Sklaverei
amerikanische Botschaft gab, mit Leuten, die Englisch sprechen«, berichtet Rodha, und man merkt ihr die Enttäuschung an. Doch ihr Mut war nicht vergebens. Dank ihrer Unterstützung richten zahlreiche internationale und japanische Organisationen ihr Augenmerk auf die Yakuza und ihre Methoden. Wie ich selbst bestätigen kann, sind diese ausgezeichnet organisiert und verfügen über mehr Macht und Einfluss denn je. Ihr wichtigster Markt ist das Sexgeschäft.
Ich schrieb Rodha, um mich zu verabschieden und ihr mitzuteilen, dass ich bereit bin, meine Reise nach Japan anzutreten. Erfreut gab sie mir Hinweise, wo ich die Menschenhändler finden kann. Zum Abschied schickte sie mir ein bewegendes Lied, das sie aufgenommen hat, um die Teufel der Yakuza aus ihren Gedanken auszutreiben. Sie können sich das Lied unter http://www.myspace.com/rodhakershaw anhören.
4 Kambodscha: Das europäische Versteck
Über Phnom Penh geht die Sonne auf. Vom Fenster meines Hotelzimmers aus blicke ich auf eine idyllische Landschaft. Auf einem Holzsteg stehen runde Tische mit weißen Tischdecken und Metallstühlen. Einige Touristen frühstücken unter dem durchsichtig blauen Himmel, die Sonnenstrahlen umhüllen ihre blasse, schwitzende Haut. Mit ihren Kameras um den Hals und ihren Strohhüten auf dem Kopf nehmen die meisten an einer Bootstour teil, die sie den Fluss Mekong hinauf bis an die Grenze von Vietnam bringt. Der Ausflug wird sie an all die Bilder und Filme erinnern, die sie nach Südostasien gelockt haben. Sie suchen nach Abenteuern und dem Glanz einer unbekannten Kultur. Ich dagegen bin gekommen, um das Dunkel der Sklaverei zu erforschen.
Vom Ufer des Tonlé Sap, eines Nebenarms des Mekong, der vom Grün der tropischen Pflanzen eingerahmt ist, fotografiere ich eine kleine Pagode mit goldenen, roten und gelben Balken. Dann gehe ich hinaus auf die Straße mit dem Namen Preah Sisovath und besteige ein Tuk-Tuk, das dort auf mich wartet. Der junge Fahrer, der mir empfohlen wurde, stellt sich mit dem amerikanisierten Namen Jaz vor. Ich nenne ihm das Ziel. Unser erster Halt ist eine Filiale von Western Union, in der ich das Geld abhole, das ich mir aus Mexiko habe schicken lassen. Ich will den Weg des Geldes verfolgen, dessen Spuren sich an den imaginären Grenzen zwischen Banken und Ländern verwischen, um nachzuvollziehen, wie kleine Summen von Schwarzgeld gewaschen werden.
Die Fahrt in einem Tuk-Tuk ist ein besonderes Erlebnis. Die Autos sind Ausländern, Reichen und Mafiosi vorbehalten. Der Rest der Bevölkerung und die Touristen bewegen sich in diesen folkloristischen und buntbemalten Blechkisten, die von einem Motorrad gezogen werden. »Three dollars!«, rufen die Fahrer, »Hello, Madam, three dollars!«. Es ist egal, ob man drei Straßenzüge weit fährt oder zwanzig, der Preis ist immer derselbe. Wie in so vielen Touristenstädten der unterentwickelten Welt mögen die Fahrer die Landeswährung (den Riel) nicht sonderlich und bevorzugen harte Dollars. In meinem Rucksack habe ich ein Diktiergerät, Notizbücher, eine Kamera und eine kleine digitale Videokamera dabei.
Der strahlend blaue Himmel, die Temperatur von 34 Grad, die feuchte Luft, die Palmen, die sich in der leichten Brise wiegen, die mystischen buddhistischen Klöster und der beeindruckende Königspalast lassen den Touristenbezirk von Phnom Penh wie ein Paradies auf Erden erscheinen. Je weiter wir uns von den Hotels am Fluss entfernen, desto bunter und lebendiger wird die Stadt. In den Wellen von Tausenden Motorrollern, die mit hoher Geschwindigkeit durch die Straßen düsen, muss ich einige Male aus Angst vor einem Zusammenstoß die Augen schließen. Die Motorräder brummen durch die Straßen wie ein Hummelschwarm. Auf einem ist eine ganze Familie mit Vater, Mutter und zwei Töchtern unterwegs; die Kleinste, die vielleicht zwei oder drei Jahre alt ist, sitzt vorn auf der Lenkstange und hält das Gleichgewicht wie eine professionelle Seiltänzerin. Die einzige Verkehrsregel lautet, dass es keine Regeln gibt, sondern nur Massenbewegungen. Horden von Motorrädern und Tuk-Tuks bewegen sich im Gleichklang mit einem Geknatter, an das ich mich auch nach einer Woche nicht gewöhnt habe. Alle machen den Autos Platz, die Motorroller den Tuk-Tuks, und die Fußgänger den Motorrollern: Die mobile Hackordnung ist eindeutig. Auch die Fußgänger marschieren in großen Blöcken. Die buddhistischen Mönche und die Novizen, die mit ihren Holzschalen um Essen und Medikamente betteln,
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