Skin Game 02 - Verhängnisvoller Verrat
dafür allein den Leuten zuschieben wollte, die ihn verändert hatten – er konnte sein eigenes Versagen nicht leugnen. An Schlaf war für diese Nacht nicht mehr zu denken. Er hätte es schon vorher wissen sollen, vor allem, weil er so aufgewühlt gewesen war; nichts schützte ihn so gut wie eine distanzierte innere Haltung.
Zitternd stahl er sich aus dem Bett und zog seine Boxershorts an. Mia regte sich, streckte die Hand zu der warmen Stelle aus, an der er gelegen hatte, wachte aber nicht auf. Gut so – er war gerade nicht imstande, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Er hatte sogar seine Zweifel, ob er jetzt Auto fahren könnte.
Zu arbeiten würde ihn beruhigen und die Geister der Vergangenheit auf Abstand halten, außerdem hatte er versprochen, ihr bei der Ermittlung zu helfen. Von dem alleinerziehenden Vater, der kaum über die Runden gekommen war, zu dem, was er heute darstellte, war es ein weiter Weg gewesen. Jetzt besaß er neue Fähigkeiten und genug Geld – doch er würde das alles sofort aufgeben, wenn er Lexie dadurch zurückholen könnte.
Aber das war unmöglich.
Also setzte er sich hin und ging Mias Notizen durch. Je eher sie ihren Auftrag bei Micor abschloss, desto besser. Ihretwegen konnte er sich kaum noch konzentrieren, sie brachte ihn dazu, sich Unmögliches zu wünschen. Doch er hatte seine Lektion gelernt und schon einmal begangene Fehler würde er nicht wiederholen.
Beim dritten Versuch knackte er das Passwort für ihren Laptop und begann mit den Kontonummern zu arbeiten, die sie sich aufgeschrieben hatte. Er glaubte nicht, dass er bei ihren Verdächtigen fündig werden würde, aber es war immer besser, gründlich zu sein. Er selbst hatte jemand anderen in Verdacht. Nach einer Stunde hatte er die privaten Konten der Mitarbeiter überprüft, doch es gab nichts Ungewöhnliches. Mit Ausnahme einer Frau, die über ihre Verhältnisse lebte, waren sie alle sauber.
Bei Micor gestaltete sich alles kompliziert, nicht einmal ein Angestellter, der Geld veruntreute, war einfach zu entlarven. Wäre er nicht so frustriert gewesen, hätte er das als Ansporn genommen. Doch er wollte lediglich zu Ende bringen, was er angefangen hatte. Es ging nun schon sechs lange Jahre so, und er war … müde. Mit den Handballen rieb er sich den Schlaf aus den Augen. Als er plötzlich ihre Stimme hinter sich hörte, erkannte er beunruhigt, wie unvorsichtig er bereits geworden war.
»Kannst du nicht schlafen?«
Die Stunden kurz vor dem Morgengrauen waren die gefährlichsten. Er wollte sich nicht umdrehen, denn er war nicht sicher, ob er ihren Anblick verkraften könnte. Aus irgendeinem Grund tat er es aber doch, und ihm zog sich der Magen zusammen. Sie sah hinreißend aus. Mit zerzausten Haaren stand sie ganz nah vor ihm, in seinem Hemd, das sie bloß in der Mitte zugeknöpft hatte. Bei ihrem Anblick kam in ihm das heftige, unangemessene Verlangen auf, sie zu besitzen, und er war wie hypnotisiert von dem Kontrast zwischen dem weißen Stoff und der sonnengebräunten Haut.
»Kann ich selten«, brachte er als Antwort hervor, obwohl sein Mund sich staubtrocken anfühlte.
Sie blickte erstaunt drein. »Nacht für Nacht? Das ist eine ernst zu nehmende Schlafstörung.«
»Ist mir bewusst«, erwiderte er lapidar.
»Erstaunlich, dass du trotzdem so gut aussiehst.«
Der Neid in ihrer Stimme brachte ihn zum Schmunzeln. »Machst du mir etwa Komplimente?«
»War nicht meine Absicht, aber … ja, scheint so.«
Er gefiel ihr, und es war wirklich lächerlich, wie sehr ihn das freute. Andere mochten das für oberflächlich oder sogar eitel halten, aber ihm passierte das zum ersten Mal. Frauen fanden ihn sonst nicht anziehend, weder körperlich noch geistig. Er war immer nur ein vager Schatten hinter der Person, die sie in ihm sahen.
»Danke«, sagte er.
Sie schaute ihn verwirrt an, setzte aber nichts weiter hinzu, sondern ging an dem Tisch vorbei, an dem er arbeitete, um zwei Tassen aus dem Küchenschrank zu nehmen. Dann kramte sie weiter. »Ich kann heiße Milch, Kakao oder Tee machen. Du hast die Wahl.«
»Tee. Welche haben deine Vermieter dagelassen?«
»Du gehst also einfach so davon aus, dass ich keinen gekauft habe?«
»Du kommst mir nicht wie eine Teetrinkerin vor.«
Ihre dunklen Augen spiegelten Zustimmung wider. »Es gibt die Sorte Kräuterschlaftrunk. Lecker.«
»Ich wette, der schmeckt nach Disteln und Wermut.«
Mit lässiger Anmut setzte sie einen Kessel auf, als würde sie das ständig machen. »Daran merkt
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