Sklavin des Höhlenmenschen

konnte.
    Dunkle Erinnerungen stiegen in ihr hoch. Hier war sie schon einmal gegangen. Das war, bevor der Alte aus Ramas Sippe sie gefunden und mitgenommen hatte. Die Frau war bei ihr gewesen. Siri erinnerte sich plötzlich an langes, dunkelrotes Haar, das sie mit Lederbändern hochgebunden gehabt hatte. Sie war nicht jung gewesen, aber zäh. Meist hatte sie geschwiegen, aber gelegentlich hatte sie doch mit Siri gesprochen. In der Sprache, die jener Gandars ähnlich war.
    Es wurde kälter hier oben. Gandar hatte ihr schon längst die Felle gegeben, die er aus Ramas Höhle mitgenommen hatte. Und nun waren sie beide in die wärmenden Häute gehüllt. Er hatte ihr gezeigt, wie man die Lederbänder so geschickt darum schlang, dass sich die Felle gut am Körper anschmiegten. In die Lederlappen an den Füßen hatten sie kleinere Felle gelegt, die sie warm hielten, wenn der kalte Wind den Regen, der zu kleinen weißen Körnchen wurde, über sie blies, und sie sogar über zwei Tage lang knöcheltief darin wateten.
    Gandar griff nun weniger oft nach ihr, passte jedoch immer auf sie auf. Er sah ihr zu, wie sie die Felsen hochkletterte, nickte anerkennend, wenn sie schneller als er war, geschickt Fuß fasste und Spalten für ihre Finger fand, wo sie sich, wenn es zu steil wurde, festhalten konnte. Manchmal kletterte er voran, zog sie hoch, dann wieder schob er von unten.
    Die Tiere hier oben waren ungefährlich, zumindest sah Gandar nicht misstrauisch nach allen Seiten wie im dichten Wald oder auf den Ebenen, schlich nicht mit erhobenen Speer voran. Aber zweimal hatte er Siri beschützt, indem er ein wildes Tier abgewehrt, und eines sogar getötet hatte. Es war ein sehr gefährliches Tier mit großen Reißzähnen gewesen, das Ramas Sippe immer nur im Rudel gejagt hatte. Gandar jedoch hatte auf das Tier eingestochen, angegriffen, war seinen Prankenhieben geschickt ausgewichen, und hatte dann seinen Speer tief in die Seite des Tieres gestoßen. Es hatte gezuckt, aber Gandar war mit einem Stein, den Siri kaum hätte heben können, noch auf das Raubtier zugesprungen und hatte ihn mehrmals auf den mächtigen Schädel donnern lassen. Er selbst hatte nur eine kleine Risswunde abbekommen, die bereits wieder verheilte.
    Es war das stark riechende Fell dieses Tieres, das er jetzt um seinen Körper geschlungen hatte. Sie hatten es nicht genügend reinigen und abschaben können, und einige Hautfetzen hingen noch daran, aber es wärmte ihn, und Siri erfüllte es mit Stolz, ihn darin zu sehen. Es war ihr eine große Freude und Genugtuung, einem so starken Mann anzugehören, ihm zu dienen und von ihm begehrt zu werden. Diejenige zu sein, die seinen Schwanz liebkoste und aussaugte, und in deren Öffnungen er stieß.

Kapitel 4
    Sie waren viele Tage emporgeklettert, bevor der Weg sie wieder abwärts führte. Sie wanderten lange Zeit hinab, kamen danach über weite Wiesen, durch dichten Wald, verbargen sich vor Raubtieren, jagten andere. Anfangs hatte Gandar befohlen, dass Siri auf einen sicheren Baum kletterte, wenn er sich aufmachte, um gefährliche Tiere zu erlegen, aber dann bestand Siri darauf, mit ihm zu gehen. Sie war flink, verstand es, ihm schnellfüßiges Wild zuzutreiben, mit dem sie um die Wette lief, und warf mit Steinen nach Raubtieren, die ihnen ihre Beute streitig machen wollten. Schließlich erhielt sie von Gandar einen festen Stab, an den er mit einigen Leder- und Bastriemen geschickt einen spitzen Stein befestigte. Siri trug ihn stolz in der Hand, wenn sie Gandar nachfolgte.
    Stießen sie auf Tiere im Rudel, wichen sie ihnen aus, aber einzelne fürchteten sie nicht. Zumindest Siri fürchtete sie nicht, wenn Gandar bei ihr war. Er war ein mächtiger, sehr geschickter Jäger.
    Und dann kam der Tag, an dem sie Gandars Ziel erreichten. Siri hatte nicht gewusst, wohin sie wanderten, war einfach mit ihm mitgelaufen, mit jedem Schritt, den sie machte, glücklicher, bei ihm zu sein. Aber nun waren sie dort, wohin er sie hatte bringen wollen. Siri sah, wie das Land sich veränderte, Hinweise auf andere Menschen gab. Es roch anders, die wilden Tiere waren nicht mehr so zahlreich, da sie menschliche Siedlungen und Höhlen meist mieden und nur nahe kamen, wenn der Hunger sie dazu trieb. Siri sah nur kreisende und singende Vögel und Insekten.
    Plötzlich kamen ihnen einige Männer entgegen. Sie waren ähnlich gekleidet wie Gandar, und schienen ihn zu kennen, denn sie riefen, als sie ihn sahen, lachten, umarmten ihn, klopften ihm auf