Skinwalker: Fluch des Blutes (German Edition)
Norden unterwegs war. Beasts Orientierungssinn war besser als meiner, doch sie hatte Mühe, ihr Wissen für mich zu übersetzen oder mir mitzuteilen. Ich schwitzte heftig, denn ohne den Fahrtwind auf dem Motorrad halfen auch die Netzstoffeinsätze in den neuen Ledersachen nicht viel.
Das Kitzeln gelöster Magie strich über meine Haut. Ich blieb stehen. Ich hatte einen weiteren drei Meter großen Kreis unter den Bäumen gefunden, die Muscheln waren noch von den Zweigen und Ästen des Hurrikans bedeckt. Ich witterte, sortierte, analysierte die verschiedenen Gerüche. Irgendetwas war hier anders. Vamps erwachten am dritten Tag, nachdem sie gewandelt und ihren ersten Tod gestorben waren. Aber dem Geruch nach zu urteilen, war es schon viel länger her, seit dieser hier begraben wurde. Lange vor Ada. Etwas sagte mir, dass das von Bedeutung war.
Die Entführungen der Hexenkinder hatten mit diesen Auferstehungen zu tun, das sagten mir sowohl Instinkt als auch Erfahrung. Bei diesem Gedanken stieg erneut die Angst in mir hoch, doch ich drängte sie zurück. Bis die Kinder in Sicherheit waren, konnte ich mir keine Gefühle leisten. Besser, ich konzentrierte mich wieder auf das Puzzle, das es zu lösen galt.
Was bewegte Hexen und Vamps, gemeinsam Hexenkinder zu entführen? Wozu dienten die Kreuze um die Gräber? Und zu welchem Zweck ließ man einen frisch gewandelten Vampir länger unter der Erde? Das ergab keinen Sinn. Es musste etwas mit dem Fluch und dem Heilungsprozess zu tun haben – aber was? Ich blieb stehen und lehnte mich gegen einen Baum, dessen raue Rinde ich durch das Leder an meinem Rücken spürte. Ich lauschte, öffnete die Sinne, um die Nachtluft zu schmecken, zu riechen, zu hören, zu fühlen. Reste von Magie glitten über meine Hände und mein Gesicht, sie sahen zerfetzt aus und rochen versengt. Mit Beasts Augen gesehen, glichen sie beinahe den durchbrochenen Bannen um mein Haus.
Vor mir erklang ein leises Stöhnen, dann ein Laut, als atme jemand durch dicken Stoff oder eine geleeartige Masse. Ich warf den Vampkiller leicht hoch und fing ihn wieder auf, um mich zu vergewissern, dass der Griff nicht verschwitzt war und ich ihn sicher fassen konnte. Dann drückte ich mich tiefer in den Wald hinein, ganz langsam, darauf achtend, dass ich immer gegen den Wind stand. Die vier Kreuze auf meiner Brust begannen schwach zu schimmern. Irgendwo hier war ein Vamp.
Etwas hustete. Ein menschlicher oder fast menschlicher Laut, lang und würgend. Etwas Glibberiges wurde ausgespuckt, und mir wurde übel. Beasts Rückenhaare stellten sich hoch. Die Haut und die feinen Härchen in meinem Nacken und auf meinen Schultern reagierten auf ihren Instinkt, und ich bekam eine Gänsehaut. Sie schob meine Übelkeit zurück und blickte durch meine Augen.
Lautlos wie ein Raubtier, das sich an seine Beute heranpirscht, glitt ich durch die Stämme. Dann sah ich eine Bewegung: Etwas Helles erhob sich vor einer Baumreihe. Ich erkannte einen Arm, der über ein Gesicht wischte. Ein Mann, ein Schwarzer, in einem ehemals weißen Hemd und dunklen Hosen, stand auf einer Lichtung direkt vor mir. Seine Füße waren nackt. Hustend und spuckend sank er benommen auf einen umgestürzten Baum. Ich war etwa zehn Meter von ihm entfernt, nahe genug, um ihn mit meinen Katzenaugen beobachten zu können. Die Hose war eine Jeans und das Hemd ein langärmeliges Anzughemd mit aufgerollten Ärmeln und einem T-Shirt darunter. Er war ungefähr zwanzig Jahre alt und an Hals und Armen tätowiert. Das Mondlicht fiel auf das Halstattoo: eine schwarze Witwe. Der rot gepunktete Leib von der Größe einer Dollarmünze befand sich dicht unter seinem Ohr, die Beine waren um seinen Hals gelegt, als würde sie gerade Gift in ihn hineinpumpen. Vermutlich ein Gangtattoo.
Er roch nach altem Tod, verwestem Blut und Angst. Der Gestank des Grabes. Erde und Schleim klebten noch an ihm. Ich musste ein Geräusch gemacht haben, denn sein Kopf fuhr hoch, unmenschlich schnell. Viel schneller, als sich normalerweise ein gerade erwachter Vamp bewegte. Kurze, spitze Fangzähne wie Nadeln fuhren aus, und seine Augen wurden schwärzer als der Bauch der Hölle. Ohne Vorwarnung griff er an. Meine Kreuze blitzten grell auf. Erst jetzt reagierte mein Körper mit Angst, und meine Kehle schnürte sich zu.
Ich hob den linken Arm, um ihn abzuwehren, und feuerte mit einer Hand, drei Schüsse. Mit jedem Schuss machte der Lauf einen Satz. Den ersten beiden Ladungen wich der Mann aus, so schnell,
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