»Ich glaube, Dibble hat sie mir schon gezeigt«, erwiderte Nell entschuldigend. »Aber es war nur eine oberflächliche Führung - ich hatte keine Gelegenheit, mir alle Familienporträts anzusehen …«
Elizabeth sprang auf. »Dann müssen wir das nachholen. Es wird ein Riesenspaß werden. Warten Sie nur, bis Sie das Gemälde mit dem ersten Earl sehen! Er sieht aus wie ein waschechter Schurke.«
Der erste Earl sah tatsächlich wie ein Schurke aus, aber Nell konnte sehen, woher Julian seine grünen Augen und die schwarzen Brauen hatte. Sie begannen mit der Besichtigung in dem ältesten Bereich der Galerie und verbrachten angenehme Stunden damit, die Porträts zu betrachten, witzige Bemerkungen abzugeben und sich mit Scherzen über den Kleiderstil oder die Frisuren gegenseitig zum Lachen zu bringen. Als sie in den Teil kamen, wo die Bilder der Familienmitglieder aus der jüngeren Vergangenheit hingen, zog eines Nells Blick auf sich, hielt sie in seinem Bann.
Es befand sich an einem Ehrenplatz in einem kleinen Alkoven, und ein Strauß frischer, süß duftender Lilien aus dem Gewächshaus stand in einer Vase auf dem Regal unter dem vergoldeten Rahmen des riesigen Porträts.
Nell bemerkte die Blumen zwar, aber die abgebildete Frau darauf fesselte sie so sehr, dass sie erstarrte.
Das Bild zeigte eine junge Frau in einem saphirblauen Kleid mit goldblonden Haaren und himmelblauen Augen. Sie war die schönste Frau, die Nell je gesehen hatte, und sie konnte ihren Blick einfach nicht von dem herzförmigen Gesichtchen und der zierlichen Figur losreißen, die einer Feenkönigin zur Zier gereicht hätten.
Elizabeth fiel Nells Interesse auf; sie stellte sich neben sie und sagte leise: »Lady Catherine, Julians erste Frau. Ist sie nicht eine perfekte Miniaturvenus? Sie war so schön. Und ihr Tod war eine echte Tragödie.«
»Wirklich sehr schön«, erwiderte Nell mit hohler Stimme. Es war eine Sache, eine gesichtslose Rivalin zu haben, aber eine völlig andere, zu wissen, dass die Frau, die das Herz des eigenen Ehemannes mit in ihr Grab genommen hatte, von unvergleichlicher Schönheit gewesen war. Nell brauchte sich wegen ihres Aussehens nicht zu verstecken, das wusste sie,
aber sie hielt sich nur für passabel hübsch. Sie hatte keine herrlich goldblonde Haarpracht - und mit einem Mal hasste sie ihre dunkelblonden Locken, weder goldblond noch brünett, sondern etwas dazwischen. Und was ihre Augen anging … Wer würde schon meergrüne Augen vorziehen, wenn er einmal in große Augen in der Farbe des Sommerhimmels geblickt hatte? Und diese rosigen, aufreizend geformten Lippen … Wie um sich zu quälen studierte sie Lady Catherines perfekte Figur. Lady Catherine war nicht mit einer eher
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