Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
warmen Morgenrock aus bernsteinfarbenem Samt da und kostete von dem Essen, das auf einem Tablett vor ihr stand.
»Jetzt essen Sie das aber auch auf!«, verlangte Becky, deren große braune Augen ihre Sorge verrieten. »Was wird Seine Lordschaft sagen, wenn er herausfindet, dass Sie kaum einen Bissen zu sich genommen haben?«
Nell schob die halb volle Schüssel mit Brühe fort. »Ich bin ja nur hingefallen«, wandte sie ein. »Ich hab keine gebrochenen Knochen. Es geht mir gut. Ich war nur … sehr durcheinander.«
Becky rümpfte die Nase. »Wenn Sie es sagen, Mylady. Und da Sie ja wohl sonst nichts mehr essen werden, werde ich die Sachen hier der Köchin zurückbringen, die vermutlich in Trübsinn verfallen wird, wenn sie sieht, wie wenig Sie ihre Mühe zu schätzen wissen.«
»Oh, Becky, bitte schimpfe nicht«, bat Nell, deren Kopf zu pochen begann, während sich schreckliche Erinnerungen immer wieder in ihre Gedanken schlichen.
Beckys Miene wurde weicher. »Nun gut, Mylady. Dann legen Sie sich aber jetzt gleich hin.«
Nell folgte Beckys Anordnungen und hatte es sich gerade erst im Bett in einem Berg aus Kissen bequem gemacht, als Julian in ihr Zimmer kam. Er trat an die Bettkante und setzte sich.
Eine ihrer Hände in seine nehmend, fragte er: »Geht es jetzt besser?«
Sie zwang sich zu lächeln. »Ja. Es tut mir leid, dass ich so für Unruhe gesorgt habe. Es war nur ein Sturz.«
Sein Blick bohrte sich forschend in ihren. »Das kann sein, aber ich glaube nicht, dass es der Sturz vom Pferd war, der dazu geführt hat, dass du so dramatisch bei den Westons in Ohnmacht gefallen bist.«
»Das war es auch nicht«, räumte sie ein. Sie schaute weg, biss sich auf die Lippe. »Mylord, das … das Porträt, vor dem ich ohnmächtig geworden bin, wen zeigt es?«
Er wirkte überrascht. »Meinen Cousin John und seinen Sohn Daniel. Erinnerst du dich nicht? Ich habe von beiden schon gesprochen.« Ihre abgewandten Züge betrachtend, beugte er sich vor. Er nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger, drehte ihren Kopf zu sich. »Was ist, Nell? Sag es mir!«
Nell schluckte. »Weißt du noch«, begann sie, »als ich dir von meinen Albträumen erzählt habe?«
Er nickte, runzelte die Stirn.
»Nun, weißt du noch, in dem ersten, habe ich gesagt, dass ich träumte, ein Mann wurde ermordet?«
Ihre Blicke blieben ineinander hängen. Mit zitternder Stimme erklärte Nell: »Ich habe den Mann aus diesem Albtraum gesehen. … Der Mann, dessen Ermordung ich gesehen habe, war dein Cousin John.«
Kapitel 12
J ulian sprang auf und machte erregt einen Schritt weg vom Bett, schwang aber sogleich wieder zurück und starrte Nell ungläubig an. »Unmöglich!«, entfuhr es ihm. »Es war ein Albtraum. Wie hättest du John in deinem Albtraum sehen können?«
Nell sah ihn unglücklich an, schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich das Gesicht jenes Mannes nie vergessen habe - und es war dein Cousin John.« Sie beugte sich vor, erklärte eindringlich: »Ich sage dir, ich habe ihn wiedererkannt! Dein Cousin ist derselbe Mann wie in meinem Albtraum. Julian, du musst mir glauben! Ich habe seine Ermordung gesehen!«
»Red nicht solchen Unsinn!«, verlangte Julian. »Wie sollte das möglich sein? Mein Cousin wurde vor zehn oder mehr Jahren ermordet. Du hast nie ein Mitglied meiner Familie getroffen, bis du mich geheiratet hast. Wie hättest du seinen Mord sehen können?«
Nell schob sich eine dunkelblonde Locke aus dem Gesicht. »Das kann ich dir auch nicht erklären, ich verstehe es selbst ja nicht. Ich weiß nur, dass, nachdem ich von dem Sturz über die Klippen nach Hause gebracht wurde und die Albträume zu haben begann, dass der erste der eines Mannes war, der ermordet wurde. Ich schwöre dir, dass dieser Mann das Gesicht deines Cousins John hatte.«
Julian wollte ihr nicht glauben, jeder Instinkt in ihm lehnte
sich dagegen auf, aber es gab keinen Zweifel daran, dass sie glaubte, was sie sagte. Er ging wieder zum Bett zurück, setzte sich und nahm ihre Hand. »Nell, du kannst nicht Johns Ermordung gesehen haben. Wie du selbst zugegeben hast, hast du bis heute noch nicht einmal gewusst, wer er war. Wie kann er der Mann in einem Albtraum sein, den du vor zehn Jahren hattest? Wie kannst du dir jetzt auf einmal so sicher sein, dass es mein Cousin John war und nicht irgendein Mann, der ihm nur ähnlich sieht?«
»Das kann ich nicht sagen«, räumte sie ein, »aber ich weiß, dass es stimmt - der Mann war dein
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