Skin Deep - Nichts geht tiefer als die erste Liebe (German Edition)
spähte über seine Schulter. »Igitt!« Angewidert blickte er auf den Boden hinter sich und ich machte mich auf ein paar wüste Beschimpfungen gefasst. »Ihh, nein, ich hab das nicht …«
Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid …
Er drehte sich wieder um, sah zu mir auf und lachte los. »Wenigstens bin ich weich gelandet, oder? Ein echter Volltreffer!« Er rappelte sich auf, wobei er die Zähne zusammenbiss. »Ist alles in Ordnung mit dir? Du bist ja kreidebleich.«
»Du blutest«, wiederholte ich blöde.
Er verzog das Gesicht und verdrehte sich den Hals bei dem Versuch, seinen Rücken besser sehen zu können. »Das wird schon wieder – ist keine große Sache.«
Ich wartete nicht mehr darauf, dass er wütend wurde. Es sah nicht so aus, als ob das noch passierte. Stattdessen grinste er mich reumütig an. »Ich sehe wahrscheinlich furchtbar aus, oder?« Dann riss er die Augen auf. »Oh, Mist!« Er humpelte zu seinem Fahrrad und zog ein Geschenkpäckchen aus dem Rucksack auf dem Gepäckträger. Er befühlte es vorsichtig und entspannte sich. »Nichts passiert.«
»Ein Geschenk?«
»Ja, für meine Mutter.« Er verstaute das Päckchen wieder im Rucksack und hob sein Fahrrad auf.
Ich schluckte, als ich sah, wie ihm das Blut den Rücken hinunterrann und sich dort mit dem Pferdedreck vermischte. Es musste viel mehr wehtun, als er zugab. »Ist dein Fahrrad kaputt?«
»Ach was, es ist sowieso nur ein Haufen Schrott. Sieht ganz okay aus.« Er schob es ein paar Schritte. »Ja, alles in Ordnung.« Wieder lächelte er mich an. »Nichts Schlimmes passiert.«
»Danke … dass du meinen Hund nicht überfahren hast.«
Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Als ob ich das vorgehabt hätte! Was glaubst du denn, was ich für einer bin?«
War er sauer? Er sah nicht sauer aus. Ich wollte ihn nicht beleidigen. »Tut mir leid, es ist nur … es ist meine Schuld, und ich fühle mich ganz mies. Und dein Rücken … jemand sollte dir helfen, ihn sauber zu machen. Es ist ganz schön gefährlich, wenn Dreck in die Wunden kommt, man sollte sich so schnell wie möglich darum kümmern. Es könnte sich entzünden. Ich wohne gleich hier, wenn du also reinkommen willst und dich waschen möchtest …« In dem Moment, in dem ich es gesagt hatte, hätte ich die Worte am liebsten wieder zurückgeholt. Wie ober-, oberdämlich von mir. Er würde glauben, dass das eine Anmache war …
»Ach, nein, das ist … nett von dir, aber ich …«
Mein Gesicht brannte. »Ich mein ja nur, weil du wirklich richtig schlimm blutest, und habt ihr überhaupt eine Dusche auf dem Boot? Und … und du zeigst uns doch nicht an, weil wir einen gemeingefährlichen Hund haben, oder?«
»Himmel, nein!« Er machte ein Gesicht, als ob ich ihm unterstellt hätte, dass er Babys zum Frühstück aß. »Natürlich nicht.« Er kaute auf seiner Lippe und warf mir unter seinen gesenkten Wimpern einen Blick zu, was mich faszinierte, weil das sonst nur Mädchen machten. Bei ihm sah es kein bisschen mädchenhaft aus.
»Natürlich haben wir eine Dusche. Auf unserem Boot gibt es alles, was es auch in einem Haus gibt.« Er sagte das mit besonderer Betonung, als ob mir dadurch etwas klar werden sollte. Wurde mir aber nicht.
»Wir leben auf dem Boot«, sagte er nach einer Weile. »Ständig. Eigentlich dürften wir da unten nicht anlegen.«
Endlich kapierte ich. »Oh … verstehe. Aber meine Mutter und mein Vater sind unterwegs, falls du dir Sorgen machst, dass sie unangenehme Fragen stellen. Sie sind mit meinem kleinen Bruder Schlittschuhlaufen und kommen erst in ein paar Stunden zurück.«
Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck. Erst später fiel mir ein, woran mich dieser Ausdruck erinnerte. Vor ein paar Jahren waren wir in einem Naturreservat mit Dartmoor-Ponys. Wenn man sich ihnen ganz ruhig näherte und dann die Hand ausstreckte und sehr lange wartete, kamen sie manchmal zu einem. In ihren Augen lag der gleiche wachsame Ausdruck wie bei dem Jungen, als er sagte: »Du wirst nichts über unser Boot erzählen, oder? Ich will nicht, dass du lügst, aber …«
»Nein. Machst du Witze? Meine Eltern würden durchdrehen, wenn sie wüssten, dass Raggs mir entwischt ist und einen Unfall verursacht hat.«
Ein Klumpen Pferdedreck fiel von seinem Rücken. Er betrachtete ihn feierlich und schien eine Entscheidung getroffen zu haben. »Äh, kann ich vielleicht doch mit reinkommen? Ich stinke, und meine Mutter regt sich schon über genug … Dinge … auf, ohne dass ich
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